Witten. Zwei Wittener haben eine neue Solidarische Landwirtschaft gegründet. Sie vergeben Ernteanteile. Doch der Fliederhof will noch viel mehr bieten.
Wer gerne ganz genau wissen möchte, woher das Essen auf seinem Teller kommt, hat dazu jetzt in Witten eine weitere Möglichkeit. Die beiden Gärtner und Gartenbaulehrer Lennard Schasiepen (29) und Kolja Kusenberg (24) haben auf dem Fliederhof in Herbede eine Solidarische Landwirtschaft gegründet. Nun suchen sie Teilhaberinnen und Teilhaber, die gegen einen monatlichen Beitrag regelmäßig an der Ernte beteiligt werden wollen.
Im Sommer vergangenen Jahres sind Schasiepen und Kusenberg in den abseitsgelegenen Fliederhof in Vormholz eingezogen, haben zusätzlich noch 3000 Quadratmeter angrenzendes Land gepachtet. Die beiden kennen sich aus der Gartenbauausbildung, haben zuvor bereits auf kleineren Flächen zusammen gegärtnert. Nun wagen sie den Sprung auf die große Fläche. „Es ergibt einfach Sinn“, sagt Lennard Schasiepen.
Erzeuger und Verbraucher als Gemeinschaft
In einer Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) bilden Landwirte und Verbraucher eine Gemeinschaft. Die gesamte Ernte wird gleichmäßig auf alle Teilhaberinnen und Teilhaber aufgeteilt. Gleichzeitig erhält der Erzeuger eine finanzielle Planungssicherheit. Denn wer Teil der Solawi wird, verpflichtet sich, für zwölf Monate einen festen Betrag an die Landwirte zu entrichten.
Doch der Fliederhof soll noch viel mehr sein als reiner Gemüseanbau. „Für uns ist das hier auch ein Spielplatz, ein Raum, der offen für Experimente ist, ein Ort der Begegnung“, so der 29-Jährige, der hauptberuflich an einer Waldorfschule in Bochum unterrichtet. Geplant sind deshalb auf dem Hof auch Jahreszeitenfeste, Mitmach-Tage und Ferienfreizeiten.
Freilichtbühne im Folientunnel
Und auch Kunst und Kultur sollen einen Platz bekommen: In einem Teil des knapp 200 Quadratmeter großen Folientunnels, den Schasiepen und Kusenberg errichtet haben, soll eine Freilichtbühne entstehen. Dort sollen dann etwa Konzerte stattfinden. Und wer Mitglied der Solawi ist, ist auch eingeladen, auf dem Hof mit anzupacken – muss aber nicht. „Der soziale Aspekt ist sehr wertvoll“, betont Schasiepen. Hier sei man nicht darauf ausgerichtet, möglichst hohe Erträge zu erzielen.
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Das wäre auf einem so kleinen Hof auch gar nicht möglich, sagt Kusenberg. „Mit so einer kleinen Fläche würde sich das nicht tragen.“ Die beiden arbeiten biologisch, nutzen etwa keine Kunstdünger, sondern Kompost und Jauchen. Im ersten Jahr haben die beiden Gärtner die Ackerfläche eingerichtet, die zuvor eine reine Grünfläche war, Strukturen geschaffen und vieles ausprobiert. „Wir wussten ja nicht, wie der Boden ist“, sagt Schasiepen. „Aber es hat sich herausgestellt: Es ist ein super Boden, alles gedeiht.“
Teilhaberinnen und Teilhaber gesucht
Auf dieser Grundlage und mit den gemachten Erfahrungen suchen sie nun für das kommende Jahr nach Menschen, die Teil der Solidarischen Landwirtschaft sein wollen. Insgesamt sind 25 ganze oder 50 halbe Ernteanteile zu vergeben. Sobald es etwas zu ernten gibt, erhalten die Mitglieder dann wöchentlich eine Gemüsekiste an verschiedenen Abholstationen. Die Standard-Kiste schlägt mit 26 Euro pro Woche zu Buche. In ihr findet sich Gemüse für zwei Personen. Die Einsteiger-Variante kostet 15 Euro und „versorgt“ eine Person für eine Woche.
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Was in der Box landet, variiert je nach Anbau- und Erntezeit des Gemüses. Von März/April bis September könnten das etwa Zucchini, Fenchel, Mangold, Stangenbohnen, Tomaten, Gewürzgurken oder Auberginen sein – um nur einige zu nennen. Ab September kommt dann Winter- und Lagergemüse hinzu. Also etwa Kürbisse, Möhren, Pastinaken, Zwiebeln, Grünkohl, Sellerie, Rote Beete oder verschiedene Kohlsorten. Und natürlich werden die Kisten mal mehr, mal weniger voll sein – je nachdem, wie die Ernte ausfällt.
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Abholung direkt am Feld
Mehr über den Fliederhof und seine Philosophie gibt es auf gemüse-fliederhof.de. Dort findet man auch das Anmeldeformular als Download.
Abgeholt werden können die Kisten künftig jeden Freitag ab 10 Uhr direkt am Hof (Durchholzer Strasse 16) oder zwischen 18 und 20 Uhr beim „Ort der Begegnung“ (Dortmunder Str. 97). Weitere Abholorte sind in Planung.
Bereits Ende Dezember müssen die beiden Gärtner damit beginnen, den Anbauplan für das kommende Jahr aufzustellen und entsprechend Saatgut zu bestellen. Ende Februar soll die Voranzucht im Folientunnel starten. Einen Ernteanteil kann man sich deshalb bis 24. Dezember sichern.
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