Wattenscheid-Leithe. Eine Polizei-Streife hat mit einer Knöllchen-Lawine in Wattenscheid für Ärger gesorgt. Warum die Stadt Bochum die Falschparker schützt.

Eine Kontrolle der Polizei Bochum hat eine jahrelang dauernde Übereinkunft der Stadt Bochum mit Anwohnerinnen und Anwohnern der Weststraße in Wattenscheid-Leithe aufgedeckt. Die Verwaltung akzeptierte stillschweigend, dass Autos dort verbotenerweise auf dem Bürgersteig parken.

Nun aber hagelte es für viele Auto-Besitzer überraschend Knöllchen. Der Ärger im Viertel ist groß. Die Stadt indes steht weiter an der Seite der Betroffenen und bittet die Polizei, in Zukunft auf Kontrollen dort zu verzichten.

Anwohner in Wattenscheid-Leithe parken auf dem Bürgersteig – seit 20 Jahren

Knapp 40 Anwohnerinnen und Anwohner hatten – wie immer – beidseits der Weststraße mit ihren Autos zwischen Hohensteinstraße und Höhe Hausnummer 176 halb auf dem Bürgersteig geparkt. Das war laut Anwohnern über 20 Jahre lang geduldet worden, obwohl es der Straßenverkehrsordnung widerspricht. Ein Grund: Die Fahrbahn soll so breit genug bleiben für die großen Bogestra-Linienbusse im Begegnungsverkehr.

+++ Das Arrangement ist passé. Es braucht Rechtssicherheit – ein Kommentar von Karoline Poll +++

Ruth Rogalla ist eine der Betroffenen, die nun 55 Euro bezahlen müssen – und sie zeigt sich entsetzt. „Was soll denn so eine Aktion, der Bürgersteig ist in dem Bereich doch breit genug, und das Parken halb auf dem Bürgersteig hat doch bisher dafür gesorgt, dass die Fahrbahn der Weststraße hier für Pkw und Lkw breit genug bleibt“, so Ruth Rogalla.

Stadt ignoriert die Verstöße seit Jahren – „gute Lösung“

Auch in den sozialen Medien sorgt das Thema für Aufregung. „Zwei Busse haben sich dort schon festgefahren“, so ein User. Und Mark Vogelsang sagt: „Auch zwei normale Autos kommen nicht mehr durch, dort muss immer einer warten. Das Gehupe und Gefluche ist groß.“

Verkehrsberuhigend sei das Ergebnis dessen „nicht gerade, wenn dann ständig Autofahrer hupen und der Bus kaum durchkommt. Ist schon anstrengend, nun dort durchzufahren. Wenn genug Beschwerden eingehen würden, könnte die Stadt dort Schilder aufstellen, und das Parken auf dem Rand des Gehwegs wäre erlaubt.“

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Die Stadt bestätigt auf Nachfrage, dass das stillschweigende Ignorieren der Verstöße „seit Jahren eine gut funktionierende Geschichte“ gewesen sei. „Alle haben Rücksicht aufeinander genommen, das war eine gute Lösung“, sagt Stadtsprecher Thomas Sprenger.

Polizei stellte Knöllchen aus – und wird zurechtgewiesen

Bis zu diesem Tag, als eine Polizeistreife auf die parkenden Autos aufmerksam geworden war – und reihenweise Knöllchen ausstellte. Die Polizei ist für den sogenannten ruhenden Verkehr eigentlich gar nicht zuständig. „Es war eine spontane Kontrolle“, sagt Polizeisprecher Jens Artschwager. „Die Fahrzeuge haben dort teilweise komplett auf dem Gehweg gestanden und daher Fußgänger behindert.“

Bogestra sieht keine Probleme

Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann sagt: „Wir haben haben für die Weststraße in Leithe für die letzten Wochen keine Vorfälle gesehen, die auf erkennbare Probleme bei der Begegnung von Bussen schließen lassen.

Trotzdem werde die Situation natürlich regelmäßig kontrolliert.

Doch diese Kontrolle ist auch bei der Stadt offensichtlich nicht auf Gegenliebe gestoßen. „In Absprache mit der Stadt werden wir dort keine anlasslosen Kontrollen mehr durchführen“, rudert man bei der Polizei zurück. Es sei darum gebeten worden, nicht mehr zu kontrollieren.

Wer ein Knöllchen bekommen hat, der muss auch zahlen

Die Stadt verweist auf eine „nicht ganz klar geregelte Situation“. Man wolle prüfen, ob es andere Regelungen für die Weststraße gibt. „Uns ist an einem Miteinander gelegen“, sagt Thomas Sprenger. Für die Anwohner an der Weststraße heißt das: Das Parken auf dem Bürgersteig bleibt wohl vorerst weiter geduldet.

Ein Wermutstropfen: Wer in den vergangenen Wochen eines der Knöllchen in Höhe von 55 Euro bekommen hat, der muss trotzdem zahlen. Ein Gewohnheitsrecht – darauf verweist die Stadt – gibt es in der Straßenverkehrsordnung nicht.