Witten. Erstmals ist eine Ratssitzung in Witten live ins Internet übertragen worden. Bei der Premiere ging alles glatt. Und es gab spannende Themen.
Die Ratssitzung am Montagabend (13.9.) im Saalbau war eine ganz besondere. Erstmals wurde das Treffen der 64 Wittener Ratsmitglieder live im Netz übertragen.
„So, eine Frage an die Technik: Sind wir auf Sendung?“ Mit diesen Worten eröffnete Bürgermeister Lars König (50) die Internet-Premiere. Anders als im richtigen Fernsehen schwenkten die drei Kameras im Saalbau während der Sitzung aber nicht öfter auf den ganzen Saal. Meist sah man nur diejenigen, die gerade das Wort ergriffen.
Weil noch nicht alle Einverständniserklärungen vorlagen, musste der Bürgermeister jeden Redner vorher fragen, ob er einer Übertragung zustimme. Das wurde vereinzelt zum Beispiel in der Einwohnerfragestunde verweigert – was zur Folge hatte, dass die Zuschauer im Internet für ein paar Minuten buchstäblich in die Röhre guckten – sprich, den Beitrag nicht mitbekamen.
Bürgermeister von Witten muss jedes Mal nach Einwilligung fragen
Doch die Mehrheit hatte gegen den Live-Auftritt nichts einzuwenden. Alles klappte gut. Ob Bild oder Ton – es gab keine nennenswerten Pannen. Dank eines eingeblendeten blauen Balken mit weißer Schrift war das Netz-Publikum – anders als beim Zuschauen im Saal – stets im Bilde, wer gerade zu welchem Thema das Wort ergriff.
Die Tontechnik übertrug jedes noch so kleine Geräusch im Bereich des Mikrofons – was bei Stefan Borggraefe (Piraten) zum Beispiel anfangs ein ständiges Rascheln auslöste, wenn er das Rednerpult berührte. Das lag an der Plastikhülle, die coronabedingt übers Mikro gestülpt werden musste.
Gerade Borggraefe, der mit seiner Internetpartei nach vielen Anläufen das Rats-TV auf den Weg gebracht hatte, war die Freude deutlich anzumerken. „Liebe Gäste, wir sind erstmals im Stream“, sagte er. Sogar die Tagesordnung spielte mit, denn es gab spannende Themen. Einmal mehr ging es etwa um das Bürgerbegehren für einen „grünen Kornmarkt“. Der Rat erklärte es abermals für unzulässig.
Das hatte er schon einmal getan, damals aus formalen Gründen, weil Fristen nicht eingehalten worden seien. Seinerzeit hatten die Initiatoren erfolgreich geklagt. Ihnen sei nicht ausreichend Gelegenheit gegeben worden, genügend Unterschriften zu sammeln, urteilte das Verwaltungsgericht. Nun muss vor Gericht geklärt werden, ob sich das Bürgerbegehren jetzt erledigt hat, weil sich die Sachlage inzwischen anders darstellt.
Zwar kamen diesmal ausreichend Unterschriften zusammen, über 5000. Doch die Bebauung, gegen die die Initiative vorgehen will, hat sich erst einmal erledigt. Weil alle Investoren abgesprungen sind, hob der Rat jetzt seinen früheren Bebauungsbeschluss auf. Damit steht wieder alles auf Anfang.
„Stunde null“ nannte das Matthias Renkel (AfD). Er sagte der Kornmarkt-Initiative „wohlwollende Begleitung“ zu, den Platz nun zu einer „grünen Oase“ entwickeln zu wollen. Witten dürfe nicht wieder auf den alten Zug aufspringen, warnte Michael Hasenkamp (Stadtklima). „Wir brauchen grüne Flächen mit einem wichtigen historischen Bezug.“
Einig war sich die Politik darin, dass das Bürgerbegehren unzulässig sei. Zumal die von der Verwaltung vorgenommene Kostenschätzung von 1,7 Millionen Euro für die grünen Pläne der Kornmarkt-Initiative nicht mehr zutreffe, da diese Pläne noch um eine Freilichtbühne, eine Kultur- und Begegnungsstätte und zwei Sozialwohnungen erweitert worden seien. „Das wird viel teurer. Menschen, die unterschrieben haben, wussten das nicht“, sagte Stefan Borggraefe von den Piraten. „Damit schießt sich das Bürgerbegehren selbst ins Knie.“
Deren Sprecher hatte an die Politik appelliert: „Wir brauchen Begrünung, Begrünung, Begrünung, damit es in der Innenstadt nicht über 40 Grad wird.“ Und er hatte sich einen klaren Beschluss gewünscht – sprich Zustimmung oder Ablehnung. Für den von ihm in den Raum gestellten Bürgerentscheid dürften jetzt aber die rechtlichen Voraussetzungen fehlen.