Hagen/Dortmund. Der mit Haftbefehl gesuchte frühere Chef der Modekette Sinn aus Hagen hat sich per Mail gemeldet. Was die Mitarbeiter seiner neuen Firma sagen
Auch wenn die Nachricht über den Haftbefehl gegen ihn seit Ende vergangener Woche weit über NRW für Schlagzeilen gesorgt hat: Friedrich Wilhelm Göbel, Ex-Chef der Hagener Modekette Sinn und aktuelle Geschäftsführer von „aachener“, hat sich auch unter dem Druck der öffentlichen Berichterstattung nicht den Behörden gestellt. Das erklärte am Montag ein Sprecher des Amtsgerichts Hagen.
Dort war am vergangenen Donnerstag der Haftbefehl gegen den Unternehmer, der mehrere Karstadt-Standorte übernehmen wollte, ausgestellt worden. Göbel war nicht zu einem Prozess gegen ihn wegen des Verdachts der Abgabe einer falschen Vermögenserklärung gekommen. Und bekannt wurde auch, dass er ohnehin im Herbst eine sechsmonatige Haftstrafe wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung in einem anderen Fall antreten muss. Zudem droht ihm wohl auch eine weitere sechsmonatige Haftstrafe wegen Fahrens ohne gültige Fahrerlaubnis.
„Trage die Schuld auf meinen Schultern“
Wo Göbel, der weder selbst noch durch seine Anwälte für eine persönliche Stellungnahme zu erreichen ist, sich derzeit befindet, ist ungeklärt. Allerdings hat er sich am Montagmorgen per Mail an die Führungskräfte seines in Dortmund beheimateten Unternehmens „aachener“ gewandt. Aus der zitiert die Branchenzeitung „Textilwirtschaft“ . Demnach schreibt Göbel, er habe „gehofft, meine privaten Dinge so lange stabilisieren zu können, bis die neuen Standorte eröffnet sind und unser Unternehmen sich stabil weiterentwickeln kann“. Und weiter: „Die Planung ist sichtbar für alle nicht aufgegangen. Somit trage ich diese Schuld auf meinen Schultern.“
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Göbel zeigt also Reue. Und obwohl die Zukunft seines Unternehmens, dessen einziger Geschäftsführer er ist, unklar scheint, versucht er aus dem Off heraus, Ruhe zu stiften. „Das erweiterte Management-Team, (…) unser Finanzierungspartner und ich haben in den letzten drei Tagen die Maßnahmen diskutiert, die umgesetzt werden müssen, damit die Aachener Gruppe ihre Entwicklung weiter vorantreiben kann“ schreibt Göbel. Bis Mitte dieser Woche werde „Klarheit bestehen, wie es weitergeht“. Das Ziel sei „die Fortführung des aktuellen Geschäftsbetriebes und die Eröffnung aller neuen Standorte“, schreibt der alleinige aachener-Geschäftsführer. Das Geschäftsmodell habe Erfolg. „Ich werde in den nächsten Tagen und auch darüber hinaus alles tun, um den weiteren Erfolg der Aachener Gruppe zu unterstützen“, kündigt Göbel an.
Die Mitarbeiter sind zuversichtlich, dass es weitergeht
In der Zentral des Textilunternehmens aachener in Dortmund-Aplerbeck herrscht indes offensichtlich Unruhe, aber dennoch weiter Betriebsamkeit. „Wir arbeiten hier ganz normal weiter, die Gehälter werden gezahlt, die Geschäfte sind geöffnet, alle Abläufe funktionieren. Und wir hoffen, dass es zu einem guten Ende kommt“, so eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion. Die Belegschaft sei bereits am vergangenen Freitag über die neusten Entwicklungen bezüglich des Geschäftsführers informiert worden. „Das war auch gut so“, so die Sprecherin. „Denn natürlich gab es Fragen. Aber im Moment ist die Stimmung in der Belegschaft wirklich gut. Wir arbeiten daran, dass es so weiter geht.“
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Die Modekette aachener betreibt unter diesem Namen insgesamt acht Filialen im Bundesgebiet – weitere sollen – so die Ankündigung – folgen. Dazu kommen noch zwei Sport- und Outdoorläden in Dortmund und in Frankfurt am Main. In Dortmund hatte Göbels‘ Unternehmen die Fläche im früheren Kaufhof-Gebäude übernommen, die zuvor sein früherer Arbeitgeber Sinn mit einem Outlet bespielt hatte. Bei Sinn war Göbel als Geschäftsführer 2021 entlassen worden, nachdem er sich mit seiner Ehefrau, die die Mehrheit an dem Unternehmen hält, zerstritten hatte. Inzwischen ist das Paar geschieden.
Eine der schillerndsten Persönlichkeiten der NRW-Wirtschaft
Friedrich Göbel ist sicherlich eine der schillerndsten Persönlichkeiten der NRW-Wirtschaft. Der gelernte Banker war für die Dortmunder Süßwarenfabrik van Netten tätig, gehörte zu den Mitbegründern von Immobilienscout.de und war Vorstand beim Wertpapierhändler Viscardi. Bekannt wurde der gebürtige Remscheider aber erst, als er im Jahr 2014 Geschäftsführer der Modekette Sinn wurde und der traditionsreichen Modekette mit ihrer wechselvollen Geschichte unter den Dächern der Konzerne Karstadt und Wöhrl ihre Bedeutung zurückgab.
Nach seinem Rauswurf bei Sinn in Hagen kam Göbel schnell wieder auf die Beine: In Dortmund gründete er die TEH-Textilhandel und eröffnete in zunächst sieben leerstehenden Kaufhäusern seine neue Modekette „aachener“. Doch der heute 60-Jährige wollte mehr. Mit seiner Ankündigung, bis zu 25 Galeria-Standorte zu übernehmen, machte er bundesweit Schlagzeilen. Aber Göbel hielt Wort – zumindest teilweise. Im Dortmunder Kaufhof eröffnete aachener im Sommer das Sport-Outlet. Hinzu kamen die ehemaligen Galeria-Standorte Coburg, Cottbus, Leverkusen, Frankfurt-Zeil, Frankencenter Nürnberg und Saarbrücken, wo Warenhäuser mit Shop-in-Shop-Lösungen geplant sind.
Info: Gehalt viel zu niedrig angegeben
- Im aktuellen Verfahren, in dem Göbel fehlte, soll es laut Amtsgericht Hagen darum gehen, dass der Unternehmer in einer Vermögensoffenlegung falsche Angaben gemacht haben soll.
- Er soll sein monatliches Einkommen als Chef der Hagener Textilhauskette Sinn um 1000 Euro zu niedrig angegeben haben.
- Außerdem soll er den Verkauf einer Immobilie in Kitzbühel in Tirol im August 2018 an seine damalige Frau verschwiegen haben. Wert laut Gericht: rund 4,7 Millionen Euro.