Bochum/Berlin. Stellenstreichungen, mögliche Standortschließungen und Sanierungspläne: Der US-Konzern General Motors lässt die Opelaner in Bochum noch im Unklaren. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht schwarz und spricht von einem "Sterben auf Raten".
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Im Opel-Drama dominiert aus nordrhein-westfälischer Sicht die bange Frage: Was wird aus dem Standort Bochum? Auch ein eilig einberufener „Opel-Gipfel” in der hessischen Landesvertretung in Berlin wird darüber wohl noch keine Klarheit bringen. Beim Treffen der vier Ministerpräsidenten der Opel-Länder mit Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Donnerstagabend sollte es zunächst einmal um eine Bestandsaufnahme gehen.
Bisher ist in Berlin kaum mehr bekannt, als dass die US-Mutter General Motors (GM) ihre europäische Tochter Opel behalten will. Ein Sanierungskonzept liegt der deutschen Regierung noch nicht vor. „Es ist ein bisschen wie beim Spiel ,Mensch ärgere dich nicht': Zurück auf Anfang”, sagt ein Insider in Berlin.
Zu früh für Spekulationen
Für neue Verunsicherung sorgte am Donnerstag ein Bericht der FAZ. Das Blatt schrieb von einem Sanierungsplan der GM-Europaeinheit. Pläne, die aus dem Juni stammen, sehen die Schließung von drei Fabriken vor. Dazu zählen neben dem Standort im belgischen Antwerpen auch die Werke in Bochum und Eisenach. Die Fabrik in Antwerpen solle im April 2010 geschlossen werden, heißt es im „Viability Plan 2 Plus“, kurz: „VP2+“. In Bochum, wo rund 5000 Beschäftigte arbeiten, solle die Produktion 2011 auslaufen. Und das Werk in Eisenach mit 1400 Arbeitern werde 2010 dichtgemacht und erst 2013 für ein neues Modell des Corsa wieder eröffnet. Mittlerweile prüfe General Motors allerdings einen neuen Vorschlag für das Opel-Werk in Bochum, heißt es.
„Es ist noch viel zu früh, über einzelne Standorte zu spekulieren”, beteuerte ein Opel-Sprecher auf Anfrage. „Jetzt ist es an der Zeit, dass Verhandlungen beginnen und Details geklärt werden.” In jedem Fall drohen den bundesweit etwa 25 000 Opel-Beschäftigten tiefe Einschnitte. GM-Verhandlungsführer John Smith hatte den Abbau von 10 000 der 46 000 Jobs bei Opel in Europa angekündigt. Für den Erhalt des Werks in Bochum gebe es einen „sehr interessanten Vorschlag”, die Fabrik in Antwerpen werde wohl geschlossen, erklärte Smith noch reichlich nebulös.
Staatshilfe nur bei Standorterhalt
Die IG Metall macht Staatshilfen von klaren Zusagen der Opel-Mutter abhängig. „Staatliche Hilfen müssen an den Erhalt der Standorte, den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und eine klare Perspektive für die Werke gekoppelt werden”, sagte IG Metall-Vizechef Detlef Wetzel dieser Zeitung. „Eine Sanierung durch GM kann nicht gegen den Willen der Belegschaften und der IG Metall stattfinden.” Auch der Bochumer SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer, Chef der NRW-Landesgruppe, verlangt: „Es darf keine Bürgschaft oder Staatshilfe ohne Standortsicherung geben.”
Bei Unternehmen, die eng mit Opel verbunden sind, geht die Angst um. „Es hängen einige tausend Arbeitsplätze auch bei Zulieferern am Opel-Standort Bochum. Auch um diese Jobs geht es”, sagte Lothar Schneider vom Auto-Cluster NRW – einer Initiative der Landesregierung. Schneider warnte vor weiteren Insolvenzen bei Zulieferbetrieben.
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen zeigt sich skeptisch, was Opels Zukunft im GM-Konzern angeht: „So weiterzumachen wie bisher, bedeutet für Opel ein Sterben auf Raten.” Dudenhöffer beschreibt ein Dilemma: Ohne Staatshilfe werde GM „knallhart Werke schließen”. Doch auch die Steuergelder seien schlecht angelegt. Dudenhöffer verweist auf die NRW-Landtagswahl, die Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) erneut gewinnen will. „Staatshilfe rettet vielleicht Herrn Rüttgers die Wahl, aber langfristig nicht den Standort Bochum.”