Witten. Etwa 60 Menschen sind dem Aufruf von „EN stellt sich quer“ gefolgt und haben in Witten gegen die AfD demonstriert. Das sind ihre Befürchtungen.
„Licht an! Licht an! Ein Nazi auf der Party!“ Der Protestsong von Jan Böhmermann schallt über den Rathausplatz, auf dem sich rund 60 Menschen eingefunden haben. Sie sind dem Aufruf der Initiative „Ennepe-Ruhr stellt sich quer“ (ENSSQ) gefolgt. Das Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und Initiativen kämpft seit Jahren gegen die AfD und ihren zunehmenden Einfluss in der Politik. An diesem Samstagnachmittag (28.11.) soll ein Zeichen gesetzt werden gegen den Bundesparteitag der AfD , der trotz der Pandemie mit über 600 Delegierten in Kalkar stattfand.
„Die Marktradikalen wollen geschlossene Grenzen für Menschen, aber offene Grenzen für Waren.“ Max von ENSSQ findet am Mikrofon deutliche Worte für die Sozialpolitik der AfD. „Die angebliche Liebe zum Volk endet für diese Partei bei den Menschen, die sie als Volksschädlinge definiert – bei Obdachlosen, Geflüchteten und Sozialhilfeempfängern.“
Demo in Witten wird per Livestream auf YouTube übertragen
Am Vormittag hat der Student diese Rede bereits vor Ort in Kalkar gehalten, wo sich Hunderte Demonstranten zusammengefunden hatten . Er gehört zu den Organisatoren der Demo in Witten. „Wir wollten trotz der Abstandsgebote nicht auf eine Präsenzveranstaltung verzichten“, betont er. Die Hygienemaßnahmen werden strengstens eingehalten – ausreichender Abstand, Maskenpflicht, mit Plastikfolie geschützte Mikrofone.
Damit trotzdem alle Interessierten dabei sein können, wird die Demo per Livestream auf YouTube übertragen. Allerdings: Technische Probleme machten die kurzfristige Änderung des bereits vorher bekannt gegeben Links nötig. Die Organisatoren wissen aber Rat: „Wir werden aber einen Zusammenschnitt der Demo ins Netz stellen“ , so der 32-jährige Max.
Linke lehnt kategorisch alle Anträge der AfD im Wittener Rat ab
Auch die anderen Redner und Rednerinnen nehmen kein Blatt vor den Mund. Ulla Weiß, Mitglied der Linken , empfindet es als Skandal, neben drei AfD-Mitgliedern im Rat zu sitzen. „Es ist völlig klar, wie das laufen wird – sie werden ständig Grenzen überschreiten und Tabus brechen und sich dann bei Kritik in der Opferrolle gefallen .“ Ihre Partei lehne kategorisch alle Anträge der AfD im Rat ab.
Ulla Weiß sieht, wie viele andere, mit Sorge die enge Verbindung zwischen der AfD und „Stadtklima Witten“ , der Partei unter Leitung Michael Hasenkamps, die seit der Wahl ebenfalls einen Sitz im Wittener Rat hat. Auch Stefan Borggraefe, Ratsmitglied von den Piraten, weist nachdrücklich auf diese aus seiner Sicht äußerst bedenkliche Beziehung hin. Für ihn ist klar: „Jedes Mandat der AfD ist eines zu viel!“
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„Die AfD ist in so vielen Bereichen eine große Gefahr“, erklärt Nellie (20), die an der Demo teilnimmt und sich politisch seit Jahren engagiert. „Sie stilisiert sich als Partei der kleinen Leute – eine Farce. In Wirklichkeit vertritt sie die Interessen der Reichen und nutzt die Hetze gegen Geflüchtete, Hartz 4-Empfänger und Randgruppen als Spaltungsinstrument der Gesellschaft für ihre Zwecke.“
Nächste Demo am 5. Dezember
Die Initiative „Ennepe-Ruhr stellt sich quer“ (ENSSQ) wurde 2015 anlässlich der Pro NRW-Demonstration gegründet. Sie ist ein offenes Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und Initiativen, das gegen die AfD und ihre politischen Inhalte kämpft.
Die nächste Demonstration von ENSSQ findet am 5. Dezember vor dem Saalbau statt. Grund ist dann der dort stattfindende Bürgerdialog der AfD. Einzelheiten dazu, der Link zum YouTube-Video und allgemeine Informationen zum Bündnis findet man auf enssq.noblogs.org
Auch Manfred Schulz, dessen Großvater für den Widerstand gegen die Nazis ins KZ geschickt wurde, betont: „Man muss die sozialen Ursachen bekämpfen – getragen wird diese Partei von Menschen, die keine Chance auf Aufstieg sehen, und von der Mittelschicht, die Angst vor dem Abstieg hat.“ Er ist sich mit allen anderen Teilnehmern der Demo einig: „Es ist unerträglich, dass wieder Rechte im Parlament sitzen.“
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