Witten. Um angebliche Gefahren des Mobilfunks und Ähnliches geht es am Freitag im Café Leye. Das distanziert sich von der Veranstaltung. Was ist da los?
Wie kann man gesund leben - „trotz Mobilfunk, 5 G, Feinstaub & Wasserbelastungen“? Diese Frage will eine Veranstaltung im Café Leye in Witten klären. Doch es gibt bereits im Vorfeld Kritik. Es handele sich dabei um eine „pseudowissenschaftliche Verkaufsveranstaltung“, schreibt ein WAZ-Leser. Auch die Café-Betreiber distanzieren sich inhaltlich deutlich von dem als Vortrag angekündigten Abend. Das steckt dahinter.
Am Freitag (17.5.) wird Referent Jens Voges im Theater-Saal im Café Leye über die „Bedrohungen durch Umweltbelastungen“ und die „massiven negativen Folgen für unsere Gesundheit“ sprechen. Und darüber, wie man sich schützen könne. Der Bayer tourt mit seinem Vortrag durch verschiedene Städte. Oft gehört zum Programm auch eine Live-Blutbild-Analyse. Diese soll angeblich zeigen, wie Blutkörperchen nach einem zehnminütigen Handy-Telefonat verklumpen.
Café Leye hat Sorge, mit der Veranstaltung in Verbindung gebracht zu werden
Voges ist gleichzeitig Partner der Firma „memon“ und vertreibt deren Produkte. Sie versprechen, vor Umweltbelastungen wie Elektrosmog und Feinstaub zu schützen. Die Palette reicht von Kästchen, die man in der Wohnung in die Steckdose stecken kann und die das Zuhause „harmonisieren“ sollen (ab 870 Euro), über Aufkleber für Handys und Laptops (99 Euro) bis hin zum Hundehalsbandanhänger (95 Euro). Es gibt auch Geräte zur „Renaturierung“ von Wasser (ab 700 Euro).
„Wir distanzieren uns ganz deutlich inhaltlich davon“, sagt Stephan Nussbaum, einer der beiden Geschäftsführer des Café Leye. Für ihn seien das „mystische Produkte“. Im Café herrscht Sorge, dass man durch eine solche Veranstaltung in Misskredit geraten werde. Doch warum findet sie dann überhaupt dort statt?
Projektfabrik verweist auf Veranstalter
Die Café-Betreiber haben die Räume seit 2021 von der „Projektfabrik“ angemietet - aber nicht den Saal, in dem der Vortrag geplant ist. Dieser untersteht weiter direkt der „Projektfabrik“, die dort auch regelmäßig eigene Veranstaltungen plant. Deren Geschäftsleitung besteht auf der Feststellung, dass sie den Raum lediglich vermietet habe. „Für den Inhalt steht der Veranstalter“, betont Berit Schürmann.
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Dabei handelt es sich um einen weiteren „memon“-Partner: Hans-Jürgen Berndt ist Wittener und - wie er sagt - von den Produkten und der Firma überzeugt. „Ich habe damit selbst so gute Erfahrungen gemacht.“ Auch werde es keine Verkaufsveranstaltung, versichert er. Der Großteil des Vortrags werde nur informieren. Am Ende gehe es dann darum, wie man sich mit „memon“-Produkten schützen könne.
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Verbraucherzentrale sieht versprochene Gesundheitswirkung von Strahlenschutz-Produkten kritisch
Die Verbraucherzentrale NRW hat mit der Firma, die ihren Sitz in Rosenheim hat, und deren Erzeugnissen noch keine Erfahrungen gemacht. Aber mit allerlei anderen Produkten, die versprechen, Strahlung zu neutralisieren oder abzuschirmen. „Vom Heilstein bis zur Bettauflage hatten wir schon alles“, sagt Gesa Schölgens, Leiterin des Projekts „Verbraucherschutz im Health-Style-Markt“, das seit 2020 läuft.
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„Strahlenschutzgeräte sind ein riesiger Markt“, so die 42-Jährige. Vor allem wegen der damit verbundenen Gesundheitsversprechen sehe man solche Produkte kritisch. Man könne nicht einfach behaupten, dass etwas helfe, ohne dass der Nutzen durch eine wissenschaftliche Studie belegt sei. Für die Nutzerin oder den Nutzer bestehe dabei auch die Gefahr, dass eine echte Erkrankung unbehandelt bleibe.
Vorsicht vor vermeintlichen Wundermitteln
Laut „memon“-Broschüre verursachen elektromagnetische Felder in Wohngebäuden „eine Umverteilung der Ionen“. Die hauseigene Technologie sei in der Lage „dieses elektromagnetische Wirkfeld mit natürlichen Frequenzen [...] zu modulieren und dessen Schadinformationen, basierend auf dem Resonanz-Prinzip, zu neutralisieren“.
So sollen etwa die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit gesteigert, Vitalität, Schlafqualität und Gesundheit gefördert, die Atemluft „renaturiert“ sowie Feinstaub reduziert und Leitungswasser in Quellwasserqualität umgewandelt werden. „Vorsicht ist immer geboten, wenn ein Produkt so eine Wunderwirkung haben soll“, sagt Schölgens. Quasi eine Lösung für alle Probleme. Denn Wundermittel gebe es nicht.
Wer sich selbst ein Bild machen will, hat dazu am Freitag ab 18.30 Uhr im Café Leye die Möglichkeit. Die Veranstaltung ist kostenlos. Der Veranstalter bittet um eine Vorab-Anmeldung. Dafür wird man auf eine „memon“-Seite geleitet, auf der man direkt Name, Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse hinterlegen muss.
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