Witten. Die Kunden sind auf ihre Frikadellen richtig abgefahren. So sehr, dass der Imbiss in Witten sogar ohne Pommes auskam. Nun kam das traurige Aus.

Ihre Frikadellen waren berühmt und das Kessel-Schaschlik ihr eigenes Lieblingsgericht. Sechs Jahre konnte man bei Annette Günneberg „futtern wie bei Muttern“. Jetzt musste sie ihre „essbar“ im Wullener Feld krankheitsbedingt schließen. Zum Abschied gab es mehr als warme Worte.

Noch einmal hat die Wahl-Wittenerin in ihrem Imbiss-Container in dem Gewerbegebiet nahe der Uni und der Autobahn so richtig aufgefahren, Brötchen geschmiert, Steaks und Würstchen auf den Grill gelegt, Nudelsalat und die legendären Frikadellen serviert. Alles für lau für ihre Stammgäste, die ihr in all den Jahren so ans Herz gewachsen sind. „Das war mir wichtig, tschüss zu sagen, all meinen Freunden und Kunden, die ich lieb gewonnen habe“ – und die sie auch in der Corona-Krise nicht hängen ließen. Man hört es an ihrer Stimme, wie schwer ihr dieser Schritt fällt. Aber die Krankheit lässt der 52-Jährigen keine Wahl.

Im November feierte die „essbar“ in Witten noch Fünfjähriges

Am 1.11.2015 hatte die gebürtige Ostdeutsche und gelernte Wirtschaftskauffrau den Container in Witten übernommen., nachdem sie zuvor unter anderem im Büro und als Altenpflegerin gearbeitet hatte. Eine Art „Mittagstisch“ für ältere Leute hatte sie im Kopf – und so kam sie auf den Container, der vorher „sieben Jahre der Tanja“ und davor „13 Jahre der Conny“ gehört habe.

Futtern wie bei Muttern – das war das gelebte Motto im Wullener Feld. „Die grüne Erbsensuppe habe ich meinen Gästen so angeboten, wie meine Oma sie gemacht hat“, sagt die Sachsen-Anhaltinerin aus dem Raum Halle. Mit zehn Essen am Tag fing sie an, hinterher waren es um die 30. Um 14 Uhr war Feierabend.

Ein Imbiss ohne Pommes – das geht?

Morgens um halb fünf begann sie mit den Vorbereitungen, bevor es um sechs Uhr offiziell losging. Frikadellen und Schnitzel braten, Brötchen belegen, klar, zum Frühstück auch mit Rührei und Spiegelei. „Alle Eier waren handgeschlagen!“ Verfeinert wurde mit Schnittlauch und Speck. Ihr lag viel daran, dass „alles frisch war“, so dass sogar grüne Salate über den Tresen wanderten, nicht unbedingt typisch für einen Imbiss. Sie konnte es sich sogar leisten, auf Pommes zu verzichten, weil die Hausmannskost so gut lief. „Viele, die reinkamen und Pommes Currywurst bestellten, sind mit Salaten und Frikadellen wieder raus.“

Sie ließ sich immer was einfallen, mal das „Frikadellenbrötchen Spezial“, mit Saucen, Salaten, Zwiebeln, also fast schon ein Burger, oder den „Cristy-Burger“ mit Hähnchenfleisch, Cornflakes-Panade, Tomaten, Zwiebeln und den feinen Saucen. Sie zählte die Beschäftigten der umliegenden Firmen zu ihren Kunden, Lkw-Fahrer, aber auch Menschen und Senioren aus den Stadtteilen, die sich in der „essbar“ ihr Mittagessen holten. Montags gab’s Eintopf, dienstags Königsberger Klopse.

Stammgäste schenkten ihr zum Fünfjährigen einen „goldenen“ Kochlöffel

Geradezu unschlagbar müssen neben ihren Schnitzeln die Frikadellen gewesen sein, die manche Kunden gleich „bergeweise“ bis nach Gütersloh oder Frankfurt mitnahmen und die „ihre Familie“, wie Annette Günneberg ihre Kundschaft nennt, natürlich auf ihrer Internetseite als die „besten in Witten“ adelte. Was die „Familie“ ihr zum Fünfjährigen schenkte? Na, raten Sie mal, natürlich den „goldenen“ Kochlöffel.

Was bleibt, sind viele solcher schönen Erinnerungen. Annette Günneberg hätte gerne noch weiter für ihre Gäste gekocht. War die „essbar“ doch auch Treffpunkt und Kummerkasten. „Es gibt so viele Alleinstehende“, sagt die 52-Jährige. Jetzt muss sie sich vor allem um sich selbst kümmern. Futtern wie bei Muttern? Ihren Stammgästen wird sie schmerzlich fehlen.