Bochum/Duisburg/Dortmund. Darum geht‘s beim Protest der Bauern: Landwirte aus Duisburg und Bochum rechnen vor, wie teuer die Ampel-Kürzungen für sie werden.

Die Bundesregierung wollte mit ihrer Abschwächung der geplanten Kürzungen die aufgebrachten Landwirte beruhigen, doch die Bauernproteste wurden nicht abgesagt, sie nehmen bundesweit eher zu, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) musste gar vor wütenden Landwirten fliehen. Auch in NRW Ruhrgebiet sind die Protestaktionen in dieser Woche angelaufen mit Treckerfahrten und Kundgebungen..

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Die geplanten Protestaktionen der Bauern im Ruhrgebiet

Ein „gewisses Risiko“ sieht der Kreisbauernverband Soest in Trittbrettfahrern, etwa aus dem rechtsextremen Lager. Man sehe etwa auf Facebook viele Beiträge von Leuten, die niemand unter den Bauern kenne. „Von Verkehrsgefährdungen oder undemokratischen, etwa rechtsextremen Parolen distanzieren wir uns“, sagte die Sprecherin. Man distanziere sich wie der Deutsche Bauernverband auch von der Blockade gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Wir wollen auf uns aufmerksam machen, aber nicht blockieren“, sagt sie.

Zwei Landwirte aus Duisburg und Bochum, die ebenfalls mit ihren Traktoren zu Protestaktionen fahren wollen, rechnen vor, wie teuer sie die Pläne der Ampel kämen. Denn die Regierung plant nach wie vor die Abschaffung der Agrardiesel-Förderung, wenn auch über mehrere Jahre gestreckt. Achim Heinrichs bewirtschaftet in Bochum-Wattenscheid 170 Hektar Ackerflächen. Je Hektar verfahren Traktoren im Jahr rund 100 Liter Diesel. Bisher wird Agrardiesel mit 25,56 Cent je Liter besteuert statt mit 47,04 Cent, die allgemein auf Diesel anfallen. Die bisherige Agrardiesel-Vergütung von 21,48 Cent bringt Bauer Heinrichs rund 3650 im Jahr, die von der Steuer rückvergütet werden. „Das ist mal eben ein Monatsgehalt“, sagt er.

Duisburger Landwirt verliert 4000 Euro Agrardiesel-Ermäßigung

Reinhard Mosch hat noch ein paar Hektar mehr, verfährt mit seinen Treckern auf seinen Feldern im Duisburger Süden rund 20.000 Liter Diesel im Jahr. Etwa 4000 Euro Rückvergütung entgehen ihm künftig nach den Plänen der Bundesregierung. Das werde nicht seine Existenz gefährden, betont er, aber es tut weh und ärgert ihn ungemein. Denn er sieht den ermäßigten Steuersatz für Agrardiesel nicht als Subvention an, sondern in der Sache begründet. „Wir zahlen ja nicht keine Steuern, sondern nur etwas weniger“, sagt er. Die Kraftstoffsteuern würden erhoben, um mit den Einnahmen die öffentlichen Straßen in Stand zu halten oder neue zu bauen. „Wir nutzen die Straßen aber kaum, sondern fahren größtenteils auf unseren Feldern“, betont Mosch.

Der Duisburger Landwirt Reinhard Mosch ist sauer auf Agrarminister Cem Özdemir, weil er die Kürzung beim Agrardiesel nicht verhindert hat.
Der Duisburger Landwirt Reinhard Mosch ist sauer auf Agrarminister Cem Özdemir, weil er die Kürzung beim Agrardiesel nicht verhindert hat. © Duisburg | STEFAN AREND

Der Duisburger Landwirt ist vor allem von Agrarminister Cem Özdemir enttäuscht, weil er große Hoffnungen auf ihn gesetzt hatte. „Ich dachte, da kommt mal einer mit Rückgrat. Tatsächlich ist er der erste Landwirtschaftsminister, der keine Fehler gemacht hat, allerdings weil er auch noch nichts gemacht hat“, sagt Mosch. Was dessen Zielen glatt widerspreche: Biobauern, die etwa zur Unkrautbekämpfung viel häufiger ihre Felder befahren müssen als konventionelle, würden besonders hart von der Dieselverteuerung getroffen.

Biobauern von Ampel-Kürzungen besonders betroffen

Der Bochumer Bauer Achim Heinrichs ist froh, dass die Regierung die ebenfalls geplante Streichung der Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der Kfz-Steuer offenkundig zurücknehmen will. Für seine vier Trecker, die zwei Hänger und den Mähdrescher hatte er schon Mehrkosten von rund 5000 Euro im Jahr ausgerechnet, die den Getreideanbau deutlich verteuert hätten. Zumal: „Wir Landwirte sind die einzigen in der Kette vom Erzeuger bis zum Kunden, die keine Chance haben, ihre Mehrkosten weiterzugeben. Wir haben keinen Einfluss auf den Marktpreis, der uns gezahlt wird.“

Reinhard Mosch, der ebenfalls Getreide anbaut, gibt ein aktuelles Beispiel, das für dieses Jahr nichts Gutes erahnen lässt: Der Preis für Brotgetreide sei von 290 Euro je Tonne vor einem Jahr zuletzt auf 210 Euro gefallen. Beispielrechnungen, die in diesen Tagen zeigen sollen, dass ein Kilogramm Weizenmehl oder der Liter Milch nur marginal teurer würden durch die Ampel-Kürzungen, sind seiner Meinung nach deshalb Milchmädchen-Rechnungen. Denn das, was ihn die Produktion des Getreides mehr kostet, kann er nicht draufschlagen, selbst wenn das Brot teurer wird, hat er im Zweifel nichts davon.