Mit 38 gegen 31 Stimmen hat der Stadtrat der Ausweisung des Vöckenbergs als gewerblich-industrielle Fläche im Regionalplan Ruhr zugestimmt.

Witten. Der Wittener Rat hat eine wichtige Weiche für ein künftiges Gewerbegebiet in Stockum gestellt: Mit 38 Ja- bei 31 Nein-Stimmen und ohne Enthaltung hat das Stadtparlament am Montagabend (4.2.) der Ausweisung von 20 Hektar Ackerland am Vöckenberg zum „gewerblich-industriellen Bereich“ (GIB) zugestimmt, wie es im Entwurf des Regionalplans Ruhr vorgesehen ist. Wie schon in der gemeinsamen Sitzung des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz am 24. Januar spaltete das Thema die Politik in zwei Lager.

Obwohl die Abstimmung geheim war, um mögliche „Abweichler“ innerhalb der GroKo zu schützen, bekannten die meisten Ratsmitglieder in der Aussprache (oder auf Nachfrage der Redaktion) klar Farbe: Für ein Gewerbegebiet stimmten die SPD und die CDU fast geschlossen, außerdem Solidarität für Witten und die FDP. Auf der – am Ende unterlegenen Gegenseite – standen die Grünen, das Bürgerforum, die Linke, die Piraten, die WBG, AUF Witten sowie die Stockumer Ratsmitglieder Walter Sander und Birte Güting (beide SPD) sowie Hendrik Schöneborn (CDU).

Demo vor Beginn der Ratssitzung

Vor der Ratssitzung hatten etwa 60 Unterstützer der Initiative „Stockum wehrt sich“ noch einmal vor dem Rathaus gegen ein Gewerbegebiet nördlich der A 44 („Vöckenberg“) de­monstriert. Darunter waren rund ein Dutzend Jugendliche der „Fridays for Future“-Bewegung, die vergangenen Freitag in Witten mehr als 400 junge Leute für Klimaschutz und gegen Kohle auf die Straße gebracht hatte. Mitorganisatorin Laura Schmidt, die als Sprecherin des Kinder- und Jugendparlaments im Rat sprach, warnte davor, die Fläche einer Bebauung zu „opfern“. Schmidt: „Kinder werden dort künftig nicht mehr auf Grünflächen gucken, sondern auf Fabriken.“

Bürgerforum: Fruchtbaren Boden zu vernichten ist ein „No Go“

Mitglieder der Initiative
Mitglieder der Initiative "Stockum wehrt sich" demonstrierten zuerst auf dem Rathausplatz und verfolgten anschließend in großer Zahl die Debatte im Rat. © Bastian Haumann

Die „Zukunft“ spielte bei den Wortführern beider Seiten eine wichtige Rolle in der Aussprache. „Aus fruchtbarem Ackerland versiegeltes Gewerbegebiet zu machen, ist ein absolutes ,No Go’“, warnte Dr. Kurt-Martin Schmelzer (Bürgerforum). Walter Sander (SPD-Stockum) erinnerte daran, dass die Landesregierung und die Bezirksregierung die Stockumer Fläche als Teil des regionalen Grünzugs und wichtige Frischluftschluftschneise jahrzehntelang gegen alle Begehrlichkeiten verteidigt hätten. „Und jetzt haben sich die Kriterien auf einmal geändert!“

Baurat erinnert an abgewanderte Firmen

Baurat Stefan Rommelfanger vertrat die Entscheidung als Ergebnis einer intensiven Abwägung. Auch ein weiteres Gutachten habe in Witten keine ähnlich geeignete Fläche ausfindig gemacht. Sie sei groß genug (20 Hektar), liege direkt an der Autobahn und sei im Gegensatz zu anderen Flächen auch verfügbar, da sie großteils der Stadt gehöre. Er erinnerte daran, dass zuletzt mehrere Firmen Witten den Rücken gekehrt haben.

CDU-Vize: „Planungshoheit in Witten erhalten“

CDU-Fraktionsvize Arnulf Rybicki betonte: „Es geht heute nicht um ein Gewerbegebiet.“ Da noch Gutachten und weitere formale Voraussetzungen fehlten, könne frühestens „der übernächste Rat“ dort tatsächlich ein Gewerbegebiet ausweisen. Diese Option dürfe Witten aber jetzt nicht aus der Hand geben, selbst wenn man sie vielleicht möglicherweise eines Tages nur als Verhandlungsargument und „Tauschfläche“ für ein interkommunales Gewerbegebiet in einer Nachbarstadt benötigen sollte. „Wir müssen die kommunale Planungshoheit für Witten erhalten.“

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Mehr als 50 Mitglieder von „Stockum wehrt sich“ verfolgten die Debatte. Plakate und (vereinzelte) gelbe Westen legten sie draußen ab, wie von der Bürgermeisterin gefordert. Mehrfach und lange vergebens ermahnte sie die Zuhörer, dass sie weder klatschen noch pfeifen dürften.

„Wir lassen uns nicht unterkriegen“, sagte die Stockumerin Tina Gambalat nach der Abstimmung. Am 15.2. werde man dem Regionalverband Ruhr mehr als 2000 Unterschriften gegen das Projekt überreichen. „Wir fühlen uns gestärkt, jetzt wo wir die jungen Leute hinter uns haben.“