Düsseldorf. Jetzt hat auch der Angeklagte Daniel S. im "Sauerland-Prozess" sein Schweigen gebrochen und mit einem Geständnis begonnen. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf erzählte der 23-Jährige von seiner Begeisterung für den "heiligen Krieg".

Im Prozess gegen die vier mutmaßlichen Islamisten der «Sauerland-Gruppe» hat auch der Mitangeklagte Daniel S. sein Schweigen gebrochen und mit seinem Geständnis begonnen. S. sagte am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, er sei «froh» über seine Verhaftung gewesen. Er habe jetzt «ein wesentlich leichteres Leben» als früher, auch wenn es «mit Belastungen verbunden» sei.

Nach eigener Schilderung trat S., mit 23 Jahren der jüngste der Angeklagten, 2004 zum Islam über. Dieser Tag sei für ihn auch heute noch der schönste seines Lebens. Bei einem Studienaufenthalt in Ägypten habe er dann die arabische Sprache gelernt. Mit wachsender «Systemkritik» an der westlichen Welt habe er sich für den bewaffneten Kampf im «heiligen Krieg» entschieden. Zunächst habe er sich sogar selbst den Beinamen «Dschihad» gegeben.

Daniel S. wollte im Urwald leben

Schon vor seinem Übertritt zum Islam hatte S. nach eigenen Worten nicht viel vom westlichen Lebensstil gehalten und war deshalb 2003 nach Brasilien gereist, um im Urwald zu leben. Diesen Plan habe er aber spätestens dann verworfen, als die persönlichen Ersparnisse aufgebraucht waren.

Nach der Rückkehr nach Deutschland folgten verschiedene kleinere Jobs und der Grundwehrdienst bei der Bundeswehr. Dort habe er seine Begeisterung für Waffen entdeckt. Bei einem Besuch des Ausbildungslagers der Islamischen Dschihad Union (IJU) in Waziristan - einer Bergregion im nordwestlichen Pakistan an der Grenze zu Afghanistan - habe er zunächst auch an eine «Bundeswehr auf Islamisch» gedacht.

Zuvor hatte der Mitangeklagte Adem Y. den «heiligen Krieg» mit deutlichen Worten verteidigt. »Allah hat den Muslimen das Recht gegeben, sich gegen die zu verteidigen, die uns bekämpfen«, sagte er. Deshalb sei er der Meinung, dass der Dschihad Pflicht für jeden Muslim sei.

Y. sagte weiter, sein Verständnis des Dschihad richte sich nicht gegen »Ungläubige« im Allgemeinen, sondern gegen jene »Ungläubigen«, die den Islam bekämpften. Dazu gehörten auch die in Afghanistan stationierten Soldaten der Amerikaner, Briten, Deutschen und anderer Nationen. Die Amerikaner seien »der Kopf der Menschheit«. Wenn man diesen Kopf zerstöre, würden auch »die anderen« geschwächt. Für ihn sei allein die Scharia, das islamische Recht, maßgeblich.

Angeklagte sollen Bombenanschläge geplant haben

Vergangene Woche hatte der Rädelsführer der Gruppe, der deutsche Konvertit Fritz G., als erster ein ausführliches Geständnis abgelegt. Die Bundesanwaltschaft wirft den vier Angeklagten und mutmaßlichen Islamisten vor, als Mitglieder der Terrorgruppe IJU im Jahr 2007 Autobombenanschläge auf US-Einrichtungen in mehreren deutschen Großstädten geplant zu haben.

Die Männer hatten sich dazu zwölf Fässer mit Chemikalien beschafft und in einer Ferienwohnung im sauerländischen Medebach-Oberschledorn damit begonnen, daraus Sprengstoff herzustellen. Am 4. September 2007 wurden sie dort festgenommen. Seit April stehen sie in Düsseldorf vor Gericht, im Sommer hatten sie überraschend gegenüber Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) gestanden.

Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling hatte die mehr als 1200 Seiten umfassenden Einlassungen der Angeklagten als in ihrer Offenheit und ihrem Umfang «beeindruckend» bezeichnet. Darin sollen die vier Angeklagten nach Medienberichten auch mehr als zehn weitere deutsche Islamisten belasten.

Gegen einen fünften Mann der Zelle, den Türken Mevlüt K., wurde am Montag Haftbefehl erlassen. Er soll geholfen haben, 26 Sprengzünder für die geplante Anschlagsserie nach Deutschland zu schaffen. K. wird in der Türkei vermutet. (ddp)