Witten. Dass die Post mal Verspätung hat, ist ja nichts Neues mehr. Aber fast 60 Jahre zu spät? In Witten gab es jetzt einen ganz kuriosen Fall.

Dass die Post nicht nach einem Tag ankommt, ist mittlerweile bekannt. Aber nach fast 60 Jahren? Hans-Peter Nölker staunte nicht schlecht, als er am Dienstag (27. Februar) wie jeden Tag in seinen Briefkasten schaute. Neben dem alltäglichen Kram fand er dort eine Postkarte aus Bayern. So weit, so gut. Das Kuriose: Der Urlaubsgruß aus dem oberbayerischen Inzell wurde am 23. Februar 1965 abgeschickt und landete jetzt fast auf den Tag genau mit 59 Jahren Verspätung in Witten.

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„Ich hatte ja schonmal sowas wie falsch adressierte Post im Briefkasten. Aber das hat mir echt die Sprache verschlagen. Da hat die Post schon sehr lange gebraucht“, sagt der 66-Jährige mit einem Augenzwinkern. Falsch adressiert war die schwarz-weiße Karte, auf der man die Berge und das kleine Städtchen im Vordergrund sieht, jedoch nicht – obwohl die Post den Hinweis „nachadressiert wegen unkorrekter Anschrift“ draufklebte. Die Nölkers wohnen in der Straße „Am Busche“ in Heven und genau dort sollte die Sendung auch landen. „Die Karte ist an Fritz Nölker adressiert und war ein Gruß an meine Großeltern.“ Die Absender: Herbert und Annelore, der Onkel und die Tante von Hans-Peter Nölker.

Wittener will Postkarte seiner Cousine überreichen

Auf der Karte schwärmen die beiden von ihrer Reise. „Lieber Vater, liebe Mutter. Nun ist unsere schöne Zeit bald zu Ende. Seit Samstag scheint hier die Sonne. Wir waren gestern auf dem Rauschberg. Heute sind wir wieder Ski gelaufen und spazieren gegangen.“ Beim Gedanken ans Ende ihres Urlaubs scheint aber etwas Wehmut aufzukommen. „Donnerstagabend sind wir wieder zu Hause [...]. Bis Freitag alles Gute, Herbert und Annelore.“

Das waren noch Zeiten: Das Porto der Postkarte liegt bei 15 Pfennig.
Das waren noch Zeiten: Das Porto der Postkarte liegt bei 15 Pfennig. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Onkel Herbert war der älteste Sohn seiner Großeltern. „Ich weiß, dass sie damals oft da unten waren. Inzell war zu der Zeit ein Vorzeige-Skiort“, sagt Nölker. Auch seine Frau Heidrun hat die Überraschungspost verblüfft. „Wir dachten ja erst, dass es sich um einen schlechten Scherz handelt.“ Dann hätten die beiden aber herzlich darüber gelacht. „Das ist zum Schreien. Es ist ja wirklich eine Glückssache, dass wir hier noch wohnen und mit der Karte sogar was anfangen können“, sagt die 70-Jährige.

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Auf der Karte ist zudem noch der Hinweis „Bitte Absender verständigen!“ zu lesen. Da beide mittlerweile verstorben sind, ist das leider nicht mehr möglich. Aber: Hans-Peter Nölker wird das historische Stück Papier seiner Cousine überreichen. „Sie ist ja die Tochter von Herbert und Hannelore. Sie wohnt mittlerweile in Hagen und wird sicher genauso überrascht sein“, sagt der Wittener. Er fragt sich jetzt, wo der Urlaubsgruß denn all die Jahre gesteckt hat.

Deutsche Post: „Solche Fälle kommen sehr selten vor“

Aber das kann selbst die Post nicht genau erklären. „Anhand des Aufklebers ist zu erkennen, dass die Postkarte, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, wieder unserem Postkreislauf im Briefzentrum 58 in Hagen zugeführt worden ist und jetzt nochmals von uns zugestellt wurde“, sagt eine Sprecherin. Wo die Karte die ganzen Jahre umhergeirrt ist, bleibt aber ein Rätsel. „Solche Fälle kommen sehr selten vor.“ Übrigens: Das Porto lag zu dieser Zeit bei 15 Pfennig. Einen so günstigen Urlaubsgruß werden die Nölkers wohl nicht mehr bekommen.