Witten. Bereits 2018 wurde ein Schäfer erstmals angezeigt. Nun ist das Veterinäramt eingeschritten. Der Mann muss seine Herde auflösen.
Es ist das schärfste Schwert, das eine Aufsichtsbehörde im Tierschutz überhaupt zücken kann. Der Ennepe-Ruhr-Kreis musste zu dieser drastischen Maßnahme greifen: Gegen einen Landwirt aus Witten wurde ein „unbefristetes Halte- und Betreuungsverbot für kleine Wiederkäuer“ verhängt, zu denen auch Ziegen und Schafe gehören. Zudem wurde dem Schäfer amtlich aufgegeben, seine Herde innerhalb von drei Monaten aufzulösen.
Grund waren jahrelange schwerwiegende Verstöße in der Tierhaltung. Das konsequente Vorgehen des Kreisveterinäramtes zum Schutz der vernachlässigten und gequälten Tiere wurde jetzt vom Verwaltungsgericht Arnsberg in zwei Urteilen ausdrücklich bestätigt.
Mutterschafe hatten bei Schäfer aus Witten keinen Zugang zu Trinkwasser
In den vergangenen sechs Jahren war der Tierhalter aus Witten, ein Mann Mitte 30, immer wieder negativ aufgefallen. Erste tierschutzrechtliche Anzeigen gegen ihn gab es bereits im Juli 2018. Damals hielt der Landwirt zahlreiche Schafe und auch Ziegen, die er offensichtlich grob vernachlässigte. Die Tiere, die auf feuchtem Boden leben mussten, litten an sogenannter Moderhinke, einer hochansteckenden und schmerzhaften Klauenfäule, die durch ein Bakterium verursacht wird.
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„Die Unterstände waren offen und boten keinen ausreichenden Schutz, das Stroh war durchnässt und der Stall stark verkotet“, zählt Richter Kai Hendrik Teipel, Pressesprecher des Verwaltungsgerichts Arnsberg, weitere unhaltbare Zustände auf, die aktenkundig wurden. So hätten die Mutterschafe der Herde keinen Zugang zu Trinkwasser gehabt. Beim Einfangen seien einige Tiere lahm gewesen. Ein Schaf, das nicht mehr auf allen Vieren stehen konnte, „hockte auf seinen Vorderbeinen“ und saß auf den Vorderfußwurzelgelenken kniend im Gras: Anzeichen für eine sehr schmerzhafte Erkrankung.
Wanderherde hat auf verschiedenen Weiden gegrast
Im Februar 2022 erließ das Veterinäramt des EN-Kreises eine Verfügung gegen den Wittener Landwirt, dass beabsichtigt sei, „ein Tierhalte- und Betreuungsverbot für kleine Wiederkäuer“ gegen ihn auszusprechen. Ziegen hatte er zu diesem Zeitpunkt wohl schon keine mehr, betroffen waren aber seine Schafe. Die beabsichtigte Bestandsauflösung wurde ihm ebenso angekündigt wie der sofortige Vollzug der Maßnahme aus Gründen des Tierschutzes. Nach seiner Anhörung erging am 23. Juni 2022 eine entsprechende Ordnungsverfügung.
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Der Schäfer ließ seine Wanderherde in der Vergangenheit auf verschiedenen gepachteten Weiden in Witten grasen. Im Dezember 2022 war er mit seinen Tieren zu einer anderen Weide gezogen. Kurz darauf ging bei der Kreisverwaltung Schwelm eine Anzeige ein, dass er dabei wohl ein Tier „vergessen“ habe. Tatsächlich: Das zurückgelassene Schaf wurde in einem erbärmlichen Zustand aufgefunden. Es stand allein, ohne Futter und Wasser, auf einer abgefressenen, festgefrorenen Wiese – bei Temperaturen unter null Grad.
20 Schafe wurden dem Wittener im Dezember weggenommen
„Jetzt sah sich der EN-Kreis wohl in der Pflicht, schnell zu handeln“, so der Sprecher des Verwaltungsgerichts Arnsberg. „Deshalb wurden dem Landwirt noch im Dezember 2022 mehr als 20 Schafe weggenommen.“ Dagegen versuchte dieser sich noch mit einem Eilantrag vor Gericht zu wehren, allerdings ohne Erfolg.
Auch zwei weitere Klagen des Witteners wurden jetzt vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Nach den festgestellten Tierschutzverstößen habe der EN-Kreis das Tierhalte- und Betreuungsverbot gegen ihn aussprechen und „unmittelbaren Zwang zur Verhinderung künftiger Verstöße“ anwenden dürfen. Auch die Wegnahme der Tiere sei in diesem Fall nicht rechtswidrig gewesen, urteilten die Arnsberger Richter.
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Den Rest der Herde muss der Landwirt nun innerhalb von drei Monaten auflösen. Eine Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) bereits zurückgewiesen. Anträge auf Zulassung der Berufung kann der Kläger nur noch unter engen Voraussetzungen stellen. Doch die Hürden dafür sind hoch.
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