Witten. Die Impfwelle verliert doch nicht so viel an Fahrt, wie vom Kreis erst befürchtet. Was die Astrazeneca-Freigabe in Praxen in Witten auslöst.
Der Bund hebt alle Priorisierungsstufen für Astrazeneca auf und gleichzeitig schließen die Impfstraßen des Drive-in in Schwelm? Und das Impfzentrum klagt über zu wenig Impfstoff? Tatsächlich sollte es so kommen, nachdem das Land dem Impfzentrum in Ennepetal die Liefermengen für die kommende Woche (ab 10.5.) zusammengestrichen hatte. Der EN-Kreis protestierte und nun sieht es so aus, als würde die Impfwelle von behördlicher Seite doch nicht so viel an Fahrt verlieren wie erst befürchtet.
Auch für Bürger aus Witten: Drei Impfstraßen des Drive-in bleiben offen
Konkret heißt das: Drei Impfstraßen des Drive-in könnten geöffnet bleiben. Alles andere wäre laut der Verantwortlichen ein „schlimmer Schritt“, da man doch die gesamte Logistik vorhalte. Und das Impfzentrum in Ennepetal muss nun doch nicht seine Kapazitäten auf täglich nur noch 320 Biontech-Dosen herunterfahren.
4500 Astrazeneca-Dosen könnten bald zusätzlich verimpft werden. Sie waren für die Zweitimpfungen vorgehalten worden. Sollte das Landesgesundheitsministerium sie freigeben, könnten diese dann auch für Erstimpfungen verwendet werden. Eine Entscheidung darüber wird am Montag erwartet.
„Außerdem können wir bis zu 300 Dosen Moderna pro Tag abrufen“, sagt der Ärztliche Leiter des Impfzentrums in Ennepetal, Dr. Christian Füllers. Auch Astra könne weiter bestellt werden. Der Bund verfüge über „Unmengen“, anders sehe es offenbar beim Land aus. Was fehle, sei der Nachschub an Biontech, wenngleich auch hier zuletzt schließlich doch mehr abgerufen werden konnte als erwartet, so Füllers.
Ärztesprecher aus Witten: Vorbehalte gegen Astrazeneca nicht mehr so weit verbreitet
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Gleichzeitig gibt es einen Ansturm auf die Arztpraxen. Den Effekt nach der Freigabe von Astrazeneca hätten sie schon „in den ersten Stunden“ gespürt, sagt Dr. Arne Meinshausen von der Ärztlichen Qualitätsgemeinschaft Witten (ÄQW). Die Telefone stehen nicht mehr still, die Warteschlangen werden lang und länger. Jeder will geimpft werden, zumal die Vorbehalte gegen Astrazeneca nicht mehr so weit verbreitet zu sein scheinen. Meinshausen: „Astra ist jetzt deutlich akzeptierter, auch von jüngeren Leuten. Gerade Männer sind da schmerzarm.“
Er freue sich, „dass endlich auch die Jüngeren zum Zuge kommen“. Was die Verträglichkeit von Astrazeneca angeht, sehe er für die Altersgruppen ab 40 „keine Probleme“. „Das muss jede Ärztin und jeder Arzt mit den Patientinnen und Patienten aber selbst entscheiden.“ Nur bei jüngeren Frauen hätte er noch Skrupel. In den Praxen dreht sich derweil alles um die Frage: Wann komme ich an die Reihe? „Wir können den normalen Betrieb derzeit gar nicht mehr aufrechterhalten“, sagt Meinshausen. „Allein telefonisch wird alles durch Impfanfragen blockiert.“
Freie Impftermine bei Ärzten in Witten sind in Minutenschnelle vergeben
„Jeden Tag gehen Termine raus, die in Minutenschnelle vergeben sind“, beschreibt der Hausarzt aus Herbede den Ansturm auf die Impfpraxen. Seine Praxis im „Rathaus der Medizin“ hatte allein 4000 Anmeldungen. „Wir impfen jeden Tag von 14 bis 21 Uhr und samstags von 10 bis 17 Uhr.“
Für die jetzt zu Ende gehende Woche standen der Praxis neben 36 Dosen Biontech 480 Dosen Astrazenca zur Verfügung. Meinshausen: „Wir können so viel davon bestellen, wie wir wollen. Man muss es nur verimpft bekommen.“ In Witten beteiligten sich sicherlich alle 54 Hausärzte an der Impfkampagne und mit 20 bis 30 auch mehr Fachärzte als anderswo.
Außerdem soll am 19. Mai das Impfzentrum an der Uni Witten/Herdecke eröffnen. Mit der ÄQW will die Hochschule, die Räume und Personal stellt, Bürgerinnen und Bürger sowie mit Betriebsärzten auch ganze Berufsgruppen impfen. Ärzte aus den Praxen könnten dort mit ihren Dosen eigene Patienten impfen. Sprecher Arne Meinshausen: „Das ist eine Chance für die Kollegen. Sie brauchen ihr Personal nicht zu verschleißen.“ Denn gerade die Arzthelferinnen sind es, die neben Ärzten und Pflegepersonal derzeit täglich ganz vorne an der Belastungsfront stehen.