Witten. Die Deutsche Marktgilde kümmert sich ab 1.9. um die Wittener Wochenmärkte und stellt gleich neue Regeln auf. Das kommt bei Händlern nicht gut an.
Schon lange haben die Händler Alarm geschlagen, dass sich etwas ändern muss, damit es mit dem Wochenmarkt in der City nicht weiter abwärts geht. Nun ist es soweit: Ab September gibt das Stadtmarketing die Organisation der Wochenmärkte in Witten an die Deutsche Marktgilde ab. Doch neuer Ärger scheint vorprogrammiert.
„Aufgrund der knappen Personalsituation konnte seitens des Stadtmarketings keine engmaschige Betreuung der Markthändler gewährleistet werden“, sagt Geschäftsführerin Sandra Gagliardi. Deshalb werde die Deutsche Marktgilde für die nächsten drei Jahre die Koordination der Wochenmärkte übernehmen. Gemeinsam wolle man diese „noch attraktiver gestalten und in die Zukunft führen“, ergänzt Martin Rosmiarek, Niederlassungsleiter der Deutschen Marktgilde und zuständig für die Region.
Wittener Markthändlerin: Uns hat keiner gefragt
Acht Händler stehen an diesem Dienstagvormittag auf dem Rathausplatz: Es gibt zweimal Gemüse, außerdem Frischgeflügel, Schlesische Wurstwaren, holländische Fischspezialitäten, Honig und zwei Stände mit Kleidung und Taschen. „Wenig los heute“, sagt ein Kunde zu Özlem Tastan, die mit ihrem Mann Ayhan seit zehn Jahren in Witten Backfisch und Kibbeling anbietet.
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Die 43-Jährige hat die Neuigkeiten schon – wie alle anderen – per E-Mail erfahren. „Keiner hat uns gefragt, ob wir das okay finden“, sagt sie, will aber optimistisch bleiben. „Mal schauen, ob’s was bringt.“ Ihre Erwartungen: „Dass mehr Händler kommen. Dass der Markt attraktiver wird. Dass es einen Marktleiter gibt, der sich kümmert.“
Deutsche Marktgilde stellt in Witten neue Regeln auf
Zunächst aber sei ihr sauer aufgestoßen, dass die Marktgilde gleich ein neues Regelpaket mitgeliefert hat. So dürfen die Händler ab September ihren Müll nicht mehr in eine der großen Tonnen entsorgen, die vor dem Celestian-Gebäude stehen. Darauf habe sie sofort reagiert.
„Wohin soll ich denn mit meinen Müll. Ich kann ihn doch nicht stundenlang im Wagen lagern“, sagt Özlem Tastan. Dass sie ihren Standplatz sauber hinterlässt, sei selbstverständlich. „Doch wie oft musste ich morgens schon Scherben wegfegen, die hier herumlagen.“
Auch Joshua Rösel (19) vom Gemüsestand fände es ärgerlich, wenn er die Tonne nicht mehr nutzen könnte. Außerdem befürchtet er, bald eine Gebühr für sein Fahrzeug zahlen zu müssen, das hinterm Stand parkt. Trotzdem hofft auch er, dass es besser wird. „Ein Käsestand und ein Metzger wären toll“, wünscht er sich, bezweifelt aber, dass tatsächlich neue Händler kommen. „Witten hat da einen schlechten Ruf.“
„Markthändler sollen Müll selbst entsorgen“
Genau den will die Deutsche Marktgilde aufpolieren. „Die Übernahme ist schnell erfolgt, nun müssen wir den Händlern erstmal erklären, wer wir sind“, sagt Martin Rosmiarek. Der Regionalleiter weiß, dass solch ein Wechsel oft mit Existenzängsten der altgedienten Händler einhergeht. „Wir sind bemüht, diese auszuräumen.“
Sein erster Eindruck vom Wochenmarkt in der City: Er habe die wenigen Stände vor lauter parkenden Autos fast nicht gesehen. Deshalb sollen Fahrzeuge, die nicht unmittelbar etwas mit dem Verkauf zu tun haben, dort in Zukunft nicht mehr stehen.
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Das Thema Müll sei heikel, weiß Rosmiarek. Derzeit veranstaltet die Marktgilde in über 120 Kommunen wöchentlich circa 250 Markttage. „Für uns ist es gang und gäbe, dass die Händler möglichst wenig Müll verursachen und diesen selbst entsorgen. Schließlich bekommen sie auch eine besenreine Fläche.“ In Annen, habe er festgestellt, wachse während des Marktes der Müllberg auf dem Platz. Das sei wenig attraktiv.
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Dass sich außerdem die Berechnung der Marktgebühr ändern wird, heiße nicht, dass sie sich zwangsläufig erhöht. Wurde bisher der laufende Meter eines Standes berechnet, wird in Kürze die Quadratmeterzahl zugrunde gelegt. Denn alle Stände seien unterschiedlich tief. „Dies nicht zu berücksichtigen, ist unfair.“
Rosmiarek wird zunächst regelmäßig selbst vor Ort sein. Auch einen ortsansässigen Marktleiter soll es geben. „Den stellen wir noch ein.“ Die Händler dürfen auf Tipps hoffen, wie sie ihre Stände besser aufbauen. Weitere Pläne: Es soll mehr Frischware geben und mehr Imbissangebote mit Sitzplätzen, damit die Verweildauer zunimmt. „Denn davon profitiert der ganze Markt.“