Bochum. Die Opelaner stellen sich entschlossen gegen die Konzernmutter und Kritiker von außen. Aber auch Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat nicht mehr für sie als Solidarität.
Genau sechs Monate ist es her, da war Jürgen Rüttgers schon mal hier: Bochum, Opelwerk I, Tor 4, zwischen Früh- und Spätschicht, Presse und Anlieferung. Damals lieferte der CDU-Ministerpräsident Lob für die Opelaner und die gute Nachricht von der Rettung – diesmal hat er nichts für sie als „die Solidarität der Landesregierung”.
Und Worte, die man bereits vom Vortag kennt: das vom „hässlichen Gesicht des Turbokapitalismus” und den Dreiklang aus „unseriös, menschenverachtend, rücksichtslos”. Kennen wir schon, „können wir uns nichts für kaufen”, sagt ein Arbeiter, der an dieser Stelle die Halle verlässt, während die Kollegen klatschen. Der Ministerpräsident macht ja noch eine Ansage: Er wolle von GM jetzt die Pläne sehen. „Der Kampf geht weiter!”
„GM zum Teufel!”
Solidarität, hat Betriebsratschef Rainer Einenkel gesagt, „tut immer gut. Die werden wir noch brauchen.” Deshalb sind auch die anderen Parteien gekommen, die Linken in Mannschaftsstärke, die „GM zum Teufel” schicken wollen. Die Grünen und SPD-Chefin Hannelore Kraft, die einem Fernseh-Sender allerdings erst erklären muss, dass sie keinesfalls die Oberbürgermeisterin ist. Schön, dankt Einenkel, dass sie alle „nicht nur vor einer Wahl” kämen. Es bringt ihm leises Murren ein: „Wir sind doch vor einer Wahl!”
Vor allem aber sind sie nach einem neuerlichen „Alles bleibt anders” aus Detroit. Stehen hier nach Monaten des Bangens einmal mehr vor ihrer Verladestation und fühlen sich auch so: verladen. „Große Verarschung!”, ruft IG-Metaller Oliver Burkhard ins Mikrofon. „Die sind einfach nur noch durchgeknallt da!” Gewerkschafter dürfen so reden, über „Geschwafel” und „Wichtigtuer” klagt auch Einenkel, aber meint gar nicht den Mutterkonzern, sondern Leute, die „landauf, landab schon wieder das Totenglöckchen für uns läuten hören: Pech für euch! Wir leben immer noch!”
Allerdings klingt auch der erfahrene Betriebsrat an diesem Regentag fast ein wenig resigniert: „Wie man uns behandelt. . . Diese Art und Weise. . . So geht man mit uns nicht allzu oft um.” Aber genau so ist man eben schon oft umgegangen mit Opel: „Wir haben zuletzt eigentlich nur schwere Zeiten gehabt, aber das toppt alles.” Kleine Hiebe schickt Einenkel nach Amerika und nach Rüsselsheim, wo hörbar auch nicht nur Freunde sitzen, und er blickt zurück auf das letzte Jahr: ein dauerndes Versprochen – Gebrochen. „Da haben einige mit unserem Schicksal gezockt.”
Der schwache Beifall der Belegschaft verliert sich in der Halle, breitbeinig stehen die Männer, die Arme vor der Brust verschränkt: ein Bild gewordenes Wir-werden-nicht-weichen. Hinter ihnen am Tor sieht es Gisela Achenbach, die Betriebsratschefin bei Nokia war; hier kommt ihr „alles wieder hoch”. Sie hat ihren Kampf in kurzer Zeit verloren, „die werden schon ein Jahr verarscht”. Neben ihr steht ein Protestplakat: Die Pappe klebt auf einem Teppichklopfer.