Düsseldorf. Im Sauerland-Prozess erzählt der Angeklagte Fritz G., wie er in einem islamistischen Camp von "Kämpfern für den Heiligen Krieg" ausgebildet wurde. Im Auftrag der Terrorgruppe Islamische Dschihad-Union sollte er amerikanische Einrichtungen in Deutschland attackieren.

Längst ist sie entspannt, die Atmosphäre im Sauerland-Prozess - spätestens seit sich die vier Angeklagten entschieden haben, Geständnisse abzulegen. Höflich stehen sie auf, wenn die Richter den Saal betreten, bereitwillig beantworten sie die Fragen der Bundesanwälte. Und am Dienstag sieht man Fritz G. sogar lächeln. So wie das einer tut, der lange nicht gesehene Fotos anguckt. Auf die Leinwand im Saal sind jene Schaltpläne für Zünder gebeamt, die er sich kurz vor seiner Festnahme im Herbst 2007 in einem Dortmunder Internet-Cafe herunterlud.

Doch die Zeitreise im hochgesicherten Düsseldorfer Oberlandesgericht geht an diesem Tag nicht in jene Phase, in der Spezialeinsatzkräfte die Gruppe im sauerländischen Oberschledorn auffliegen ließen, sie geht in das Frühjahr 2006. G. und sein Partner Adem Y. befinden sich da in einem der islamistischen Ausbildungscamps im pakistanischen Waziristan. In jenem Land also, von dem deutsche Sicherheitsbehörden gerade zur Zeit wieder verstärkt annehmen, in seinen Lagern würden aus Deutschland eingereiste Islamisten für Terroranschläge ausgebildet.

Ausbildungslager allerdings scheint ein hochtrabender Begriff zu sein für das, was der 30-jährige Konvertit Fritz G. beschreibt. Es ist eine primitive Lehmhütte irgendwo auf dem Land, in der G. und Adem Y. nach tagelanger Reise auf der Ladefläche von Pickups, in Überlandbussen landen. Empfangen werden sie von 15 Mudschahedin, Kämpfern also für den Heiligen Krieg. Noch wissen G. und Y. nicht, welcher Gruppe sie angehören, was man mit ihnen vorhat.

Ausbildung mit der Kalaschnikow

`Wir wurden sofort integriert", sagt G., `und als der Dolmetscher des Anführers hörte, dass wir aus Deutschland kommen, dass ich sogar original deutsch bin, wurde er hellhörig". Bereits am nächsten Tag soll mit ihrer Ausbildung begonnen werden, an der Kalaschnikow, die sie am ersten Abend schon einmal zum Beschnuppern in die Hände gelegt bekommen haben. Aber Adem Y. wird krank. Er fiebert, muss sich übergeben. Tage darauf geht es G. nicht anders.

Es scheint tatsächlich eine harte Zeit für die in Westeuropa aufgewachsenen jungen Männer zu sein. Morgens um fünf beginnt ihre Ausbildung, dazwischen beten und essen sie, bis sie am späten Abend ihren Wachdienst übernehmen.

Schlichte Lehmhütten und deren Innenhöfe bleiben in diesen Wochen ihr Ausbildungsplatz. Sie lernen Schießen, sich konspirativ zu verhalten, erfahren wie man auskundschaftet, sich bei Folter verhält und Sprengstoff zu basteln. Drei `Auszubildende" sind sie. Dass noch andere Europäer in der Nähe sein und hier ausgebildet werden könnten, `diesen Eindruck hatte ich nicht", sagt G. Was von ihnen erwartet wurde, das jedoch war ihm bald klar: Im Auftrag der Terrorgruppe Islamische Dschihad-Union mit Autobomben amerikanische Einrichtungen in Deutschland zu attackieren. Doch so weit kam es bekanntlich nicht.