Witten. Mit dem Mondo schließ das laut einer Betroffenen letzte behindertengerechte Restaurant in der Wittener City. Sie schildert ihre Erfahrungen.
Das Restaurant „Mondo“ schließt in wenigen Wochen. Mit dem Lokal am Saalbau verliert Witten nicht nur kulinarische Genüsse, Menschen mit Behinderung büßen damit auch ein Stück Lebensqualität ein. Barrierefreiheit ist in der Gastronomie ein großes Thema. Doch mit einem einfachen Zugang allein ist es nicht getan. Was nützt eine Rollstuhlrampe vor der Tür, wenn man nicht aufs Klo kommt?
„Ende Juni werden wir unseren Restaurantbetrieb einstellen“, das gab Mondo-Pächter Farhad Tabrizi kürzlich bekannt. Mit dem Mondo schließe „das letzte behindertengerechte Restaurant“ in Witten, klagt Simone Burkhardt in den sozialen Medien. Eigentlich meint sie die Wittener Innenstadt, wie sie im anschließenden Gespräch klarstellt.
Die 56-Jährige wurde vor rund sieben Jahren „von jetzt auf gleich in den Rollstuhl katapultiert“. Ärzte diagnostizierten damals eine Polyneuropathie. Simone Burkhardt beschreibt die Krankheit so: „Es fängt mit wahnsinnigen Schmerzen an. Dann sterben die Nerven in den Beinen und in den Füßen ab und man kann einfach nicht mehr laufen. Das ist der Traum von jedem, ne?“
Mit dem Mondo schließt „das letzte behindertengerechte Restaurant in Witten“
Die Mittfünfzigerin hat es nicht leicht, will aber trotzdem am Leben teilnehmen und sich mit Freunden treffen. Doch mit dem Mondo verschwindetnach dem Ratskeller nun eine ihrer letzten gasgtronomischen Anlaufstationen in der Innenstadt. Gerade die Schließung des Ratskellers mit seinem Fahrstuhl war für sie vor fünf Jahren ein großer Verlust. „Man konnte runterfahren und war mitten im Leben“, erinnert sich Simone Burkhardt.
Im Mondo kehrt die Wetteranerin gerne nach Saalbaubesuchen ein - und das nicht nur wegen der Barrierefreiheit. „Es ist immer lecker“, sagt sie. In der Zukiunft wird sie das Pfännchen mit Schweinemedaillons, Bratkartoffeln und Gemüse vermissen, das sie dort gerne bestellt.
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Aber in Witten gibt es doch noch mehr barrierefreie Cafés und Restaurants? Natürlich sind eine Vielzahl von Lokalen ebenerdig zugänglich. Essen und trinken können Menschen mit einer Gehbehinderung dort ohne Probleme. Doch wenn sie ein anderes Bedürfnis haben, braucht es auch eine behindertengerechte Toilette. Die gibt es aber nicht überall. Und nicht selten liegt sie im für Gehbehinderte ohne Aufzugn unerreichbaren Keller beziehungsweise Untergeschoss.
Nicht jedes Lokal kann barrierefrei werden
Simone Burkhardt hat Verständnis, dass nicht jedes Lokal barrierefrei zugänglich ist, oder eine solche Toilette anbieten kann. Viele Wittener Kneipen seien eben „alte Gemäuer mit Treppen davor“. So wie die „Alte Post“ - ihre ehemalige Lieblingspinte. Ein behindertengerechtes Klo nachzurüsten ist hier nicht denkbar. „Wo sollen die das denn hinpacken?“
Eine Behindertentoilette müsse spezielle Anforderungen erfüllen, erklärt Ines Großer, Behindertenbeauftragte der Stadt Witten. Das fängt schon bei der Tür an. Die müsse breit genug sein und nach außen öffnen, so dass in der Kabine ausreichend Platz bleibe. Das WC-Becken muss die richtige Höhe haben, über Stützgriffe verfügen und Anlehnen ermöglichen. Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl von weiteren Vorgaben.
Betroffene organisieren sich selbst - Apps wirken fehlerhaft
Vor ihrer Erkrankung ist Simone Burkhardt „jeden Samstag unterwegs“ gewesen sie kennt das Wittener Nachtleben gut. Damals habe sie gar nicht darauf geachtet, ob ein Lokal barrierefrei ist oder nicht. Warum auch? Heute ist sie mit ihrer Rehasportgruppe in engem Austausch. Man gibt sich Tipps, welche Restaurants geeignet sind und welche nicht. So ist sie etwa auf das Gasthaus Knezevic auf dem Vereinsgelände des TC Bommern gekommen. Es wurde letztes Jahrn wieder eröffnet und kommt für sie als Gehbehinderte offensichtlich in Frage.
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Für die Suche nach einem passenden Lokal gibt es zwar auch Online-Angebote und Apps, die barrierefreie Toiletten anzeigen. Doch diese sind nicht immer zuverlässig. Schon beim ersten flüchtigen Test der Gratis-App „Wheelmap“ fallen einige Fehleinträge ins Auge. Das ist verständlich, weil die Daten von Freiwilligen stammen, doch umso ärgerlicher, wenn man sich darauf verlässt. Die App „HandycapX“ verspricht Ähnliches, ist allerdings kostenpflichtig und das Interface (Schnittstelle) weist Grafikfehler auf.
Bis das Mondo einen neuen Besitzer hat, sieht Simone Burkhardt für sich keinen kulinarischen Anlaufpunkt mehr in der Innenstadt. Noch steht die Nachfolge allerdings nicht fest. „Vielleicht bauen sie eine Behindertenwohnung rein. Dann würde ich die sofort nehmen.“ Die 56-Jährige hat ihren Humor trotz allem noch nicht verloren.
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