Bochum. Ob Bundes- oder Lokalpolitik, soziale Medien und Gendersprache: Bochumer Jürgen Dieckmann zieht in seinem Programm sie alle durch den Kakao.
Ob Ukraine-Krieg oder Schwimmbad Höntrop: In seinem 18. Soloprogramm nimmt Kabarettist Jürgen Dieckmann die großen weltpolitischen Themen ebenso aufs Korn wie die Bochumer Lokalpolitik. Seine „gallige“ Sicht auf die jüngsten Entwicklungen gibt der Bochumer am Abend des 1. Novembers in „Pütz Bierstuben“ in Wattenscheid zum Besten.
Wattenscheider Kabarettist Jürgen Dickmann stellt 18. Soloprogramm vor
„Das wird keine seichte Unterhaltung“, schickt Jürgen Dieckmann vorweg. Die Premiere seines neuen Programms sei keine Comedy, sondern „literarisch-politisches Kabarett“, betont er. „Der erste Teil ist am giftigsten, auch der zweite Teil ist giftig. Doch der dritte Teil wird dann versöhnlicher, mehr zum Ablachen, damit beim Publikum das Gefühl hängenbleibt, sie hatten einen guten Abend.“
Den Titel des neuen Programms „Blick zurück nach vorn“ hat Dieckmann an das Schauspiel „Blick zurück im Zorn“ angelehnt. Der Grund: die heutige „Früher war mehr Lametta“-Stimmung. „Heute kann man beobachten, wie sich viele Leute umdrehen, sich nach vergangenen Zeiten sehnen und dann auch rückwärts laufen“, so Dieckmann. „Das ist Unsinn: Früher war es anders, aber nicht besser.“
„Die rufen: ,Deutschland zuerst’“ – empört sich der Kabarettist
Diese Tendenz zur Retraditionalisierung ziehe sich durch viele Bereiche, insbesondere die Politik. „Ich sehe unheimlich viele Parallelen zwischen den 2020ern und den 1920ern.“ Da brauche man sich nur die jüngsten Wahlerfolge der AFD anzusehen. „Die Leute haben nichts dazugelernt“, sagt Dieckmann, der auch auf die durch Bochum laufenden „Spaziergänger“, die Anti-Corona-Demonstrierenden, eingeht. „Die rufen: ,Deutschland zuerst’“, empört sich der Kabarettist und schlägt dabei die Hände über dem Kopf zusammen.
Bei seiner politischen Kritik bekommt jeder etwas weg: Dieckmann kritisiert „wo die CDU heute steht“ und „was aus der SPD geworden ist.“ Bei seiner Abrechnung nimmt er kein Blatt vor den Mund, nennt alle SPD-Politiker nach Helmut Schmidt und Willy Brandt „Luschen“ – der Kabarettist ist selbst Sozialdemokrat. Er wünscht sich mehr Macher und Entscheider in der Politik, weniger „Theoretiker, also Theoristen“.
„Blick zurück nach vorn“
Die Premiere von Jürgen A. Dieckmanns 18. Soloprogramm findet am 1. November 2022 in „Pütz Bierstuben“ statt, An der Papenburg 11 in Wattenscheid.
Einlass ist um 17.30 Uhr, los geht es das zweieinhalbstündige Programm um 18.30 Uhr.
Der Eintritt kostet 12 Euro. Den Kartenvorverkauf übernimmt das Reisebüro und Lotto-Geschäft Keyser am August-Bebel-Platz 10.
Wie so häufig hätten auch in den letzten Monaten die aktuellen Ereignisse sein Programm geprägt. „Dass ein Komödiant und zwei Boxer ein europäisches Land führen, das nun im Krieg steht – das hätte man sich nicht ausdenken können“, sagt er und spielt damit auf den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj und die Klitschko-Brüder an.
Neben internationaler und Bundespolitik bekommen in seinem Programm auch NRW sowie die Bochumer Lokalpolitik ihr Fett weg: Thema ist der Neuzuschnitt von Wahlkreisen oder Ministerpräsident Hendrik Wüst – „Er trägt zwar seinen Konfirmationsanzug, hat aber seitdem nichts dazugelernt“.
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Zudem wettert er über politisch korrekte Sprache („Da nehme ich keine Rücksicht drauf!“), den Gender-Stern („eine Vergewaltigung der Sprache“) und die Gesprächskultur im Internet. In den „sogenannten soziale Medien“ sei Mobbing an der Tagesordnung. „Influencer gaukeln dort eine heile Welt vor, dass man mit Youtube Millionen verdienen kann“, sagt Dieckmann, der für die Erwachsenenbildung der IG Metall auch zu Mobbing im Netz und Burnout referiert.
Umgedichtete Nationalhymne und Kickerzitate – Klassiker seines Bühnenprogramms
Wie bei allen seinen Auftritten darf auch am 1. November nicht die von ihm umgedichtete Nationalhymne fehlen – er performt Grönemeyer, Lindenberg oder Maffay. „Außerdem wird es noch einige Kickerzitate geben – das fordern die Leute auch.“
Zu den lokalen Themen, die aufs Korn genommen werden, zählen auch das Schwimmbad Höntrop, der Stadtgarten, der Stadtpark, die Wirtschaftsförderung, der VfL Bochum sowie die SG-Wattenscheid 09. Auch die Pläne zum Haus des Wissens und die damit verbundene Kostensteigerung komme zur Sprache.
„Außerdem höre ich seit fünf Jahren, dass das Lohrheidestadion umgebaut werden soll. Das geht einfach nicht voran – die Leute wollen doch ein Ergebnis!“ Lokale Debatten, wie den scheinbar störenden Querstreifen auf Bochums Fahrradwegen, hält er für unnötig. „Von einer Fahrradstadt oder digitalen Stadt sind wir meilenweit entfernt“, so Dieckmann.
Und doch verspricht der Bochumer: Am Ende des Abends werde das Publikum schließlich das unterschwellige Gefühl haben, noch einmal davon gekommen zu sein.