Witten. Die Stadt soll sich doch noch für den Erhalt des Wittener Vöckenbergs aussprechen. Das fordern zwei Bürgeranträge und die Piraten.

Wird der Vöckenberg künftig als Gewerbefläche im Regionalplan Ruhr ausgewiesen oder bleibt er eine Grün- und Freifläche? Eine wichtige Weiche für diese Entscheidung wird vermutlich im heutigen Haupt- und Finanzausschuss gestellt. Denn zwei Bürgeranfragen bringen das Thema wieder auf die Tagesordnung und fordern, dass die Stadt Einspruch gegen die bisherigen Planungen des Regionalverbands Ruhr (RVR) erhebt.

Bislang ist das Gelände mit seinen rund 20 Hektar im neuen Entwurf des Regionalplans als Gewerbegebiet ausgewiesen. Der Plan legt fest, wie welche Flächen genutzt werden können, etwa als Wohngebiet, für industrielle Zwecke oder für die Landwirtschaft. Schon seit Jahren ringen Politik und Einwohner um den Vöckenberg. Für die Gegner – in der Mehrzahl Stockumer Bürger – war und ist die derzeit als Acker genutzte Fläche wichtig für den Umwelt- und Klimaschutz in der Stadt. Die Verwaltung verweist hingegen von Beginn an auf den Mangel an Gewerbeflächen.

Nur noch „substanziell neue Sachverhalte“ dürfen beim RVR vorgebracht werden

Der Regionalplan-Entwurf liegt derzeit mit bereits eingearbeiteten Änderungswünschen von Gemeinden und Bürgern ein zweites Mal zur Einsicht aus. Der umstrittene Vöckenberg ist weiter als Gewerbefläche vorgesehen – auch weil sich der Rat der Stadt im Februar 2019 dazu entschlossen hatte, keine Einwände zu erheben. Nach dieser erneuten Auslegung seien nun nur noch Anregungen zu den bereits geänderten Punkten möglich – oder wenn es „substanziell neue Sachverhalte“ gebe, darauf hatte das Planungsamt unter Sebastian Paulsberg bei der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung hingewiesen.

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Gegen den Vöckenberg seien seitens der Öffentlichkeit zahlreiche Stellungnahmen und Anregungen beim RVR eingegangen, so das Planungsamt weiter. Der Verband habe aber dem Defizit an Gewerbeflächen in der Abwägung eine höheren Stellenwert eingeräumt. Auch deshalb plant die Stadt auch in dieser Runde nicht, sich zur Causa Vöckenberg gegenüber dem Regionalverband zu äußern.

„Stockum wehrt sich“ verweist auf die klimatische Bedeutung des Vöckenbergs

Aufgeben will die Bürgerinitiative „Stockum wehrt sich“ aber nicht und fordert die Stadt erneut dazu auf, sich gegen die Umwandlung in ein Gewerbegebiet zu stellen. Aus Sicht der Initiative habe sich seit der letzten Abstimmung im Rat die klimatische Lage verändert. Sie betont die gut funktionierende Frischluftschneise, ebenso wie die hochwertigen Böden. Ähnliche Argumente bringt auch ein Stockumer Bürger, von dem der zweite Bürgerantrag stammt.

Die Piratenfraktion will die Bürgeranträge unterstützen. „Die sich seit 2018 weiter verschärfende Klimakrise mit mehreren Dürresommern, der Hochwasserkatastrophe 2021 und ein Krieg in Europa, der in Erinnerung ruft, wie wichtig die Möglichkeit einer unabhängigen regionalen Nahrungsversorgung werden kann, sind dabei jeweils für sich genommen schon ausreichende neue Argumente, um zu begründen, dass die Abwägungen des RVR nun in Richtung des Erhalts des Vöckenbergs ausfallen müssen!“ schreiben die Ratsmitglieder Elaine Bach und Stefan Borggraefe.

Auch die Linke hatte Zustimmung signalisiert. „Der Vöckenberg scheint eine juristische Grauzone zu sein“, sagte Ratsherr Oliver Kalusch vergangene Woche. Auch weil der Klimawandel mittlerweile höher bewertet werde, sei der Versuch, die Umwandlung zum Gewerbegebiet abzuwenden, „nicht chancenlos“. Interessant wird, wie sich Grüne und SPD nun positionieren. Bei der ersten Abstimmung 2019 hatten die Sozialdemokraten fast geschlossen mit CDU, FDP und Solidarität für Witten für das Industriegebiet gestimmt. Die Grünen, das Bürgerforum, die Linke, die Piraten, die WBG und AUF Witten dagegen. Holger Jüngst, Wirtschaftsexperte der SPD-Fraktion, hatte sich unserer Redaktion gegenüber dahingehend geäußert, dass die Fläche nicht mehr für Gewerbe vorgesehen werden solle.