Witten. Galeria Kaufhof Witten steht vor dem Aus. Doch Betriebsratschef Demarck gibt die Hoffnung nicht auf. Warum er an die Zukunft des Hauses glaubt.
Galeria Kaufhof in Witten steht vor dem Aus. Sie ist eine der zahlreichen Filialen, die der Konzern im Zuge seiner Sanierung schließen will. Am Freitag (3.7.) wurde bekannt, dass Galeria statt der zunächst angekündigten 62 nun doch nur 56 Filialen dicht machen will. Sechs weitere Häuser sind gerettet. Der Wittener Standort ist nicht darunter. Betriebsratschef Rainer Demarck verliert dennoch nicht die Hoffnung.
„Die Verhandlungen laufen weiter“, sagt Demarck, dem die Sorgen um die Zukunft seiner Kollegen ins Gesicht geschrieben stehen. „Noch bestehen Chancen.“ Dass das Warenhaus, in dem er schon seine Ausbildung absolvierte, überhaupt auf der Streichliste der Konzernleitung gelandet ist, hat den 62-Jährigen kalt erwischt. „Es lief und läuft gut. Die mir bekannten Zahlen sind gut.“ Witten sei kein defizitärer Standort.
Betriebsrat von Galeria und Gewerkschaft wollen Aktion in Witten organisieren
Mit Verdi will der Galeria-Betriebsratsvorsitzende nun eine „öffentlichkeitswirksame Aktion“ in Witten planen, etwa eine Kundgebung oder Demonstration. Ans Aufgeben denke er bislang noch nicht.
„Wir haben an und für sich alles richtig gemacht“, sagt Demarck. Man habe sogar den Umsatz immer wieder gesteigert. Doch das sei bei der Entscheidung der Konzernleitung nicht allein ausschlaggebend gewesen. Hier habe auch die Frage eine Rolle gespielt, ob das Unternehmen für den Standort generell eine Zukunftsperspektive sehe und Investitionen anstehen würden.
Miete für Galeria in Witten soll niedrig sein
Am Freitag hatte Konzernchef Miguel Müllenbach in einem Mitarbeiterbrief mitgeteilt, dass es für die weiterhin von Schließung bedrohten Standorte wegen der „Verbindung von überdurchschnittlich hohen Mieten und soziodemografischen Standortnachteilen sowie anhaltend geringer Frequenz und Kaufkraft weiterhin keine wirtschaftliche Fortführungsperspektive“ gebe.
An einer zu hohen Miete kann es in Witten kaum gelegen haben. Die für das Galeria-Haus an der Bahnhofstraße gezahlte Miete liege „weit unter dem Wohnraumniveau in Witten“, teilte das Immobilienunternehmen Saller, Eigentümer des Gebäudes, auf Anfrage mit. Auch habe das Galeria-Management nicht wegen einer Mietminderung angefragt.
Galeria in Witten könnte am 31. Oktober oder 31. Januar schließen
Erst im letzten Jahr war der Mietvertrag für das Gebäude um weitere fünf Jahre verlängert worden. „Da haben wir uns auf der sicheren Seite gefühlt“, so Rainer Demarck. Das jetzige Vorgehen des Konzerns empfindet er als „destruktiv“. „Man droht mit der Schließung, um Vermieter und andere Beteiligte unter Druck zu setzen und wartet jetzt, ob sie sich bewegen.“
Sollte es hart auf hart kommen, könnte Galeria in Witten Ende Oktober seine Türen für immer schließen. Möglich ist aber auch der 31. Januar. Dazu gebe es bislang noch keine klare Aussage der Unternehmensleitung, sagt Demarck.
Allgemein sei die Kommunikation seitens des Konzern-Managements „miserabel“, so der 62-Jährige. Kritisch sieht er auch die Art und Weise der Verkündung der Schließung – als Telefonkonferenz mit allen 172 Standorten. „Da ist dann eine Liste vorgelesen worden.“
Mitarbeiter in Witten sind traurig, verzweifelt und verunsichert
Die rund 35 Kollegen in Witten seien traurig, verzweifelt, aber vor allem verunsichert. Einige seien wie er schon Jahrzehnte an Bord, sagt Demarck, der als 16-Jähriger beim damaligen Kaufhaus Horten in der Lebensmittelabteilung einstieg. „Das ist auch ein Teil des eigenen Lebens, der wegbricht.“ Eigentlich wollte der Gewerkschafter hier in gut anderthalb Jahren in Rente gehen. Diese Gedanken und die Sorge um die jüngeren Kollegen treiben Demarck, seit 33 Jahren Betriebsrat, die Tränen in die Augen.
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Bis 2015 sei Kaufhof ein gesundes Unternehmen gewesen. „In die Misere geritten hat uns dann Hudson’s Bay“, sagt der Wetteraner. Das kanadische Handelsunternehmen übernahm Kaufhof damals vom Metro-Konzern. „Selbstmörderische Rabattschlachten“ und ein fehlendes Risikobewusstsein hätten die Warenhauskette dann in dauerhafte Schieflage gebracht. „Aus der haben wir uns selbst wieder rausgezogen“, so Demarck.
Solidarität der Bevölkerung
Doch hinter der Wittener Filiale steht er. „Es ist ein schönes, helles Haus, die Bausubstanz ist gut.“ Hoffnung gibt dem Betriebsratsvorsitzenden auch das Verhalten der Kunden. Seit die drohende Schließung vor zwei Wochen öffentlich wurde, würden verstärkt Menschen ins Kaufhaus kommen. „Wir spüren eine Solidarität bei den Bürgern.“
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Erkennbar wird das auch an einem von einem Passanten angebrachten Zettel am Galeria-Schaufenster. „Wir sind sehr traurig! Wir wollen unseren Kaufhof behalten!“ steht darauf geschrieben. Denn den Wegfall von Galeria in der Innenstadt könne man nicht auffangen, ist sich Rainer Demarck sicher.
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