Dortmund. Friedrich Göbel, Gründer der Modekette Aachener, wird weiter per Haftbefehl gesucht. Insolvenzverfahren für Dortmunder Firma eröffnet.

Drei Monate nach Beginn des vorläufigen Insolvenzverfahrens ist bei der Dortmunder Modekette Aachener wieder Ruhe eingekehrt. Man wolle mit zehn Filialen weitermachen, heißt es aus dem Unternehmen. Über den Verbleib des per Haftbefehl gesuchten früheren Gesellschafters Friedrich Göbel herrscht indes weiter Rätselraten.

Während Mode- und Schuhketten wie Gerry Weber, P&C, Hallhuber, Reno, Görtz und andere zuletzt Insolvenz beantragen mussten und zum Teil ganz vom Markt verschwanden, setzt ein Neuling in der Branche auf Expansion: Aachener hat im Dezember 2023 gerade erst vier neue Filialen eröffnet – in Leverkusen, Cottbus, Coburg und Nürnberg. Dabei steckt das Unternehmen, das zur Dortmunder TEH Textilhandel GmbH gehört, selbst in einer schweren Krise. Am 23. November 2023 hatte die Firma Insolvenz beantragt. Am Freitag, 1. März, hat das Amtsgericht Dortmund das Insolvenzverfahren eröffnet. Das bestätigte ein Sprecher auf Anfrage.

Aachener: Neue Filialen in Leverkusen, Cottbus, Coburg und Nürnberg

Der Insolvenzverwalter Christoph Schulte-Kaubrügger sah offenbar so viel Substanz, dass er grünes Licht für die vier neuen Aachener-Modehäuser gab. Allerdings in abgespeckter Version: In Leverkusen, Cottbus, Coburg und Nürnberg mieteten die Dortmunder vorerst jeweils nur eine Etage. Die Pläne, an den ehemaligen Standorten des ebenfalls insolventen Essener Handelskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof ein neuartiges Warenhauskonzept umzusetzen, liegen erst einmal auf Eis. Aachener setzt nach eigenen Angaben auf „Damen- und Herrenmode sowie Wäsche im gehobenen und höheren Preissegment“, wie es auf der Homepage heißt.

Aus zwei Städten hat sich das Unternehmen jüngst jedoch wieder verabschiedet. Auf der Zeil in Frankfurt am Main und auf dem Westenhellweg in Dortmund stellte Aachener den „Sonderverkauf“ von Sport- und Outdoor-Ware wieder ein. Nach Angaben einer Firmensprecherin sei das Outlet-Konzept in den beiden ehemaligen Galeria-Filialen von vornherein nur auf einige Monate ausgelegt gewesen. Die Mietverträge seien nun ausgelaufen.

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In allen anderen Filialen geht der Betrieb weiter. „Die Fortführung des operativen Geschäfts ist bis auf Weiteres gesichert“, hatte Insolvenzverwalter Christoph Schulte-Kaubrügger von der Kanzlei White & Case Ende November erklärt. Damals hatte das Unternehmen 355 Beschäftigte.

Dem Gang zum Dortmunder Insolvenzgericht waren turbulente Wochen vorausgegangen. Im Oktober 2023 war bekannt geworden, dass Friedrich Göbel, Gründer, Mitgesellschafter und Geschäftsführer von Aachener per Haftbefehl gesucht wurde. Und das gleich mehrfach. Anstatt sich den Behörden zu stellen, tauchte der 60-Jährige unter und meldete sich aus dem Untergrund bei seinen Beschäftigten mit dem Eingeständnis „Ich trage diese Schuld“. Göbel stieg bei Aachener aus und übertrug dem Sanierungsexperten Oliver Nobel die Geschäftsführung. Nach Sichtung der Bücher meldete dieser kurze Zeit später Insolvenz an.

Friedrich Göbel gab sich als „Karstadt-Retter“

Wenige Monate zuvor hatte Friedrich Göbel, der zuvor die Modekette Sinn wiederbelebt hatte, noch bundesweit Schlagzeilen gemacht: Als „Karstadt-Retter“ wollte der umtriebige Geschäftsmann bis zu 25 Standorte übernehmen, von denen sich der Galeria-Konzern in dessen zweitem Insolvenzverfahren trennen wollte. Coburg, Cottbus, Leverkusen, Frankfurt-Zeil, Frankencenter Nürnberg und Saarbrücken hatte Aachener inzwischen übernommen. Göbel entwickelte ein völlig neues Warenhauskonzept: „Für Sortimente wie Haushaltswaren, Parfümerie, Schreib- und Bettwaren, Uhren, Schmuck und Kosmetik werden wir Partnerunternehmen auf die Fläche holen, die sich mit diesen Warengruppen auskennen“, kündigte Göbel im August 2023 im Interview mit unserer Redaktion an.

Daraus geworden ist bislang freilich nichts. Unklar ist auch, was aus Friedrich Göbel nach dessen Rückzug bei Aachener geworden ist. Nach Angaben des Hagener Oberstaatsanwalts Gerhard Pauli sei Göbel weiterhin „zur Festnahme ausgeschrieben“. Der Geschäftsmann war nicht zu einem Prozess gegen ihn wegen des Verdachts der Abgabe einer falschen Vermögenserklärung gekommen. Und bekannt wurde auch, dass er ohnehin im Herbst 2023 eine sechsmonatige Haftstrafe wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung in einem anderen Fall hätte antreten müssen. Zudem drohte ihm wohl auch eine weitere sechsmonatige Haftstrafe wegen Fahrens ohne gültige Fahrerlaubnis.

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