Witten. Für die Bischöfe ist der Reformprozess ein Meilenstein. Zwei Katholiken in Witten hoffen zwar auf Veränderung, sehen das aber etwas anders.
Das Ergebnis des am Wochenende abgeschlossenen Reformprozesses „Synodaler Weg“ in der katholischen Kirche in Deutschland hat auch in Witten gemischte Reaktionen hervorgerufen. Viele Beschlüsse stehen für eine liberalere Kirche. Trotzdem macht sich bei Katholiken eher Enttäuschung breit. „Es klingt zwar gut, aber das ist alles sehr weichgespült“, sagt etwa Benno Jacobi. Nicole Schulz hat wenig Hoffnung auf konkrete Umsetzungen.
Der 66-jährige Jacobi, der sich schon seit Jahren offen zu seiner Homosexualität bekennt, ist Vorsitzender des Pfarrgemeinderats von St. Peter und Paul. Die Gemeinde, zu der auch Herbede zählt, gehört zum Bistum Essen. Er habe die Versammlungen und Debatten teils im Livestream verfolgt. Nun sei er noch dabei, seine Eindrücke zu sortieren. „Ich bin hin- und hergerissen“, sagt Jacobi über die Ergebnisse.
Wittener reagieren eher skeptisch
So fordern die Delegierten beispielsweise die Weihe von Frauen zu Diakoninnen, Laienpredigten in Gottesdiensten, Segnungsfeiern – keine Trauung – für homosexuelle Paare und die Anerkennung der Vielfältigkeit geschlechtlicher Identitäten. Das alles sei sicherlich gut, so Jacobi. Jedoch sehe er in solchen Beschlüssen keinen Meilenstein, sondern eher „Trippelschritte“ – wie es auch der Theologe Daniel Bogner kritisch formuliert hatte.
Ob die Ergebnisse des dreijährigen Reformprozesses tatsächlich umgesetzt werden, „das steht letztlich unter römischem Vorbehalt“, sagt Benno Jacobi. Auch bleibe abzuwarten, ob die Teilnehmer der Weltbischofssynode im Oktober die deutschen Forderungen ähnlich sehen. Jacobi ist skeptisch: „Schon innerhalb Europas gibt es da sehr große Unterschiede.“ So seien etwa Gender-Fragen östlich von Deutschland kein Thema oder würden, wie in Polen, schlichtweg abgelehnt. Ganz zu schweigen von der Haltung auf anderen Kontinenten. In Sambia seien katholische Bischöfe der Meinung, gleichgeschlechtliche Menschen gehörten eingesperrt.
Wittener hoffen dennoch auf mehr Freiheiten
Dass die Ergebnisse des Synodalen Wegs letztlich „weichgespült“ seien, damit meint Jacobi bestimmte Formulierungen. Statt „Der Papst ist aufzufordern“, heiße es nun oftmals nur noch „er ist zu bitten“. „Und Rom grätscht im Moment sehr quer“, sagt der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates. Dennoch hofft er, dass es mehr Freiheiten bedeutet, was die deutschen Bischöfe auf den Weg gebracht haben.
Nicole Schulz, die seit einem halben Jahr den Erneuerungsprozess in den sieben zum Bistum Paderborn gehörenden Gemeinden mit leitet, findet den Synodalen Weg eigentlich „großartig“. „Anders geht es ja gar nicht“ sagt die 31-jährige Gemeindereferentin. Aber, auch das sagt sie, vieles davon passiere ja schon. Laienpredigten, Segnungsfeiern homosexueller Paare – längst möglich. „Aber bisher nicht legal“, ergänzt Benno Jacobi. „Die Bischöfe tolerieren das, so lange es keinen Ärger gibt.“
Bistum Paderborn aktuell ohne Bischof
Auch das Bistum Paderborn sei sehr kulant und offen, allerdings derzeit ohne Bischof. Man sei sehr gespannt, ob auch der neue Bischof diese Akzeptanz mitbringe, so Schulz. In Witten jedenfalls bewege sich gerade einiges. „Bei unserem Zukunftstag im Januar waren über 100 Teilnehmer, die beim Erneuerungsprozess mitmachen und vor Ort etwas verändern wollen.“
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Gerade sei eine neue Arbeitsgruppe entstanden, die sich dem Thema „Laien in der Kirche. Frauen in der Kirche“ widmet. Schulz: „Wir sind dabei, eine Richtung zu bestimmen.“ Ihr dauere dieser, wie auch der Prozess des Synodalen Wegs, viel zu lange. Aber in der katholischen Kirche, sagt sie, habe alles immer schon lange gedauert.
Dazu gehört beispielsweise auch die Anerkennung, dass die sexuelle Orientierung von Mitarbeitern der katholischen Kirche keine Rolle spielt. „Das ist ein Meilenstein“, sagt Benno Jacobi – und sei dem öffentlichen Druck geschuldet. Das sei es, worauf die Amtskirche reagiere.