Witten. Wie trostlos leere Innenstädte wirken, hat uns das letzte halbe Jahr gezeigt. Doch warum ist die Sorge um eine Verödung in Witten besonders groß?
Die Wittener machen sich große Sorgen um ihre Innenstadt. Das hat die Auswertung unseres Corona-Checks ergeben. Hier schneidet die Wittener City im Vergleich sogar noch schlechter als die Zentren der Nachbarstädte ab.
„Wie groß ist Ihre Sorge bezogen auf eine Verödung Ihrer Innenstadt?“ lautete die Frage in unserem Corona-Check. Auf einer Skala von 1 (minimal) bis 6 (extrem) lag Witten mit einem Wert von 4,02 über dem Durchschnitt (3,82) der anderen befragen Städte im Ruhrgebiet. Nur in Bottrop ist der Wert mit 4,01 ähnlich hoch.
Mit einem Wert von 4,04 liegen die befragten Frauen sogar noch über dem Gesamtdurchschnitt in Witten. Sie beurteilen die Innenstadt also noch etwas kritischer, als es Männer und Frauen zusammen tun. Bei Männern liegt der Wert mit 3,99 etwas niedriger.
Gerade die Menschen zwischen 41 und 60 Jahren sind besorgt
Gerade Menschen zwischen 41 und 60 Jahren sind besorgt (Mittelwert: 4,12), wie sich das Herz der Stadt entwickelt. Es folgen die Ü-60-Jährigen mit einem Wert von 4,08, dann die U-40-Jährigen mit 3,8. Das Shoppen vermissen in der Pandemie laut unserer Umfrage allerdings nur 18,5 Prozent. Dabei ist die Sehnsucht bei Männern (21,7 Prozent) größer als bei Frauen (16,7 Prozent). Bei den Altersgruppen liegen die 41- bis 60-Jährigen vorne (22,4 Prozent). Es folgen die Unter-40-Jährigen (19,9 Prozent). Den über 60-Jährigen ist Shopping in der Pandemie am wenigsten wichtig (13,2 Prozent).
„Die Wittener Innenstadt war oft trostlos, wie ausgestorben“
Rückblickend erklärt eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer, dass er oder sie es richtig fand, „wenn Geschäfte geschlossen sind, während Supermärkte geöffnet bleiben“. Als bedrückend wurde die Leere in der Stadt empfunden. So schreibt eine Mutter von zwei Kindern: „Die Wittener Innenstadt war oft trostlos, wie ausgestorben. Es gibt viele Leerstände. Attraktive Geschäfte, gerade auch für Jugendliche oder Männer, gibt es kaum noch, und ich weiß nicht, ob sie geplant sind.“
Dass es der City nicht gut geht, davor können auch die Verantwortlichen in der Stadt nicht die Augen verschließen, gerade wegen des brachliegenden Kaufhofgebäudes und der Leerstände in der Stadtgalerie. Trotzdem sieht Stadtbaurat Stefan Rommelfanger die Zukunft nicht „so extrem negativ“. Er erinnert an kleine Lichtblicke wie die „Füllbar“ in der Ruhrstraße oder zuletzt die Wiederöffnung von Café Leye.
Der Stadtbaurat von Witten sieht nicht schwarz für die City
„Es gibt immer wieder Inhaber, die was machen wollen“, sagt der Dezernent. Deshalb sehe er nicht schwarz für die Innenstadt, wenngleich sich das Angebot des Handels verändern werde. Es brauche viele kleinere Projekte mit vielen Beteiligten, von den Hauseigentümern über die Kulturschaffenden bis zur Uni. Das Zentrum habe dann eine Zukunft, wenn man an der Lebens- und Wohnqualität arbeite, was letztlich auch den Handel belebe.
Es gelte, „Projekt für Projekt“ abzuarbeiten, sagt der Stadtbaurat. Dafür brauche man auch Geld und den politischen Rückhalt. „Wir werden jedes Jahr Städtebauförderungsmittel beantragen, das geht von einer Million bis 3,4 Millionen.“ So könne die Wirtschaftsförderung Eigentümer unterstützen, wenn es um die Zwischennutzung von Leerständen geht, indem sie etwa selbst Ladenlokale anmieten. 300.000 Euro sind zuletzt aus dem „Sofortprogramm Innenstadt“ geflossen.
Es gibt das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das Grundlage für den langen Prozess der Innenstadt-Umgestaltung ist. Was aber steht konkret auf der Agenda? Nun, Mittel sind für eine Machbarkeitsstudie beantragt, wie man den Kaufhof umbauen könnte. Die Betreiber der Stadtgalerie und des Kaufhof-Hauses machen sich Gedanken über die Revitalisierung, die Wiederbelebung ihrer Objekte.
Handlungsprogramm mit mehr Grün für den Rathausplatz in Witten
Es soll ein Handlungsprogramm für den wenig attraktiven Rathausplatz aufgelegt werden, Stichwort Begrünung, das Innenstadtbüro auf der Ruhrstraße weitere Projekte anschieben, Gespräche mit Hauseigentümern, „kleinen und großen“, über neue Nutzungen gesucht, ein Fahrradparkhaus am Bahnhof gebaut werden. Und: „Wir kümmern uns um die Plätze“, versichert Rommelfanger. Hier bleibt der Kornmarkt ein Dauerthema. Die Stadt hat auch den Platz an der Gedächtniskirche im Blick. Der Karl-Marx-Platz wird demnächst umgebaut.
Natürlich spielt auch die Gastronomie eine zentrale Rolle. Hier hänge ebenfalls viel von privaten Investitionen ab, sagt Rommelfanger. Nun, die Wirte sind ja schon froh, wenn sie am Freitag erstmals nach über einem halben Jahr wieder innen öffnen dürfen.