Witten. Die Krankheitswelle schwappt längst auch nach Witten. Einige Eltern klagen über hohen Stundenausfall an Schulen. Wie dramatisch ist die Lage?
Corona schlägt gerade wieder zu. Und auch die Erkältungswelle will einfach nicht abnehmen. Lehrer krank, Kinder krank - die Schulen haben seit geraumer Zeit mit teils recht hohen Stundenausfällen zu kämpfen. 60 Stunden seien in einer siebten Klasse der Holzkampschule seit den Sommerferien ausgefallen, beklagen Eltern. Sie wissen auch: „Die Lehrer können nichts dafür.“ Dennoch sei dies „ein schrecklicher Zustand“. Eine Bestandsaufnahme - kurz vor den Weihnachtsferien.
„Die Belastung ist groß, obwohl wir personell gut aufgestellt sind“, sagt Johannes Rienäcker vom Albert-Martmöller-Gymnasium. Vor allem Ende November, Anfang Dezember sei die Situation sehr schwierig gewesen. „Manchmal haben zwölf der 80 Kollegen gefehlt.“ Wer da war, habe dann unzählige Überstunden auf sich geladen. „Dafür gebührt ihnen Dank.“ In den fünften Klassen habe der Stundenausfall bei gerade mal knapp zwei Prozent gelegen, so Rienäcker. Wenn, dann falle Unterricht in den Randstunden aus. „Je größer die Kinder sind, desto mehr kann man abwägen, ob man sie auch mal mit einer Aufgabe nach Hause schicken kann.“
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„Die Krankenquote ist seit den Herbstferien immens hoch, sowohl bei Lehrern als auch bei Schülern“, sagt Dirk Gellesch vom Ruhr-Gymnasium. Das sei schon außergewöhnlich, jedoch von Klasse zu Klasse, von Woche zu Woche unterschiedlich. 30 bis 40 Prozent der Lehrkräfte seien zwischenzeitlich krank gewesen. „Wenn 20 von knapp 70 Köpfen fehlen, dann ist das kaum zu kompensieren.“ Gellesch sieht außerdem ein grundsätzliches Problem: Schulen müssten über den normalen Unterricht hinaus immer mehr Projekte anbieten, etwa den Lernort nach außerhalb verlagern. „Das ist toll. Aber das bindet mehr Lehrkräfte.“
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Von starken Ausfällen wegen Krankheit ist auch die Hardenstein-Gesamtschule betroffen. „Ich habe das Gefühl, dieses Jahr ist es besonders schlimm“, bestätigt Schulleiter Holger Jahnke den Trend. Solche Phasen kenne man sonst eher im Februar. In der Hochphase seien knapp 30 von knapp 90 Kollegen krank gewesen. Kernunterricht in Fächern wie Mathe und Deutsch sei selbst dann nicht ausgefallen. „Wir haben aber Nachmittagsunterricht streichen müssen und stattdessen Aufgaben mitgegeben.“ Die Ganztagsbetreuung dagegen sei stets gewährleistet.
Natürlich, sagt Silke Baur-Pantoulier, machen auch der Holzkamp-Gesamtschule die akuten Krankheitswellen zu schaffen. „Das ist manchmal schon sportlich.“ Dennoch sei sie erstaunt über den Vorwurf, dass so viele Stunden ausgefallen sein sollen. Denn Ausfall bedeute: Es gibt keinen Ersatzunterricht. „In den siebten Klassen fällt derzeit nicht mehr als üblich aus“, sagt die Direktorin.
Wenn Eltern sich beklagen würden, würde die Schule versuchen, schnell gegenzusteuern. Doch auch so habe man sehr viel dafür getan, Ersatz für die langzeiterkrankten Kolleginnen oder Kollegen zu bekommen. „Alle Vertretungsstellen sind besetzt.“ Dies betreffe etwa sieben der rund 105 Kräfte im Kollegium.
Brandmeldealarm an Holzkampschule
„Wer lange krank oder in Elternzeit ist, für den können wir über flexible Mittel Stellen ausschreiben und befristete Verträge anbieten“, sagt Baur-Pantoulier. Natürlich hätte sie lieber alle Mann an Bord, „aber im Moment sind wir ziemlich zufrieden“. Für die fünften und sechsten Klassen gelte ohnehin das Programm „Sichere Schule“ - das heißt: Es fällt nichts aus.
Gerade an diesem Montag (18.12.) allerdings musste die Schulleiterin die Kinder und Jugendlichen doch mal früher nach Hause schicken: Aufgrund eines Defekts in der Brandmeldeanlage sei der Alarm losgegangen. Die Schule musste trotz laufender mündlicher Prüfungen und Klausuren nach der sechsten Stunde aus Sicherheitsgründen geräumt und der Defekt repariert werden. „Das brauchten wir nicht unbedingt auch noch.“
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Hoher Krankenstand, hoher Stundenausfall - da kommt das schlechte Ergebnis der Pisa-Studie gerade recht. „Die Bewertung trifft zu, aber das wundert mich nicht“, sagt der Leiter des Ruhr-Gymnasiums. Beängstigend sei es trotzdem. Doch seine Schule habe längst reagiert und in der Erprobungsstufe die Leseförderung als Schwerpunkt gesetzt. Kollege Rienäcker vom AMG ist sicher: Corona hat bei Pisa durchgeschlagen. Außerdem die zusätzliche Integration von Kindern mit Migrationshintergrund. „Da braucht es viele Fördermaßnahmen, um das aufzufangen.“
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Die der Pandemie geschuldete schnelle Digitalisierung sieht er nicht als Allheimittel für besseres Abschneiden. „Viel wichtiger ist es, dass die Kinder sich in Lerngruppen treffen und erst mal haptische Fähigkeiten trainieren, also ein Buch aufschlagen und Sachen aufschreiben.“ Vielleicht bekommen sie ja bald Lesestoff geschenkt.