Witten. Keiner hätte vor knapp zwei Jahren geglaubt, dass die „Grüne Perle“ so strahlen wird. Trotzdem braucht der Wittener Regionalladen dringend Hilfe.
- Wittener Regionalladen im August 2022 gegründet
- Trotz guter Entwicklung macht die „Grüne Perle“ Miese
- Einkaufsabo und Soli-Beitrag sollen helfen
Niemand, der auf Nachhaltigkeit und Bioprodukte setzt, möchte ihn missen, den im August 2022 eröffneten Regionalladen „Grüne Perle“. Die Nachfrage nach Ware aus der Region ist groß und der Mittagstisch im „Bistro“ kommt mit täglich über 30 Essen ebenfalls gut an. 40.000 Euro Umsatz im Monat sind auch nicht schlecht. Dennoch hat die „Perle“ Probleme, ihre Kosten zu decken - und macht Miese.
Findet sich kein Ausweg, droht sogar die Schließung - was niemand will. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, die bei einem öffentlichen Info-Abend am 22. Mai (Mittwoch) um 18.30 Uhr im gegenüberliegenden Café Leye vorgestellt wird.
- Regionalladen „Grüne Perle“ in Witten mit Beifall eröffnet
- Anlieferprobleme: „Grüne Perle“ erhält Ausnahmegenehmigung
- Wittener Regionalladen bietet Mittagstisch
Brot, Gemüse, Obst und Milch vom Hof Sackern in Wetter, Salat, Mangold und Spinat vom „Hevener Feld“, Äpfel aus den „Gärten von Witten“, Getreide und Haferflocken von der Kornkammer Haus Holte in Witten - der Regionalladen ist kein Etikettenschwindel. Genossenschaftlich organsiert, haben ihn vor allem Ehrenamtliche aufgebaut. Es geht weniger um Gewinn als um Nachhaltigkeit und bewusstes Leben sowie faire Preise für die Erzeuger. Doch weil die „Marktlogik“ hier nicht funktioniert, wie es der beratende Wirtschaftssoziologe Timo Wans (35) vom Netzwerk „Myzelium“ formuliert, hat sich eine finanzielle Schieflage ergeben.
Grüne Perle hält Gewinnmarge aus moralischen Gründen niedrig
„Das Minus entsteht durch eine zu geringe Marge, also Verdienstspanne, auf die man aus moralischen Gründen verzichtet“, sagt Wans, der die „Grüne Perle“ mindestens ein Jahr lang begleiten wird, um sie finanziell wieder auf gesunde Beine zu stellen. Die Lösung des Problems soll „gemeinschaftsbasiertes Wirtschaften“ sein, ausgehend von dem Modell einer „Solidarischen Landwirtschaft“. Wer jetzt nur Bahnhof versteht - man kann es auch einfach ausdrücken.
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Die „Grüne Perle“ sucht möglichst viele „Abonnenten“ für ein Einkaufsabo, die den Regionalladen in der oberen Bahnhofstraße erhalten wollen. „Es fehlt nicht viel. Aber wenn man am Ende immer 3000 Euro minus macht, kann man nicht lange durchhalten“, sagt Vorstandsmitglied Brigitte Krenkers. Allein die Grundkosten wie Miete oder Energie lägen schon bei 13.000 Euro im Monat. Der komplette Wareneinkauf erfolgt bisher über den Umsatz. Der liegt täglich bei rund 1500 Euro, „wir bräuchten aber 1800“, sagt die 65-Jährige. Das soll sich nun ändern.
Einkaufsabo und Solidaritätsbeitrag sollen Wittener Regionalladen retten
Um sicher über die Runden zu kommen und die Betriebskosten zunächst einmal unabhängig vom Umsatz zu decken, ist an ein „Perle-Einkaufsabo“ und einen „Soli-Beitrag“ gedacht. Wer sich beteiligt, bestimmt selbst, wieviel er oder sie geben will. Dafür bekommt man dann ein bestimmtes monatliches Einkaufsguthaben. „Wir hätten mehr Planbarkeit, wenn viele mitmachen“, sagt Krenkers, die ehrenamtlich im Laden mitarbeitet.
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In einer jährlich stattfindenden „Beitragsgrunde“ sollen die jeweiligen Beträge abgefragt werden. Bei derzeit rund 400 Genossenschaftsmitgliedern, die sich zwar am Aufbau des Ladens beteiligt haben, aber nicht an dessen laufender Finanzierung, rechnet Timo Wans von „Myzelium“ mit einem „stabilen Zufluss“, wenn sich um die 200 bis 300 auf dieses Modell einlassen - und natürlich darauf hoffend, dass auch weitere Kunden mit einsteigen.
Ziel: Weniger Marktdruck, dafür „Weltverbesserung“
„Ziel ist es, sich ein bisschen des Marktdrucks zu entledigen“, sagt Wans, der derzeit mit dem Netzwerk Myzelium in rund „zwölf Beitragsrunden in zwölf Läden“ steckt. Myzelium, ansässig im Raum Stuttgart, hat bisher rund 40 Unternehmen beratend begleitet und „nachhaltig gesichert“, wie es heißt - seit zwei Jahren auch im Einzelhandel.
Wans spricht von einem „Weltverbesserungsmodell“, dessen Ansatz die „Solidarische Landwirtschaft“ ist: Alle Kosten, die auf einem Hof anfallen, werden gemeinsam getragen. „So weiß die Perle, das Geld wird kommen, unabhängig davon, was passiert“, sagt Timo Wans. Er sieht darin eine Win-Win-Situation: Die Verantwortlichen haben Planungssicherheit und die „Kunden freuen sich, wenn ihr Lieblingsladen nicht schließt“.
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Eine Kundin stellt mittags im Regionalladen eine nahe liegende Frage: Ob sie denn unabhängig von Einkaufsabo und Soli weiter dort einkaufen könne? Vorstandsmitglied Brigitte Krenkers kann ihr diese Sorge schnell nehmen. Eine andere meint: „Es wäre schon schade, wenn es nicht klappt.“
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