Witten. Corona ist wieder auf dem Vormarsch und die Grippe steht vor der Tür. Apotheken in Witten fehlen aber Medikamente. Droht nun ein heißer Herbst?

Corona kehrt langsam, aber sicher zurück und gleichzeitig steht die Grippesaison vor der Tür. Die Apotheken in Witten werden in den kommenden Monaten vermutlich viel zu tun haben. Das Problem: Noch immer haben sie mit Lieferengpässen bei Medikamenten zu kämpfen. Eine schnelle Lösung scheint nicht in Sicht.

„Bisher spüren wir nicht, dass in irgendeiner Form Besserung eintritt“, sagt Philipp Werner, Inhaber der Adler-Apotheke in Annen. Die Probleme seien einfach zu vielschichtig. Auch über den Sommer habe sich nicht viel verändert. „Es gibt sowohl Liefer- als auch Produktionsprobleme.“ Problematisch sei vor allem die erhöhte Nachfrage nach Antibiotika. Auch für Kinder sind Fiebersäfte mit Paracetamol weiterhin schwer zu bekommen. „Das geht schon bei den Ausgangsmaterialien los. Die Arzneimittel kommen derzeit eher kleckerweise rein“, so der Apotheker.

Wittener Apotheker kritisieren Karl Lauterbach

Auch bei Antidiabetika würde es langsam knapp werden. „Auch hier ist die Nachfrage einfach zu groß“, sagt Werner Zwar würde man es immer noch hinbekommen, die Kunden zu versorgen. „Das ist aber schon mit viel Arbeit verbunden. So ein bisschen ist das Ganze wie Lotto spielen.“

Philipp Werner von der Adler-Apotheke in Witten-Annen (hier mit seiner Frau Dorothe) sieht keine schnelle Besserung im Hinblick auf den Medikamentenmangel.
Philipp Werner von der Adler-Apotheke in Witten-Annen (hier mit seiner Frau Dorothe) sieht keine schnelle Besserung im Hinblick auf den Medikamentenmangel. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Dabei hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verlauten lassen, dass man in diesem Herbst und Winter besser aufgestellt sei. Die Hersteller hätten ihre Produktion erhöht. Apotheker Philipp Werner bezweifelt aber, dass es entspannter abläuft. „Ich glaube nicht, dass diese Maßnahmen uns kurzfristig weiterbringen. Da wird sich nicht viel bessern“, sagt er. Langfristig könnten sich hingegen positive Effekte zeigen. „Eine erhöhte Vergütung für die Unternehmen könnte eine Lösung sein.“

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Überhaupt nicht zufrieden mit der Politik des Gesundheitsministers sind die „Bommeraner Apotheken“. „Er hat die Arzneimittelversorgung mit Einführung der Rabattverträge und anderer Drangsalierungsmaßnahmen der Hersteller maßgeblich mit vor die Wand gefahren“, ist bei Facebook zu lesen. „Selber auslöffeln muss er die Suppe ja nicht. Tun andere für ihn! Die Frage ist nur, wie lange noch?!“, heißt es weiter in dem Beitrag der Apotheke am Bodenborn.

Apotheker kann sich weitere Streiks vorstellen

Auch Erol Yilmaz, Inhaber der Central-Apotheke an der Hörder Straße, ist nicht gut auf den Minister zu sprechen. „Herr Lauterbach hat ein verzerrtes Bild der Realität. Er versucht, alles schönzureden und spart uns kaputt.“ Yilmaz selbst erlebt es eigenen Angaben zufolge täglich, dass Medikamente fehlen würden. Es gehe bei normalen Halstabletten los und ende bei Herzmedikamenten.

„Wir müssen immer wieder Alternativen finden. Dadurch dauern die Kundengespräche auch länger“, sagt der Apotheker. Er spricht von einer Beratungszeit von bis zu 30 Minuten. „Und dafür bekommen wir 50 Cent. Das ist eine Frechheit. Wir tun alles, damit wir die Patienten versorgen können. Es gibt aber überhaupt keine Wertschätzung der Regierung.“

Auf die anstehende Grippewelle blickt Yilmaz mit Sorge. „Man kann nur hoffen, dass diese mild ausfällt. Ansonsten haben wir ein echtes Problem.“ Auf Dauer könne es so nicht weitergehen. „Wir waren bis jetzt immer sehr ruhig. Aber das hat bald ein Ende. Wir Apotheker müssen mehr in die Öffentlichkeit, um auf unsere Lage aufmerksam zu machen.“

Yilmaz, der andere Kollegen coacht, könnte sich deshalb vorstellen, Streiks auszuweiten. „Dann machen wir eben mal zwei, drei Tage dicht. Ich will das selbst natürlich auch nicht. Aber ansonsten werden wir von der Politik ja nicht gehört.“ Es droht also nicht nur wegen der Grippe ein heißer Herbst.

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