Witten. Das mögliche Fehlverhalten von Papst Benedikt im Zuge des Missbrauchskandals empört und frustriert Wittener Gläubige. Was sie besonders entsetzt.

Friedrich Barkey nimmt kein Blatt vor den Mund. „Das ist eine Katastrophe, ich bin wütend und enttäuscht“, kommentiert der Leitende Pfarrer der katholischen Gemeinden das mögliche Fehlverhalten von Papst Benedikt XVI. angesichts der Fälle von sexuellem Missbrauch. Für Gläubige werde es immer schwieriger, zur katholischen Kirche zu stehen.

Massive Kritik am Verhalten der Kirchenoberen

Dass nun gerade der Papst aus Deutschland, auf dem so viele Hoffnungen ruhten, es mit der Wahrheit womöglich nicht so genau genommen hat, sei für viele Menschen hierzulande kaum erträglich, sagt Barkey, Vorsitzender des „Pastoralen Raums“ in Witten. Seit mittlerweile zwölf Jahren komme die Aufklärungsarbeit nur schleppend voran, „immer wieder werden neue Fälle bekannt“, so der katholische Geistliche. Derweil würden die Kirchenoberen offenbar Täter decken und Taten vertuschen. Erschütternd sei das Ausmaß des Missbrauchs, wie er jetzt nach und nach ans Tageslicht komme.

Für das pastorale Team, das sich um die Seelsorge kümmere, sowie für Beschäftigte der Kirche generell werde die Arbeit immer schwieriger. Denn bei den Mitarbeitern lande viel Wut und Empörung. Große Sorge hat Barkey, weiterhin noch Menschen zu finden, die sich für eine ohnehin schon geschrumpfte Kirche engagieren.

In Witten sei die Zahl der Austritte zwar recht moderat. Sie bewegt sich bei rund 100 pro Jahr. Doch damit könne man keineswegs zufrieden sein. Ein reges Interesse an Fragen des Glaubens ist nach Erfahrungen von Barkey nach wie vor vorhanden. Das spiegele sich in Gesprächen mit Familien im Vorfeld von Taufen oder auch Beisetzungen wider. Auf Distanz gehen die Menschen indes ganz eindeutig zur Kirche, erklärt der Pfarrer.

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Gemeinderatsvorsitzender in Witten hat Posten aufgegeben

Dies verspiele derzeit auch jeden moralischen Anspruch. In vielen ethischen Themen, von der Sterbehilfe über soziale Gerechtigkeit bis hin zum Klimaschutz, sei die Kirche aber eigentlich ein gefragter Gesprächspartner oder zumindest bislang gewesen, sagt Friedrich Barkey. Doch wenn deutlich werde, wie die Kirchenoberen mit ihrer Verantwortung umgehen, dann gehe die Glaubwürdigkeit verloren.

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Er geht davon aus, dass einzelne Seelsorger in den Gottesdiensten am Wochenende in ihren Predigten auf die aktuellen Entwicklungen eingehen. Die Gläubigen warten nach seinen Worten durchaus auf eine klare Position von den örtlichen Pfarrern.

Der Gemeinderat von St. Peter und Paul in Herbede hatte im vergangenen Jahr, als unter anderem die Vorwürfe gegen den Kölner Kardinal Wölki aufkamen, klare Kante gezeigt. Das Gremium fordert seither, dass Verantwortliche in der Kirche auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Bis Dezember war Michael Günzel Vorsitzender des Gemeinderates. Im Zuge einer Umstrukturierung stand die Frage an, ob er sich weiterhin dort engagieren will. Unter anderem aufgrund der kirchlichen Vorgänge in jüngster Zeit hat er davon Abstand genommen.

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