Essen. Von den horrenden Karstadt-Mieten profitierten offenbar nur wenige Wohlhabende, darunter Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff. Arcandor-Aktionärin Madeleine Schickedanz bangt derweil um ihr Vermögen und darf auf Staatshilfe für den Konzern hoffen.
Von den horrenden Mieten, die Arcandor für die Karstadt-Häuser bezahlen muss, profitierten offenbar nur wenige Wohlhabende. Wie der Spiegel gestern berichtete, waren an dem Fonds der Bank Sal Oppenheim und des Projektentwicklers Josef Esch zu Beginn unter anderem die Kunstsammlerin Claudia Oetker, Bofrost-Gründer Josef Boquoi und Maxdata-Gründer Holger Lampatz beteiligt. Mit von der Partie seien auch Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff gewesen, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Untreueverdachts ermittelt, sowie dessen Gattin Cornelie.
Middelhoff hatte die Karstadt-Immobilien unter seiner Ägide als Arcandor-Chef verkauft und zurückmieten lassen. Laut Spiegel betrug die Garantiemiete in München etwa 23,2 Prozent vom Umsatz und in Leipzig 19,6 Prozent. Branchenexperten sehen zehn Prozent des Umsatzes bereits als grenzwertig an.
Schickedanz fürchtet um ihr Vermögen
Die Gewinne gingen nach Spiegel-Angaben zulasten des Arcandor-Konzerns, der Insolvenz anmelden musste. Via Bild am Sonntag hat sich der Ehemann von Quelle-Erbin und Arcandor-Hauptaktionärin Madeleine Schickedanz, Leo Herl, gestern gegen den Vorwurf gewehrt, seine Frau habe Arcandor zu wenig geholfen. „Meine Frau hat einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in die Firma gesteckt”, sagte Herl. Teilweise habe sie das Geld bei Banken finanziert und dafür als Sicherheit ihr Privatvermögen, Immobilien und Firmenbeteiligungen eingesetzt. Das gesamte Vermögen stecke in dem Aktienpaket, sagte Herl. Schickedanz besitze ihre Milliarden nur noch auf dem Papier: „Wenn man alles unter Not und Zeitdruck verkaufen muss, schmelzen Milliardenwerte schnell zu Millionen”.
„Meine Frau macht sich Sorgen, dass sie möglicherweise alles verlieren könnte, was ihre Eltern in harter Arbeit aufgebaut haben”, sagte Herl. „Sie sitzt nicht in der Schweizer Villa und trinkt teuren Champagner und isst teure Pralinen.” Statt dessen sei die 65-Jährige einen Tag vor dem Arcandor-Insolvenzantrag mit Herzproblemen ins Krankenhaus gekommen und Dienstag wieder entlassen worden. Sobald sie gesundheitlich in der Lage sei, wolle seine Frau auch zu den Mitarbeitern sprechen, sagte Herl.
Bund stellt Kredit in Aussicht
Im Interesse der Arcandor-Beschäftigten wünsche sie sich ein schnelles Insolvenzverfaren, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende. Gleichwohl stellt der Bund Staatshilfen in Aussicht. Laut Spiegel werde der Bund einen Massekredit wohlwollend prüfen und wenn möglich gewähren. Ein Massekredit ist für Firmen gedacht, die kurz vor der Insolvenz stehen oder bereits insolvent sind. Im Insolvenzfall wird dieser als erster beglichen, vor den Forderungen der anderen Gläubiger.
„Wir prüfen, ob wir einen Kreditantrag stellen”, sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski dieser Zeitung. Nun rechne man durch, wie hoch der Kredit sein müsse.
Je schneller der Antrag erfolge, desto besser, sagte Marco Cabras, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. „Es stellt sich schon die Frage, warum Arcandor erst jetzt den Antrag prüft”, so Cabras weiter. Eine Erklärung dafür habe er „ehrlich gesagt nicht”.
Adidas liefert nicht mehr an Karstadt
Unterdessen spitzt sich die Lage bei der Arcandor-Tochter Karstadt offenbar zu: Adidas-Chef Herbert Hainer sagte der Welt am Sonntag, Adidas habe in den vergangenen Wochen nicht mehr an Karstadt geliefert. Aus dem Umfeld des Arcandor-Insolvenzverwalters hieß es dazu, man sei in konstruktiven Gesprächen mit Adidas.
Kaufhof-Chef Lovro Mandac bekräftigte gestern erneut das Interesse an einer Karstadt-Übernahme, mahnte zur Eile und warnte vor der Karstadt-Zerschlagung. Von einem Kardtadt-Verkauf will Leo Herl noch nichts wissen: „Wir wollen nicht, dass der Konzern zerschlagen oder verramscht wird”, sagte der Schickedanz-Gatte und sprach sich gegen einen Verkauf Arcandor-Anteile aus. Die 29-prozentige Beteiligung ist laut BamS ohnehin nur noch 50 Millionen Euro wert.