New York. Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) streicht in diesem Jahr 2600 Stellen in Europa. Die meisten Jobs sollen durch das freiwillige Ausscheiden von Mitarbeitern wegfallen, beispielsweise nach der Zahlung von Abfindungen oder dem Eintritt in die Rente, teilte der Konzern am Mittwoch bei einer Analystenkonferenz mit. Rund 2300 Mitarbeiter hätten die Europa-Abteilung des Autobauers seit Jahresbeginn bereits verlassen.

Die Opel-Mutter General Motors baut in diesem Jahr in Europa insgesamt 2600 Stellen ab. Dies kündigte der US-Konzern am Mittwoch bei der Vorlage seiner Quartalszahlen an. Nach ergänzenden Angaben eines Opel-Sprechers sind 2012 bislang bereits 2.300 Arbeitsplätze mit Hilfe von Vorruhestandsregelungen und Abfindungen gestrichen worden, weitere 300 werden bis Jahresende folgen. In Europa beschäftigt GM insgesamt rund 40.000 Menschen.

General Motors tritt die Notbremse

Nach dem Rivalen Ford zieht auch die Opel-Mutter GM im verlustreichen Europageschäft die Notbremse. Der US-Konzern kündigte am Mittwoch für das laufende Jahr einen Betriebsverlust zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden Dollar im Europageschäft mit den Marken Opel und Vauxhall an. Wie andere Massenhersteller gerät auch GM wegen der Absatzkrise in den Schuldenstaaten zunehmend unter Druck. Die exakte Höhe des Verlusts hänge von den Restrukturierungskosten für Opel im vierten Quartal ab, sagte Konzernchef Dan Akerson. Im nächsten Jahr werde das Ergebnis in Europa etwas besser ausfallen. Die Gewinnschwelle werde allerdings erst Mitte des Jahrzehnts angepeilt. Das deutet Experten zufolge daraufhin, dass GM die seit Monaten erwartete Sanierung von Opel im Schlussquartal 2012 angehen will.

"Das klingt danach, dass GM noch vor dem Jahreswechsel die erwarteten Einschnitte bei Opel vornehmen will", sagte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Der Betriebsrat erwartet bis Mitte Dezember eine Einigung mit der Geschäftsleitung über ein Sparpaket. "Wir wollen die Leute mit einer klaren Botschaft in die Weihnachtsferien gehen lassen", sagte Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug zu Reuters.

16 Milliarden Euro in Europa verbrannt

Im dritten Quartal weitete GM den Verlust im Europageschäft auf fast eine halbe Milliarde Dollar aus nach knapp 300 Millionen vor Jahresfrist. In den vergangenen zwölf Jahren hat GM in Europa etwa 16 Milliarden Dollar verbrannt. Die Konzernmutter konnte dies zuletzt jedoch wegen besserer Geschäfte in anderen Regionen wettmachen. Der operative Gewinn kletterte im Herbstquartal auf 2,3 Milliarden Dollar. Vor einem Jahr hatten 2,2 Milliarden zu Buche gestanden. Der Konzernumsatz stieg auf 37,6 (Vorjahreszeitraum: 35,7) Milliarden Dollar. Weltweit lieferte GM im Zeitraum Juli bis September 2,3 Millionen Fahrzeuge aus, 100.000 mehr als vor Jahresfrist.

Damit ist Europa weiter der Schandfleck in einer ansonsten blütenreinen Quartalsbilanz des amerikanischen Konzerns, der mit Toyota und Volkswagen um die Weltmarktführung ringt. Die Eigner dringen schon seit längerem auf Sanierungserfolge im Europageschäft. Nach monatelangen Gesprächen hatten sich Geschäftsleitung und Gewerkschaft erst vergangene Woche auf einen Fahrplan für die Schlussphase der Verhandlungen geeinigt.

Bochumer Opel-Werk "entwickeln und nicht abwickeln"

Als besonders gefährdet gilt das Opel-Werk in Bochum, wenn dort Ende 2016 die Produktion des Familienwagens Zafira ausläuft. Dann sollen nach jetziger Lage die Bänder stillstehen. Die Gewerkschaft pocht auf den Erhalt auch dieses Werks und will in den Verhandlungen eine Beschäftigungsgarantie für alle vier Standorte in Deutschland über 2016 hinaus durchsetzen. Dass dabei zumindest Veränderungen in Bochum erwartet werden, deutet sich bereits an: Für das auf der Kippe stehende Werk im Ruhrgebiet sollen zusammen mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung Perspektiven entwickelt werden.

Opel hat bereits Spekulationen zurückgewiesen, dass dadurch Vorentscheidungen für die Zukunft des Standorts getroffen würden. Der Betriebsratsvorsitzende des Werks, Rainer Einenkel, erklärte, die für Bochum gegründete Arbeitsgruppe aus Vertretern des Unternehmens, der Arbeitnehmer, der Politik und weiteren Führungskräften aus der Region solle das Werk "entwickeln und nicht abwickeln".

Opel stemmt sich mit neuen Modellen gegen Abwärtstrend

Opel macht die Absatzmisere in Südeuropa besonders schwer zu schaffen, weil die Marke mit dem Blitz bedingt durch die globale GM-Strategie keinen Ausgleich durch Verkäufe in andere Regionen schaffen kann. Die GM-Tochter kann die Produktion nach Expertenschätzungen deshalb nur etwa zu zwei Dritteln auslasten, wodurch die Kosten das Unternehmen zu erdrücken drohen. Opel stemmt sich mit neuen Modellen wie dem kleinen Geländewagen Mokka, dem Stadtwagen Adam und dem Cabriolet Cascada gegen den Abwärtstrend. Zugleich soll die Fertigung gestrafft und durch einen gemeinsamen Einkauf mit Peugeot die Kosten gesenkt werden. Zudem soll das Image der Marke Opel aufpoliert und neue Modelle auf den Markt gebracht werden. "Wir planen eine Milliarden-Euro-Produktoffensive mit 23 neuen Modellen und 13 neuen Motoren bis 2016", erklärte GM-Europachef Steve Girsky.

Mithilfe des Umbaus solle 2013 das Ergebnis in Europa schon "leicht besser" ausfallen als 2012, teilte GM mit. "Zur Mitte der Dekade" solle die Zeit der roten Zahlen vorbei sein. GM habe in Europa "noch viel Arbeit" vor sich, erklärte Finanzvorstand Dan Ammann.

Die ersten Erfolge dieser Zusammenarbeit werden allerdings erst in einigen Jahren erwartet. Kurzfristig sollen Einsparungen bei der Belegschaft helfen. Darauf weist auch hin, dass Opel offenbar Vorbereitungen für einen größeren Personalabbau trifft. Aus einem vom Betriebsrat unlängst veröffentlichten Themenkatalog für die Verhandlungen mit dem Vorstand geht hervor, dass über Abfindungsprogramme und Vorruhestandsregelungen gesprochen wird.

Ford kündigte Radikalkur an

Der GM-Konkurrent Ford hatte vergangene Woche angekündigt, sein Werk im belgischen Genk sowie zwei Standorte in Großbritannien zu schließen. In Europa schrieb Ford im abgelaufenen Quartal einen Vorsteuerverlust von knapp einer halben Milliarde Dollar, wie der Konzern am Dienstag mitgeteilt hatte. Ein starkes US-Geschäft bescherte Ford aber ähnlich wie GM einen Quartalsgewinn vor Steuern von 2,2 Milliarden Dollar.