Witten. Die Kita Wannen gibt’s schon lange in Witten-Heven. Im Jubiläumsjahr standen viele besondere Projekte an. Doch Corona ist längst nicht vergessen.
Nach Party sieht es an diesem Tag irgendwie nicht aus in der Kita Wannen in Heven. Überall liegen gelbe Kabel herum. Bohrlärm ist zu hören. Ein Elektriker kümmert sich gerade darum, dass es hier mit dem Internet besser fluppt. Und das ist ja auch ein schönes Geschenk zum Geburtstag. Vor 25 Jahren hat die Lebenshilfe sich mit der ersten integrativen Kindertageseinrichtung in Witten auf den Weg gemacht.
In den letzten Wochen haben Kinder und Erzieherinnen schon gefeiert. Es gab Sport- und andere Bewegungsfeste. Der Elternrat hat Waffeln gebacken. Glückssteine wurden verteilt. Auch ein Fußballturnier haben die Jungen und Mädchen bestritten und dafür vorher mit dem TuS Heven trainiert. „Das war ein tolles Erlebnis. Die Kooperation mit dem Verein werden wir fortsetzen“, sagt Kita-Leiterin Caroline Heimann (57). „Bewegung, die bei uns ohnehin groß geschrieben wird, schafft so viele positive Nebeneffekte.“
Wittener Kita traut sich nach Corona noch nicht komplett zur Normalität zurück
Deshalb steht im Flur, der fast Hallenformat hat, ein riesiges Trampolin. Und bald wird daneben das Schnitzelbad eingeweiht, auf das sie so lange gespart haben: Statt mit Bällchen ist es mit großen Klötzen aus Schaumstoff gefüllt. Jede Menge Platz für Freudensprünge also. Denn Corona hat ihnen lange den Spaß vermiest. „Die Kinder konnten viele Spielmöglichkeiten nicht nutzen, wir hätten ja immer alles desinfizieren müssen“, sagt Heimann.
Noch immer trauen sie sich nicht ganz zur Normalität zurück, tragen manche Mitarbeiterinnen Masken und fremde Besucher sowieso. Zu gebeutelt war die Kita durch die Pandemie. „Trotzdem waren wir fast jeden Tag vor Ort, natürlich mit strengen Auflagen“, betont Heimann. Die Kinder der vier Gruppen wurden strikt getrennt. Als die Regeln gelockert wurden, habe es herzzerreißende Szenen gegeben. „Viele Kinder haben sich umarmt. Manchen hat da mächtig was gefehlt.“
Wittener Kita-Leiterin: Beratungsbedarf ist gestiegen
Überhaupt wird Corona auch hier im Alltag lange nachwirken. Heimann spürt: „Das Team ist erschöpft. Und wir merken jetzt, dass die Pandemie Spuren bei den Familien hinterlassen hat.“ Der Beratungsbedarf, auf den die Kita ohnehin großen Wert legt, sei gestiegen. „Eltern sind stark verunsichert, was ihr Kind können muss und was nicht. Denn fast zwei Jahre lange fehlte ihnen ja der direkte Vergleich.“
Entwicklungsrückstände seien oft die Folge. Heimann nennt ein deutliches Beispiel: „Ein dreijähriges Kind, das nicht spricht – da stimmt was nicht.“ Vier Kinder, die eigentlich zum Sommer in die Schule kommen sollten, seien auf Wunsch der Eltern zurückgestellt worden. Das Programm „Aufholen nach Corona“ könne auch ihre Kita gut gebrauchen. Doch es gelte nur für ab Sechsjährige und nur für 20 Kinder gleichzeitig. „So viele Kinder in dem Alter haben wir gar nicht.“
Wittener Kita arbeitet eng mit Frühförderstelle zusammen
Natürlich gebe das Team alles, um Defizite bei den Kleinen auszugleichen – zumal als inklusive Kita, die bis zu zehn Kinder mit Beeinträchtigungen aufnimmt. „Aber wir setzen auch auf Vorbeugung und arbeiten eng mit der Frühförderstelle der Lebenshilfe zusammen.“
Familienzentrum seit 2007
Die Lebenshilfe betreibt in Witten vier Kitas, darunter die Kita Wannen als erste integrative Kita in der Stadt – heute heißt das übrigens „inklusiv“. Mit drei Gruppen hat am Wannen 81 alles angefangen. Inzwischen gibt es 68 Kinder in vier Gruppen.
Seit 2007 ist die Hevener Kita auch Familienzentrum. Seitdem heißt sie offiziell: Lebenshilfe Familienzentrum „Kita Wannen“. Viele Flüchtlingskinder haben dort einen Platz. Für einen Deutschkurs wird gerade eine Lehrerin gesucht.
Seit 2010 nimmt die Kita Wannen auch Zweijährige auf. Im Jahr 2013 hat sie sich für Einjährige geöffnet. „Wir haben immer geguckt, wie der Bedarf ist“, sagt Leiterin Caroline Heimann. Auch Öffnungszeiten wurden entsprechend angepasst.
Die hat ihren Platz – wie praktisch – gleich nebenan. Heimann ist selbst Heilpädagogin und Erzieherin: „Regelmäßig sind Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten vor Ort. Ein Familienzentrum sollte so etwas anbieten.“ Das alles sei als Angebot zu verstehen: „Wir sagen ehrlich unsere Meinung. Letztlich sind aber die Eltern verantwortlich und entscheiden über das Maß an Förderung.“
Caroline Heimann leitet die Kita Wannen von Anfang an. „Mein Herz hängt am Haus.“ Doch auch sie sei während Corona an ihre Grenzen gestoßen. „Mein Telefon hat zuhause bis 21 Uhr geklingelt. Ich habe 100 Mails pro Tag bekommen“, schildert sie die Situation in der heißen Phase. Inzwischen mache ihr besonders die mangelnde Wertschätzung zu schaffen. Und, ja, auch der Fachkräftemangel.
Mit sämtlichen Praktikanten sind sie 22 im Team. „Wenn alle da sind, läuft es super.“ An diesem Mittwoch fehlen sieben Kolleginnen: Fünf seien im Urlaub, zwei krank. Eine Stelle sei gerade frei. „Wir schaffen auch Unmögliches. Aber wenn die Aufsichtspflicht nicht gewährleistet ist, muss ich die Eltern schon mal bitten, ihre Kinder früher abzuholen.“
Vorschulkinder haben Eltern ein Drei-Gänge-Menü serviert
Doch zurück zu den schönen Dingen des Kita-Alltags im Jubiläumsjahr. Vor allem die 18 Vorschulkinder machen gerade eine spannende Zeit durch. „Manche haben Angst, manche genießen jeden Tag, den sie noch hier sind“, weiß Heimann. Aber alle hatten zum Abschluss Spaß an ihrem Kochprojekt. Da wurde geschnippelt und gerührt, geraspelt und geknetet. Verschiedene Gerichte haben sie ausprobiert und dann den Eltern ein Drei-Gänge-Menü serviert. Mit passenden Schürzen und Hauben – wie im Sternerestaurant. Eine Erinnerung fürs Leben.