Witten. Am AMG in Witten gibt es neuerdings einen Schulhund. Das ist eher ungewöhnlich für ein Gymnasium. Doch die Besuche von Sammy lohnen sich.
Wenn die Kinder der Klasse 6d des Albert-Möller-Gymnasiums in dieser Woche das Gedicht von der Weihnachtsmaus vortragen, interessiert das zumindest einen im Raum nicht die Bohne. Sammy liegt auf dem Boden und schließt entspannt die Augen. Aber für Deutschlehrerin Kristina Mosler geht dieses Verhalten in ihrem Unterricht völlig in Ordnung. Schließlich soll Schulhund Sammy auch für mehr Ruhe in der Klasse sorgen.
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Seit Sommer ist Sammy ein regelmäßiger Gast am AMG. Der gut dreijährige Rüde von Kristina Mosler besucht seitdem vor allem den Unterricht der 6d, in der die 47-Jährige Klassenlehrerin ist. Er hat aber auch schon in einer Biostunde zum Thema „Hund“ Modell gestanden. Ganz offenbar genießt Sammy die Zeit mit den Schülerinnen und Schülern - schnuppert hier an einem Hosenbein, holt sich dort freundlich wedelnd eine kleine Streicheleinheit ab.
Wittener Schulhund ist klug und fröhlich
Keine Frage: Der hübsche Hund mag Menschen. „Ich habe bei der Auswahl der Rasse extra darauf geachtet, dass sie zum Schulhund taugt“, betont Mosler, der das Tier gehört. Denn schon vor der Anschaffung sei klar gewesen, dass der Vierbeiner sie möglichst in den Unterricht begleiten sollte.
Die Pädagogin entschied sich schließlich für einen „Golden Toller“, die kleinste der Retriever-Rassen. Sie gelten als klug und fröhlich, dabei leicht zu führen. „Ein echter Anfängerhund“, sagt sie. Sammy macht da keine Ausnahme. Nur ganz so aktiv wie erwartet ist der kleine Kerl nicht, sondern eher ein Exemplar der Sorte „fauler Hund“.
Aber auch dieser „Typ“ muss etwas lernen, bevor er sich Schulhund nennen darf. Sammy ist noch in der etwa einjährigen Ausbildung in einer Schulhundschule in Schwerte. Wobei: Eigentlich hat Frauchen Kristina mehr zu büffeln als er. „Geübt wird vor allem der Umgang mit Stress-Situationen“, erklärt sie.
Es gehe darum, rechtzeitig zu erkennen, wann der Hund unter Anspannung gerät, und vorsorglich reagieren zu können - damit Unfälle vermieden werden. Hygieneregeln stehen ebenfalls auf dem Stundenplan. Und der Grundgehorsam muss beim Hund natürlich sitzen. „Aber sonst steht in der Ausbildung ganz klar das Tierwohl im Vordergrund.“
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Klasse kommt jetzt schneller zur Ruhe
Auch die Mädchen und Jungen der 6d, die Sammy stolz „ihren Hund“ nennen, mussten lernen, was ihrem felligen Klassenkameraden guttut - und was nicht. Nicht rennen, nicht rufen. „Und wir sind jetzt leiser, weil ein Hund ja alles lauter hört“, sagt Stella. Das würde ihre Lehrerin zwar nicht voll und ganz bestätigen, aber sie gibt zu: „Die Klasse kommt tatsächlich schneller zur Ruhe, wenn er da ist.“
Auch David liebt seinen Klassenkameraden, den er zwischendurch mal streicheln kann. „Trotzdem lenkt der uns gar nicht ab“, sagt er. Ben hingegen findet es schön, dass er mit dem Hund kuscheln kann, wenn eine Arbeit mal nicht so ausgefallen ist wie gewünscht. „Das beruhigt so schön.“
Am Gymnasium eher selten
Schulhunde sind an weiterführenden Schulen, vor allem an Gymnasien, eher selten. Häufiger werden sie an Grund- oder Förderschulen eingesetzt.
In Witten gibt es außer Sammy noch einen „Lesehund“ am Ruhr-Gymnasium und seit kurzem auch den Schulhund Charly an der Adolf-Reichwein-Realschule. An den Grundschulen in der Ruhrstadt gibt es mehrere vierbeinige Klassenkameraden.
Ängstliche Kinder sind Sammys größte Fans
Wobei: So ganz oft muss Sammy wohl gar nicht trösten. „Seit er da ist, sind die Arbeiten alle gut ausgefallen“, erklärt Kristina Mosler, die Deutsch und Religion unterrichtet. Ob es daran liegt, dass er als Maskottchen beim Schreiben dabei war? „Vielleicht, aber er ist auch insgesamt ein Gewinn für die Klasse.“
Sammy sorge nicht nur für ein angenehmeres Lernklima. „Viele Kinder würden ohne ihn auch überhaupt keinen Kontakt zu Haustieren haben“, sagt die Lehrerin. Manche hätten sogar große Angst vor Hunden gehabt. „Die sind jetzt Sammys größte Fans.“ Die Pädagogin freut sich, dass sich das Projekt so gut angelassen hat.
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Noch ist Sammy vor allem in der 6d zu Gast, an etwa zwei Tagen pro Woche, manchmal aber auch schon in der Oberstufe. Die Resonanz sei durchweg positiv, auch im Kollegium und bei den Eltern, die natürlich vorher gefragt wurden, versichert Kristina Mosler. Bald soll der Hund auch andere Klassen besuchen. „Der Bedarf ist tatsächlich bei allen groß.“ Doch obwohl Sammy schon so viel gelernt hat: Ins Lehrerzimmer darf er nicht. Denn ein Kollege ist allergisch gegen Hunde.
Mehr Fotos von Sammys Einsatz im Unterricht gibt es hier.
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