Los Angeles. Eine Krankenschwester hat weitere Details über Michael Jacksons letzte Tage vor seinem Tod ausgeplaudert. So soll der Popstar sie vier Tage zuvor um ein bestimmtes Beruhigungsmittel angefleht haben, das bei Überdosis tödlich sein kann. Jackson habe sich verzweifelt nach Schlaf gesehnt.
Michael Jackson litt nach Angaben einer Krankenschwester in seinen letzten Monaten so sehr unter Schlaflosigkeit, dass er sie trotz aller Warnungen um ein bestimmtes Beruhigungsmittel anflehte. Sie habe sein Verlangen wiederholt abgelehnt, berichtete Cherilyn Lee, die auch Ernährungsberaterin ist und für den Popstar tätig war, während er sich auf sein Comeback vorbereitete. Ein hektischer Anruf vier Tage vor seinem Tod lasse sie aber befürchten, dass er doch irgendwie an das Anästhetikum Diprivan oder ein anderes Schlafmittel herangekommen sei.
Einer seiner Mitarbeiter habe sie am 21. Juni, als sie in Florida war, aufgeregt angerufen und gesagt, Jackson wolle sie umgehend sehen. «Ich fragte 'Was ist los?'», erzählte Lee am Dienstag. «Im Hintergrund hörte ich Michael: 'Meine eine Körperseite ist heiß, sie ist heiß, und eine Körperseite ist kalt. Sie ist sehr kalt'», berichtete die Krankenschwester. «Ich sagte: 'Sag ihm, er muss ins Krankenhaus. Ich weiß nicht, was da los ist, aber er muss ins Krankenhaus - und zwar sofort'». Sie habe erkannt, «dass ihm jemand etwas gegeben hatte, das auf das zentrale Nervensystem wirkt», erklärte Lee. Er sei an diesem Tag in Schwierigkeiten gewesen und habe um Hilfe gerufen, schilderte sie ihren Eindruck.
«Ich weiß nicht, was da passiert ist»
Trauer um Michael Jackson
Jackson ging nicht ins Krankenhaus. Er starb am 25. Juni, nach Angaben seiner Familie nach einem Herzstillstand. Das Ergebnis von Autopsien zur Klärung der genauen Todesursache wird erst in einigen Wochen erwartet. «Ich weiß nicht, was da passiert ist. Ich kann nur sagen, dass er auf diesem Mittel bestanden hat.»
Das Hypnotikum Diprivan, in Deutschland unter anderem unter dem Namen Disoprivan im Handel, enthält den Wirkstoff Propofol und wird intravenös verabreicht. Es ist ein kurz wirkendes Anästhetikum, das bei kleineren Eingriffen und Untersuchungen sowie zur Einleitung und Aufrechterhaltung einer Narkose benutzt wird, für eine längere Sedierung aber auch als Dauerinfusion gegeben werden kann.
Verzweifelt nach Schlaf gesehnt
Nach Jacksons Tod kursierten Gerüchte, der 50-Jährige habe Schmerzmittel, Beruhigungsmittel und Antidepressiva genommen. Lee erklärte jedoch, er sei von Schlaflosigkeit gequält gewesen und habe Freizeitdrogen abgelehnt. «Er war nicht darauf aus, von Drogen high zu werden oder sich gut zu fühlen oder runterzukommen», sagte sie. «Dieser Mensch war nicht auf Drogen. Dieser Mensch suchte verzweifelt Hilfe, um ein bisschen Schlaf zu finden, sich mal auszuruhen.»
Jackson probte hart für die strapaziösen Auftritte der geplanten Comeback-Tournee. Der als «Hulk» bekanntgewordene Schauspieler und Bodybuilder Lou Ferrigno, der mit ihm trainierte, schilderte ihn als gesundheits- und ernährungsbewusst. «Er war nicht stoned. Er war nicht high. Er war nicht abwesend oder hibbelig. Hat nie von Drogen gesprochen. Er hat immer über gesunde Ernährung geredet.»
Bei Überdosis Atemstillstand
Lee berichtete, in den letzten Monaten habe er sie immer wieder wegen Diprivan genervt. Unter Propofol erwachen Patienten schneller wieder aus der Narkose als bei manch anderen Mitteln und fühlen sich klarer, wie der Psychopharmakologe James Zacny von der Universität Chicago erklärte. Der Wirkstoff werde aber auch zum Selbstmord oder zum «chillen» missbraucht, wobei von tödlichen Unfällen berichtet werde. Eine Überdosis könne zu Atemstillstand führen, gefolgt von unregelmäßigem Herzschlag und schließlich Herzstillstand, erläuterte John Dombrowski, Vorstandsmitglied der amerikanischen Anästhesistenvereinigung. Weil das Mittel intravenös gegeben wird und normalerweise nicht in der Apotheke zu haben ist, sind Zacny zufolge in Missbrauchsfälle in der Regel Anästhesisten, Schwestern und anderes Krankenhauspersonal verwickelt.
Jackson habe ihre Warnungen in den Wind geschlagen, sagte Lee. Er habe erzählt, er habe das Mittel schon früher bekommen, aber nicht sagen wollen woher. Er habe eine Infusion bekommen und sei augenblicklich eingeschlafen, gab sie seine Äußerung wieder: «Das ist es, was ich will.» Sie habe entgegnet, das Problem sei nur, dass er dann nicht mehr aufwachen werde. Er habe aber darauf beharrt, dass das Mittel ungefährlich sei: «Nein, mein Arzt hat gesagt, es ist sicher. Es wirkt schnell und es ist sicher, so lange jemand dabei ist, um auf mich aufzupassen und mich wieder zu wecken. Das geht schon in Ordnung.»