Witten. An der Wittener Holzkamp-Gesamtschule gibt es ein ganz besonderes Projekt. Schüler sind hautnah dabei, wie Küken schlüpfen. Das steckt dahinter.
An der Holzkampschule sind Küken geschlüpft! Das Kükenprojekt läuft an der Schule schon im zweiten Jahr in Folge. Dabei lernen die Schulkinder nicht nur, wie aus einem Ei ein Huhn wird. Für manche ist es die erste Berührung mit einem Tier. Biolehrerin Elisa Nestler hat das Projekt ins Leben gerufen und erklärt, warum es auch therapeutisch wirkt.
Die Entwicklung vom Ei zum Huhn steht für alle Fünftklässler auf dem Lehrplan. Doch was Nestler organisiert hat, geht weit über die Theorie hinaus – und fordert persönlichen Einsatz. Seit ihrer Kindheit ist die 28-Jährige Hühnerbesitzerin und hat die Tiere auch schon selbst gezüchtet. Dabei setzt sie auf alte Hühnerrassen. Überzüchtete Legehennen sucht man in ihrem Hühnermobil vergeblich. „Ich möchte einfach nur Hühner haben, denen es gut geht“, sagt sie.
Beim Kükenprojekt an der Holzkamp Gesamtschule in Witten übernimmt eine Maschine das Brüten
Für das Kükenprojekt hat sie elf Eier und eine Brutmaschine mitgebracht. Denn der Hahn kann sich anstrengen, wie er will: Werden die Eier nicht richtig ausgebrütet, gibt es keinen Nachwuchs. Damit alles gut geht, braucht es in allen Phasen der Entwicklung die richtige Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Die Brutmaschine sorgt dafür, dass alle Werte im Rahmen bleiben und wendet die Eier sogar automatisch. Brütende Hühner, Glucken genannt, würden ihre Eier dreimal täglich wenden, erklärt Nestler. Tun sie das nicht, kann sich kein Embryo entwickeln. Die Maschine macht alles von alleine, nur lüften müsse man von Hand. Deshalb ist Nestler sogar am Wochenende in die Schule gekommen - für zehn Minuten Arbeit.
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Befruchtet oder nicht? Eier müssen durchleuchtet werden
Nach rund einer Woche könne man erkennen, ob ein Ei befruchtet sei oder nicht. Hierfür wird das Ei mit einem starken Licht durchleuchtet - Profis nennen diesen Vorgang „Schieren“. In einem befruchteten Ei sehe man dann „einen kleinen dunklen Punkt mit vielen kleinen Äderchen“. Zwei der elf Eier wurden nach dem Schieren aussortiert, in ihnen war nur Eiweiß und Eigelb zu sehen. Die anderen blieben in der Maschine.
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Bis zum voll entwickelten Küken dauert es insgesamt rund 21 Tage. Dann setzt die Schlupf-Phase ein. Die ersten zwei Küken waren an der HGE etwas früher dran und sind bereits am Wochenende geschlüpft. Als Nestler mit ihrer fünften Klasse am Montag noch einmal alle Phasen der Kükenentwicklung durchging, war die Aufregung groß. Denn aus dem Nachbarraum war schon Piepen zu hören. Als Nestler dann die Brutmaschine öffnete, passierte es. Neben den bereits geschlüpften Küken kämpfte sich ein drittes durch die harte Eierschale.
Schüler sind jetzt Küken-Experten
Während sich das kleine Geschwisterchen noch von den Strapazen der Geburt erholen musste, war bei den anderen das Anfassen ausdrücklich erlaubt. Dass junge Küken bereits wissen, wie sie an Nahrung kommen, hat eine Schülerin am eigenen Leib erfahren müssen. Das Jungtier habe wohl ein Muttermal mit einem Korn verwechselt und zugepickt. Eine andere Schülerin aus einer siebten Klasse hat während des Projekts zum ersten Mal ein Tier angefasst. Für manche Schüler ähnle der Kontakt einer tiergestützen Therapie, so die Lehrerin.
„Es bleibt mehr in den Köpfen verankert, weil es etwas Besonderes ist“, erklärt Elisa Nestler ihr Projekt. Mittlerweile seien ihre Schüler echte „Experten“, auf dem Schulhof erklärten sie anderen interessierten Kindern, wie die Entwicklung im Ei ablaufe. Einige ihrer Schüler wollen unbedingt wissen, wie sich die Küken, die jetzt auf Nestlers Hof leben, weiterentwickeln. Für sie will die Lehrerin einmal in der Woche ein Foto aufnehmen. Die Unterrichtsreihe ist mit dem Schlüpfen abgeschlossen. „Man muss ja auch im Lehrplan ein bisschen weiterkommen.“
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