Witten. Veränderungen? Nein, danke. So reagieren fromme Katholiken auf die zukünftigen Pläne ihrer Kirche in Witten. Sie üben heftige Kritik.

Die katholische Kirche in Witten steht vor einem gewaltigen Umbruch: Darauf hatte Gemeindereferent Dominik Mutschler die Menschen vergangene Woche im Gespräch mit unserer Redaktion eingeschworen. Nun folgen die ersten Reaktionen: Eine Gruppe streng Gläubiger aus dem Pastoralen Raum will sich ihre Traditionen nicht wegnehmen lassen und lehnt die anstehenden Veränderungen ab.

„Wir leiden schon seit vielen Jahren“, sagt etwa Waldemar Klimek. Angesichts der aktuellen Pläne mache sich Wut und Enttäuschung gerade unter den konservativen Katholiken breit. Der 49-Jährige ist selbst Mitglied im Pfarrgemeinderat einer Wittener Gemeinde und sehr in der Kirche engagiert, wie er erzählt. Noch nie habe er sonntags einen Gottesdienst ausfallen lassen. Nun spricht er vor allem für jene, die ebenfalls großen Wert auf regelmäßige Messen und das Erteilen der Sakramente legen.

Wittener Gläubige: Wollen keine Veränderungen

Dass die sieben katholischen Gemeinden sich auf viele Zumutungen einstellen müssten, nämlich darauf, „einen riesigen Sack an Traditionen“ über Bord zu werfen, wie Mutschler es formuliert hatte, lässt die tief im Glauben verwurzelten Christen regelrecht verzweifeln. „Wie kann ein Laie wie der Gemeindereferent über die Zukunft der mehr als 2000 Jahre alten Kirche entscheiden?“, fragen sie. Wohl wissend, dass die Kirche an den Missbrauchsfällen zu knacken hat. „Da muss die ganze Wahrheit ans Licht“, sagt auch Klimek.

Auch interessant

Doch weitreichende Veränderungen? Noch weniger Gottesdienste? Noch weniger Pfarrpersonal? Nein, Danke, sagen die Gläubigen. „Die Leute suchen doch nach einem Ort, wo sie ihren Glauben leben können“, sagt eine 79-jährige Frau aus Witten. Als Beispiel nennt sie die Treffen jeden Mittwochabend vor der Marienkirche. Dort würden seit Dezember 2021 regelmäßig bis zu 50 Menschen bei Wind und Wetter zusammenkommen. Die Treffen seien Teil der bundesweiten Initiative „Deutschland betet Rosenkranz“, zu der eine Gruppe freiwillig handelnder Christen aufgerufen hatte.

Kritik richtet sich nicht gegen alle Wittener Gemeinden

Sie wollen für diese Gebete ja gar nicht ins Gotteshaus hinein. Doch in Witten nehme, anders als etwa in Gemeinden anderer Städte, kein Priester daran teil. Meist kniend und stehend verbringen die Menschen dort im Gebet. Sie selbst sei auch dabei, sagt die Seniorin. Schließlich gebe es in St. Marien bereits in der dritten Woche keine Messe mehr an Werktagen. Was der Urlaubszeit geschuldet sein könnte. Doch auch Mai- und Rosenkranzandachten würden nicht mehr stattfinden. „Ich bin schockiert“, sagt die Frau.

Das solch eine Entwicklung zur Konsequenz habe, dass noch weniger Katholiken die verbleibenden Angebote besuchen, gar austreten, verwundere sie und ihresgleichen nicht. Dass es oft keine Vertretung für urlaubende Pfarrer gebe, verstehen sie nicht. „Nicht alle haben ein Auto, um zu einer anderen Kirche zu fahren.“

Ihre Kritik richte sich nicht gegen alle Gemeinden. Aber dass es beispielsweise am Sonntagabend keine Messe mehr in St. Marien gebe, verärgere sie sehr. „Ich arbeite in der Pflege und habe zu einer anderen Uhrzeit am Wochenende keine Zeit“, sagt etwa eine 37-jährige Katholikin. Waldemar Klimek ist ratlos: „Ich weiß nicht, warum das hier nicht funktioniert.“ Man habe Tausende von Euro für eine neue Orgel gesammelt und dann sei die Marienkirche ständig zu. Seit Wochen habe auch kein Messdiener mehr am Altar gestanden.

Pfarrgemeinderat: Wittener Kirche bietet uns nichts

Die Priester, fordern fromme Gläubige wie Klimek, „sollten Gott dankbar sein für die wenigen Schäfchen, die noch kommen“ und sich der verbliebenen Gemeinde anpassen. Ihr Beruf sei schließlich Berufung. Stattdessen würden vier Messen gestrichen – bei gleichem Pfarrpersonal.

Klimek sagt, er habe schon beim Bistum Paderborn angerufen. Dort habe man ihm gesagt, er solle sich an den zuständigen Pfarrer wenden. Klimek: „Wir werden nicht ernst genommen.“ Ein Pfarrer müsse doch auf die Bedürfnisse seiner Gemeinde reagieren. „Doch unsere Wittener Kirche bietet uns nichts.“

Die 79-Jährige jedenfalls fährt längst mit dem Bus dorthin, wo zum passenden Zeitpunkt eine Messe stattfindet. Noch sei sie dazu in der Lage. „Ich gehe nicht in die Kirche wegen dem Priester. Aber ich möchte die Eucharistie mit Würde feiern.“ So, wie sie es von klein auf getan habe.