Witten. Viele Wittener kaufen gern in Annen auf dem Wickmanngelände ein. Ein Bebauungsplan soll verhindern, dass der Standort weiter die City schwächt.
Der Real-Markt in Witten ist erst wenige Tage geschlossen, doch bereits jetzt ist klar: Das Areal zwischen Annen- und Westfalenstraße, bekannt als „Wickmanngelände“, könnte in den nächsten Jahren an Attraktivität deutlich gewinnen – und mit seinen kostenlosen Parkplätzen, guter ÖPNV-Anbindung und vielen Fachmärkten wie Lidl, Netto, Futterhaus, dm, Kik, Jysk oder Deichmann plus weiteren Neuansiedlungen der kriselnden Innenstadt gefährlich werden. Die Stadtverwaltung will nun mit einem Bebauungsplan gegensteuern, um einmal mehr „negative städtebauliche Auswirkungen“ zu vermeiden.
Die Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel ist an dieser Stelle – bis 2005 Sitz der Firma Wickmann – schon immer strittig. Erinnert sei an den Streit um einen Elektro-Fachmarkt. Investor Michael Schöpke wollte für Berlet bauen, Stadt und Verwaltung aber die Innenstadt mit Saturn und Euronics Kutsch schützen. Schöpkes Klage gegen den alten Bebauungsplan war erfolgreich. Inzwischen gilt die Genehmigung für einen Elektromarkt von 1500 m² noch immer, doch Berlet ist längst nach Dortmund gezogen.
Wickmanngelände hat eine weitreichende Strahlkraft
Der B-Plan wird nun am Donnerstag (9.6.) im Stadtentwicklungsausschuss diskutiert. „Dort dürfen keine riesigen Geschäfte entstehen. Die Ansiedelung von Betrieben über 799 qm Fläche schließen wir aus, machen für die bestehenden Händler aber Ausnahmen möglich“, so Planungsamtschef Sebastian Paulsberg. Lidl oder KiK zum Beispiel könnten sich erweitern. „Dort läuft aber zurzeit kein konkretes Bauvorhaben.“
Grundlage des B-Plans ist eine Einzelhandelsanalyse des Dortmunder Stadtplanungsbüros „Stadt + Handel“. Sie zeigt, dass sich in den letzten Jahren in puncto Handel viel in Witten verändert hat: Die City sinkt mit der Schließung von Galeria Kaufhof weiter ab. In den Stadtteilen dagegen rüsten vor allem die Lebensmittelhändler auf. Dessen Fazit: Das Sortiment müsse eingeschränkt werden. Von einer Ansiedlung im Sortiment Elektrokleingeräte/neue Medien raten die Gutachter weiterhin ab und schließen Einzelhandelsbetriebe mit Spielwaren, Schuhen und Sportartikeln „auch mit nichtgroßflächiger Verkaufsfläche“ sogar aus.
„Unser Ziel ist der Zentrumsschutz“, erläutert Paulsberg. Das Wickmanngelände sei zwar ein wichtiges Stadtteilzentrum, Annen habe ja auch viele Einwohner. „Aber es hat eine große Autoaffinität.“ Kostenlos parken, „den Kofferraum vollmachen“, das gehe zulasten der Innenstadt.
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Ganz klar attestiert das Gutachten dem Standort Annenstraße/Westfalenstraße „aufgrund seiner Lage, verkehrlichen Erreichbarkeit und Einsehbarkeit“ eine positive Zukunft. „Die Anbieter auf dem Wickmanngelände profitieren aktuell wie perspektivisch von einer weitreichenden Strahlkraft und nennenswerten Kopplungsvorteilen“, heißt es. Eine Ausweitung der Verkaufsfläche würde den Effekt verstärken. „Das Wickmanngelände muss hinsichtlich seiner Angebotsstruktur der Wittener Innenstadt untergeordnet bleiben“, lautet die Schlussfolgerung der Gutachter.
Supermärkte erweitern Verkaufsflächen
Viele Lebenshändler in Witten rüsten zurzeit auf: In Rüdinghausen hat sich Rewe auf 1450 m² Verkaufsfläche erweitert, das alte Gebäude wird durch einen Getränkemarkt weiterhin genutzt. Der Aldi am Hellweg hat sich auf 1290 m² vergrößert, der Aldi an der Dortmunder Straße auf 1200.
Geplant ist außerdem eine Vergrößerung des Edeka an der Crengeldanzstraße auf 2200 m² plus die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes auf dem Schnee mit 800 m² Verkaufsfläche.
Annen hat den höchsten Umsatz bei Lebensmitteln
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Wie stark Annen als Einzelhandelsstandort insgesamt ist, zeigt sich auch in der Analyse für „Nahrungs- und Genussmittel“: Das meiste Geld für Lebensmittel geben die Wittener laut Gutachten nicht in der einwohnerstarken Innenstadt aus. 15,4 Millionen Euro, plus Boni-Center mit 5,2 Mio Euro, werden dort jährlich erwirtschaftet.
Annen kommt auf 26,1 Millionen Euro Jahresumsatz, unter anderem mit Lidl, Penny, Netto und dem nun geschlossenen Real-Markt. Angeblich soll an diesem Standort in einigen Jahren in einem sanierten oder komplett neu gebauten Gebäude Kaufland eröffnen. Offiziell bestätigt ist dies nicht. Die Immobilie an der Annenstraße 133 gehört aber schon Kaufland.