. Jürgen Dieckmann präsentiert am Mittwoch, 1. November, mit „Jubel. Trouble. Heiterkeit.“ sein 14. Soloprogramm.
Er kann auf fast 20 Kabarettjahre zurückblicken. Jürgen A. Dieckmann (59) ist mittlerweile eine feste Größe in der lokalen Kleinkunstszene. Bissig, voller Witz und manchmal doppelter Ironie betrachtet er die kleine und die große Welt. Auf eine Tasse Kaffee trafen sich WAZ-Mitarbeiter Norbert Philipp und Jürgen A. Dieckmann in den Räumen der Wattenscheider Redaktion.
Sie bezeichnen sich als Bürger von „Neu-Bochum“. Ist das richtig?
Jürgen A. Dieckmann: Ja, nach dem Zusammenschluss der ehemals selbstständigen kreisfreien Städte Wattenscheid und Bochum ist „Neu-Bochum“ entstanden. Das wird auch im Stadtwappen deutlich. Also bin ich Neu-Bochumer Bürger.
Zur Schule sind Sie in „Alt-Bochum“ gegangen.
Genauer gesagt in die Graf-Engelbert-Schule, ein renommiertes städtisches Gymnasium in Bochum. Sie liegt an der Königsallee in der Nähe der Innenstadt. Nach dem Abitur habe ich evangelische Theologie studiert. Die Sprachen im Studium haben mir schwer zugesetzt, insbesondere Hebräisch und Griechisch, das war nicht einfach. Heute bin ich noch Vater von drei Kindern und einem Enkelkind. Zudem war ich auch in der Kommunalpolitik aktiv für die ehemals große Volkspartei SPD. Als Betriebsrat und Mitglied der IG Metall prägt einen der tägliche Wahnsinn. So fand ich zwangsläufig den Weg zum politischen Kabarett.
Bei Steilmann gearbeitet
Haben Sie das Studium beendet?
Nein, 1990 bin ich einem Angebot der Firma Steilmann gefolgt und habe dort als kaufmännischer Angestellter meine Karriere fortgesetzt. Ich dachte das Unternehmen braucht einen guten Seelsorger.
Wann wurde das Kapitel „Steilmann AG“ für Sie endgültig geschlossen?
Das war im vergangenen Jahr. Erst Ende 2015 versuchte die Firmenleitung mit einem Börsengang noch Geld in die Kassen zu spülen. Steilmann hatte im März 2016, nur fünf Monate nach dem mühsamen Börsengang, Insolvenz angemeldet.
In Ihren Kabarettprogrammen betrachten Sie regelmäßig das Leben mehr oder weniger prominenter Menschen. Wie lautet die Zwischenbilanz Ihres Lebens?
Die fällt sehr ernüchternd aus. Niemals habe ich mir träumen lassen, dass Europas größter Textilhersteller einmal Pleite geht und ich dort nicht in den Ruhestand wechseln kann. Seit ich arbeitssuchend bin, habe ich viele Bewerbungsschreiben verfasst. Es muss ja keine kaufmännische Tätigkeit sein. Seit Jahren mache ich Erwachsenenbildung bei den Gewerkschaften, deshalb kommt für mich auch eine Tätigkeit als Grundschullehrer in Frage. Uns fehlen ja angeblich die Lehrer.
Bewerbung abgeschickt
Wollen Sie Lehrer werden?
Ich habe damals die Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein Westfalen, Sylvia Lörmann, angeschrieben und mich als Quereinsteiger angeboten. Im Antwortschreiben, immerhin habe ich eins erhalten, wurde mir erklärt, dass in NRW nur ausgebildete Lehrer eine Anstellung finden. Als dann nach den Wahlen Yvonne Gebauer das Amt übernahm dachte ich: „Bewerbe dich noch mal.“ Bevor die Kinder bei der großen Anzahl von Stundenausfällen überhaupt keinen Unterricht erhalten, kann auch der „dicke Onkel“ die Sache übernehmen. Immerhin bin ich Vater von drei Kindern.
Perspektien für Wattenscheid
Und wie ging es weiter?
Absage. Interessanterweise mit einem formulierungsgleichen Schreiben. Es besteht also überhaupt kein Interesse, eine schnelle Abhilfe für das Problem Lehrermangel zu schaffen. Alles nur Fassade, deckungsgleich mit dem Förderprogramm der „Sozialen Stadt Wattenscheid“. Ich sage es mal mit Dieter Nuhr an die Adresse dieser Politiker: „Einfach mal die Fresse halten“. Aktuell laufen noch diverse andere Bewerbungen.
Diese Erfahrung verarbeiten Sie in Ihrem neuen Programm?
Ja, diese und andere Erfahrungen. Vor allem aber geht es um ein Jahr ohne Steilmann und welche Perspektiven sich für die Kolleginnen und Kollegen eröffnen und auch um die Perspektiven Wattenscheids. Ich mache mir Luft. Es am 1.11. ab 19 Uhr wird im „Charivari im Gastro 09“ von mir ein literarisch-politisches Programm geboten. Keine schlichte Unterhaltung. Spritzige Pointen und giftige Kommentare werden nicht fehlen. Am Ende wird jeder froh sein, noch einmal davon gekommen zu sein.
Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrem politischen Kabarett?
Ziel? Ziel ist es, dass der geneigte Zuhörer etwas mitnimmt und sich Wochen später einmal sagt: „Ach so hat der das gemeint.“