Witten. Bauern protestieren gegen Kürzungen beim Agrardiesel. Von der EU fließen jährlich Subventionen an sie. Wie viel Geld Bauern in Witten erhalten.
Die Aktionswoche der Bauern mit deutschlandweiten Streiks und Blockaden läuft weiter. Auch aus Witten beteiligten sich bislang mehr als 20 Landwirte, tuckerten am vergangenen Montag zur Kundgebung nach Schwelm. Doch während der Prostest gegen die geplanten Kürzungen beim Agrardiesel weitergeht, rücken auch die Subventionen, die landwirtschaftliche Betriebe etwa von der EU erhalten, in den Blick der Öffentlichkeit.
Wie viele dieser Fördermittel an landwirtschaftliche Betriebe fließen, veröffentlicht das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung auf der Seite agrar-fischerei-zahlungen.de. Hier wird auf den Cent genau aufgelistet, welcher Landwirt wie viele EU-Subventionen erhält. Derzeit sind dort die Zahlen für 2021 und 22 aufgeführt. Die Gesamtsumme der Subventionen setzt sich aus einer Basisprämie und verschiedenen Komponenten zusammen. Die Bauern erhielten etwa auch Mittel für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen sowie für Natur- und Gewässerschutz.
Rund 700.000 Euro EU-Subventionen flossen 2022 nach Witten
Aus der Auflistung geht hervor: Im Jahr 2022 wurden knapp 50 Wittener Landwirte mit insgesamt rund 700.000 Euro von der EU bezuschusst. Die Spanne reicht von 259 Euro für einen nicht namentlich genannten „Kleinempfänger“ bis hin zu fast 153.000 Euro für das Team der Kornkammer Haus Holte. Im Schnitt erhält jeder Betrieb rund 14.000 Euro.
Doch die meisten Empfänger liegen deutlich unter diesem Schnitt, nur zwölf der Landwirte erhalten mehr als 10.000 Euro. Darunter etwa der Hof Düren in Stockum (rund 53.600 Euro), Hof Bockholt an der Bochumer Straße (52.600 Euro), Christian Thiele vom Hof „Niederste Mutte“ (21.800 Euro) oder der Trantenrother Hof (19.400 Euro).
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Die meisten Bauern aber erhalten vierstellige Beträge zwischen 1200 und 9000 Euro. So wie Florian Wolff, Ortsverbandsvorsitzender der Bauern in Witten. Der 29-Jährige erhielt für seinen 25-Hektar-Hof, auf dem er auch Kühe hält, 2022 knapp 6800 Euro. „Die Subventionen sind sehr entlastend“, so der junge Landwirt. „Dafür haben wir aber auch Spielregeln, an die wir uns halten müssen, sind dadurch eingeengt.“ Etwa wann und wie viel gedüngt werden darf. Wie viele andere Bauern in Witten betreibt er seinen Hof im Nebenerwerb und damit nicht als einzige Einnahmequelle.
Hohe Prämie für biologische Landwirtschaft
Dass die Kornkammer Haus Holte die Liste anführt, liegt nicht nur an der 280 Hektar großen Fläche, die sie bewirtschaftet. Die sogenannte Basisprämie macht rund 29 Prozent ihrer Zuschüsse aus. Sie bemisst sich an der landwirtschaftlichen Fläche. Noch deutlich mehr – rund 44 Prozent – gibt es für den hier gelebten ökologischen Landbau. Diese Prämie erhalten Biobauern, weil durch die besonders umweltfreundliche Produktionsmethode Mehrkosten entstehen, etwa durch geringere Erträge und höhere Arbeitsbelastung.
Nicht nur Bauern profitieren
Neben landwirtschaftlichen Betrieben gibt es aber auch noch andere Nutznießer der Fördermittel. Knapp 15.000 Euro erhielt etwa auch die „Arbeitsgemeinschaft für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise NRW“ (Demeter), allerdings nicht für landwirtschaftliche Tätigkeiten, sondern für Wissenstransfer und Informationsmaßnahmen.
Auch die NaWit-Naturschutzgruppe mit ihrer Biologischen Station erhielt 2022 einen Zuschuss von 3120 Euro, das meiste davon (2.453,89) aus dem Topf für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen.
Voraussetzung ist die Einhaltung der Vorschriften der EU-Öko-Verordnung auf dem gesamten Betrieb. Die Kornkammer Haus Holte arbeitet aber sogar nach den Vorgaben des Bioland-Siegels, die teils deutlich über die Mindeststandards der EU hinausgehen. Hier setzt man auf Kreislaufwirtschaft – ohne synthetische Pestizide und chemisch-synthetische Stickstoffdünger.
Bauern beziehen rund 40 Prozent ihres Einkommens aus Subventionen
Etwa 40 Prozent des Einkommens von Landwirten stammen aus Subventionen, die meisten davon fließen von der EU zu den Höfen, sagt Dirk Kalthaus, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen. „Sie wurden ins Leben gerufen, um Lebensmittel bezahlbar zu machen“, so der 52-Jährige. Getreide, Obst und andere landwirtschaftliche Produkte wären sonst doppelt so teuer wie heute.
Früher seien die Landwirte hauptsächlich nach Fläche bezuschusst worden, in den letzten Jahren sei diese Basisprämie aber immer weiter abgespeckt worden. Um sie zu erhalten, müssen Landwirte bereits Vorschriften befolgen, erläutert Kalthaus. So müssen etwa vier Prozent der vorhandenen Fläche als Brache belassen, also unbewirtschaftet sein. Mittlerweile befindet sie sich laut Kalthaus auf einem recht niedrigen Niveau. Zuletzt lag die Basisprämie bei rund 170 Euro pro Hektar „beihilfefähiger Fläche“.
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Mit der Anfang 2023 in Kraft getretenen EU-Agrarreform wurden die Subventionen ohnehin geändert. „Die Anforderungen sind gestiegen, trotzdem bekommen wir weniger Geld“, fasst der Bauernvertreter zusammen. So habe der Ennepetaler Landwirt für seinen 48-Hektar-Betrieb 2022 noch 23.000 Euro Zuschuss erhalten, 2023 waren es noch 18.000 Euro. Gleichzeitig steigen durch die neuen Auflagen seine Kosten. „Deshalb gehen wir Bauern jetzt alle auf die Straße.“ Er selbst wolle deshalb auch nicht von der Wut der Bauern sprechen. „Sondern es ist Verzweiflung.“
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