Witten. Priestermangel, Mitgliederschwund, Unzufriedenheit: Die Katholische Kirche in Witten will sich verändern. Nun diskutieren die Gläubigen.
Der sogenannte Pastorale Prozess treibt zurzeit die katholischen Gläubigen um, denn viele bisherige Gepflogenheiten des Gemeindelebens müssen dabei wahrscheinlich aufgegeben werden. Dieser Erneuerungsprozess startet zwar im Auftrag des Erzbischofs von Paderborn, soll aber entgegen der langjährigen Gepflogenheit der katholischen Kirche nicht „von oben“, sondern durch die Kirchengemeinden selbst erarbeitet werden. Um was es genau geht, wie der Zeitplan und wie die Beteiligungsmöglichkeiten aussehen, stellte die Herz-Jesu Kirche am Sonntag (23.10.) in ihrem gut besuchen Gemeindesaal in Bommern vor.
Prozess läuft in jeder Gemeinde Wittens
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Anlass für die spürbar größer werdende Unzufriedenheit gibt die katholische Kirche von sich aus mehr als genug: angefangen von den unrühmlichen und heftig diskutierten Verfehlungen von Priestern, der Umgang damit vor allem in der Domstadt Köln bis hin zu den dramatisch sinkenden Besucherzahlen in den Messen und dem parallel rapide abnehmenden Priesternachwuchs.
Als Reaktion hat das Bistum Paderborn eine umfangreiche Zukunftsvision erarbeitet. Die rund 19.000 Katholiken in der Ruhrstadt erwartet ein gewaltiger Umbruch – bei dem sie mitreden können. Das passiert in jeder der sieben katholischen Gemeinden Wittens anders. Mitunter lassen sich nur die Kirchenvorstände informieren, Bommern wählte eine Gemeindeversammlung. Ausgenommen ist Herbede, das dem Bistum Essen angehört.
Konservative nicht aus dem Blick verlieren
Das Interesse ist offenbar groß: Nach Gottesdienst und einer warmen Suppe kamen am Sonntagmittag viele Kirchenmitglieder in das Gemeindehaus an der Kapellenstraße. Dorthin hatten der Gemeindereferent und Leiter des Pastoralprozesses Dominik Mutschler zusammen mit der Vorsitzenden des Gesamtgemeinderates von sieben Kirchengemeinden in Witten Michaela Winkelhardt. Auch Friedrich Barkey, der leitender Pfarrer des Pastoralen Raumes Witten, gab einen kleinen Gastvortrag.
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Sie sind sich einig: Änderungen sind notwendig. „Dabei sollen aber auch nicht die Menschen mit konservativen Einstellungen aus dem Blick verloren werden“, so Mutschler in Hinblick auf die Kritik einer Gruppe frommer Katholiken in Witten. Vorbereitet lagen an jedem Platz kleine Karten mit der Frage: „Wozu bist du da, Kirche in Bommern?“ Auf ihnen konnten die Teilnehmer erste Ideen und Wünsche für eine Kirche mit Zukunft notieren.
Gemeindereferenten versprechen Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Zehn Schwerpunkte, sogenannte Labore, waren bereits vor der Infoveranstaltung identifiziert. Die Themen reichen von Spiritualität, Kunst und Kultur und Ehe über Taufe, Erstkommunion und Firmung bis hin zu Kirchenmusik, Caritas und auch Immobilien.
Zwei Kirchen geschlossen
Im Gespräch mit unserer Zeitung hatte Gemeindereferent Dominik Mutschler skizziert, wie ein Pastoraler Prozess aussehen könnte – schließlich hat er den gleichen Prozess bereits in Herne begleitet.
Dort wurden zum Beispiel zwei Kirchen geschlossen und stehen nun anderen Initiativen zur Verfügung. Regelmäßige Gottesdienste gibt es nur noch in drei Kirchen. Die Erstkommunion oder große Feiertage werden in einer Kirche gefeiert, dafür aber „als richtiges Happening“.
Gesucht seien deshalb Mitstreiter, die eigene Ideen erarbeiten und in den nächsten Wochen einbringen und so einen einen Veränderungsprozess möglich machen wollen. „Die Kirche bietet dazu eine echte Entscheidungskompetenz, ehrliche Partizipation und eine wertschätzende Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, verspricht Mutschler.
Am 28. Januar erfolgt die Vorstellung erster Ergebnisse in der Werkstadt. Der Pastorale Prozess läuft insgesamt über zwei Jahre und soll im Sommer 2024 beendet sein. Einige spontane Nachfragen seitens der Teilnehmer zeigten, dass das Interesse geweckt schien.