Düsseldorf. Die Fernwärme-Preise unterscheiden sich stark. Die Verbraucherzentrale NRW liefert einen Preisvergleich auch zu den Ruhrgebietsstädten.

Die Verbraucherzentrale NRW sieht große Preisunterschiede bei den Anbietern von Fernwärme an Rhein und Ruhr. Die Fernwärmepreise reichen demnach von elf Cent pro Kilowattstunde beim günstigsten Anbieter bis hin zu 28 Cent pro Kilowattstunde (Ct/kWh) beim teuersten Versorger. Dabei legen die Verbraucherschützer einen sogenannten Bruttomischpreis zugrunde, bei dem die unterschiedlichen Kostenbestandteile berücksichtigt sein sollen.

Die Verbraucherzentrale hatte eigenen Angaben zufolge Anfang Mai 30 Fernwärmenetze untersucht, darunter 20 große Netze in den einwohnerstärksten Städten Nordrhein-Westfalens sowie zehn kleinere Fernwärmenetze. Es sei unklar, warum es so große Preisunterschiede gebe, erklärt Christina Wallraf, die Energieexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Sie mahnt bei den Anbietern, darunter viele Stadtwerke, mehr Transparenz an.

Verbraucherschützer spricht von „gefangenen Kunden“

Verbraucherzentrale-Vorstand Wolfgang Schuldzinski verweist darauf, dass die Kundinnen und Kunden – anders als bei Strom und Gas – bei der Fernwärme nicht einfach den Anbieter wechseln können, da für die Versorgung vor Ort nur der lokale Versorger in Frage komme. Es handle sich um „gefangene Kunden“, sagt Schuldzinski bei der Jahrespressekonferenz der Verbraucherzentrale in Düsseldorf. „Damit sich zukünftig mehr private Haushalte für Fernwärme entscheiden, braucht es vor allem faire Preise. Deshalb fordern wir eine unabhängige, systematische Preisaufsicht.“ Bei überzogenen Fernwärmepreisen müsse es eine Begrenzung geben.

Energieexpertin Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW kritisiert die mangelnde Transparenz bei den Fernwärme-Preisen.
Energieexpertin Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW kritisiert die mangelnde Transparenz bei den Fernwärme-Preisen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Transparente Informationen zu Preisen und Preisregelungen zählen nach Darstellung der Verbraucherzentrale NRW schon jetzt zu den gesetzlichen Veröffentlichungspflichten. Sie müssten leicht zugänglich und in verständlicher Form im Internet veröffentlicht werden. Doch nicht alle Fernwärmeanbieter hielten sich daran, kritisiert Schuldzinski: „Wir mahnen diese Unternehmen deshalb ab.“

Abmahnung für die Stadtwerke Witten

Zu drei kommunalen Versorgern in NRW, die eine Abmahnung von der Verbraucherzentrale NRW erhalten haben, gehören auch die Stadtwerke Witten. Auf Anfrage unserer Redaktion zeigt sich Markus Borgiel, der Vertriebschef der Stadtwerke Witten, überrascht über die Abmahnung, räumt aber ein, dass sie juristisch nachvollziehbar sei. Die Stadtwerke seien allerdings schon seit einiger Zeit damit beschäftigt, mehr Transparenz bei den Fernwärmepreisen herstellen zu wollen. Die Kundinnen und Kunden würden in Kürze darüber informiert. „Wir wollen unsere Hausaufgaben gut und richtig machen“, sagt Borgiel.

Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale NRW hat die nun erstellte Marktanalyse gezeigt, dass bei einem Drittel der untersuchten Fernwärmeanbieter die Preisveränderungen nicht vollständig nachvollziehbar seien. Die übrigen Energieversorger erfüllten zwar ein Mindestmaß an Informationen, die dazugehörige Recherche sei aber meist sehr umständlich und damit verbraucherunfreundlich. Nur jeder fünfte untersuchte Fernwärmeanbieter mache es Verbraucherinnen und Verbrauchern „relativ leicht, Preisänderungen nachzuvollziehen“, sagt Schuldzinski. „Wir fordern daher, dass die Energieunternehmen verpflichtet werden, die Veränderungen von Preisindizes auf ihrer Internetseite in Tabellen darzustellen und dabei per Direktlink auf verwendete Quellen zu verweisen.“

Iqony, Uniper und Co: Große Preisunterschiede bei Fernwärme im Ruhrgebiet

Auch innerhalb des Ruhrgebiets gibt es laut Verbraucherzentrale NRW erhebliche Preisunterschiede bei den Fernwärmeanbietern. Duisburg beispielsweise liege mit Preisen bei etwa 22 Cent pro Kilowattstunde (Ct/kWh) deutlich über dem Durchschnittswert 17,3 Ct/kWh.

Zum Vergleich: Für Bochum gibt die Verbraucherzentrale NRW Preise zwischen 16,2 und 14,6 Cent pro Kilowattstunde an, für Essen mit dem Anbieter Iqony 15,3 bis 16,6 Ct/kWh.

Über dem Durchschnittspreis rangieren laut Verbraucherzentrale die Stadtwerke aus den Ruhrgebietskommunen Oberhausen (18,3 bis 19,4 Cent), Mülheim (19,7 bis 21,0 Cent), Witten (20,2 bis 20,9 Cent), Dortmund (21,2 Cent) und Hagen (23,2 bis 24,2 Cent). In Gelsenkirchen sind es den Angaben zufolge 17,5 bis 19,6 Cent pro Kilowattstunde. Für Herne konnte die Verbraucherzentrale NRW eigenen Angaben zufolge keinen Wert ermitteln, weil die Transparenz fehle.

Eine Preisübersicht hat die Verbraucherzentrale in ihrer Analyse erstellt. Sie ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.verbraucherzentrale.nrw/sites/default/files/2024-06/20240605_fernwaerme_in_nrw.pdf

Markus Borgiel von den Stadtwerken Witten gibt zu bedenken, dass die Preise abhängig seien von den Energieträgern, die zum Einsatz kommen. In Witten sei es mit Biomethan eine klimafreundliche Energie, die auch entsprechende Preise habe.

Verbraucherzentrale NRW fordert verbindliche Regeln für Fernwärmeanbieter

In ihrer Marktanalyse blickt die Verbraucherzentrale NRW auch auf das Thema Energieverluste im Fernwärmenetz. Bisher seien nur bei der Hälfte der Anbieter vergleichende Aussagen zu den Netzverlusten verfügbar, die es Kundinnen und Kunden ermöglichen würden, sich einen Eindruck von der Qualität der Fernwärme-Infrastruktur zu machen, kritisieren die Verbraucherschützer. Ebenfalls die Hälfte der untersuchten Versorger mache keine genauen Angaben darüber, welche Energieträger zur Erzeugung der Wärme eingesetzt werden. „Auch hier benötigen wir dringend verbindliche Regeln für Anbieter. Sie sollten vergleichbare Informationen über Netzverluste und Angaben zum Wärme-Mix öffentlich zugänglich machen müssen“, sagt Wolfgang Schuldzinski.

Eine kürzlich von Verbänden der Energieerzeuger veröffentlichte bundesweite Preistransparenzplattform sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Sie setze allerdings auf Freiwilligkeit der Unternehmen und bilde beispielsweise Prozentangaben der eingesetzten Energieträger erst gar nicht ab. „Wir fordern daher die Einführung eines unabhängigen, verpflichtenden Wärmenetzregisters, in der alle Fernwärmeanbieter aussagekräftige Daten öffentlich hinterlegen müssen“, sagt Schuldzinski. Von den in der Marktanalyse der Verbraucherzentrale NRW untersuchten Fernwärmeversorgern fehlten auf der neuen Preistransparenzplattform bislang noch 15 Anbieter.

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