Recklinghausen. . Alle Welt redet übers Essen. „Regional“ soll die Küche sein, ruhig darf es etwas mehr kosten. Das sind die Vorhaben, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Die WAZ startet mit einer Serie übers Essen.

Im ersten Teil haben wir ein Menü vom Discounter mit Qualitäts-Lebensmitteln aus der Region und vom teureren Gastronomie-Fachhandel verglichen. Die Ergebnisse sind verblüffend.

„Vegetarier“ kommt aus dem Indischen und heißt „zu blöd zum Jagen“, steht auf der Rückseite seines Kochkittels. Der leidenschaftliche Koch und Restaurantbesitzer Christian Lensmann bekennt sich zum Fleisch. Zu gutem Fleisch aus der Region.

Den Unterschied sieht auch der Laie

Der Lebensmittel-Enthu­siast hat im Grunde nichts gegen Vegetarier und räumt den Discountern ihre Berechtigung ein. Aber einem wässrigen, langfasrigen und grauen Discounter-Schweineschnitzel für gut einen Euro setzt er mit großem Enthusiasmus ein weiches, farbiges, saftiges Fleischstück, leicht weiß durchmarmoriert, aus der Region entgegen. „Dem Fleisch sieht man auf den ersten Blick an, dass sich das Tier zu Lebzeiten bewegt hat.“ Und den Unterschied zum Billigschnitzel sehe auch der Laie.

Goldener Windbeutel 2011

Foodwatch hat den
Foodwatch hat den "Goldenen Windbeutel" für die dreisteste Werbelüge vergeben.
Auf Platz 1 kam bei der Onlinebefragung die Milch-Schnitte. „Schmeckt leicht. Belastet nicht. Ideal für zwischendurch“, behauptet Hersteller Ferrero. Die Wahrheit jedoch ist laut Foodwatch deutlich schwerer: Die Milchschnitte bestehe zu fast 60 Prozent aus Fett und Zucker, das sei sogar mehr als in Schoko-Sahnetorte.
Auf Platz 1 kam bei der Onlinebefragung die Milch-Schnitte. „Schmeckt leicht. Belastet nicht. Ideal für zwischendurch“, behauptet Hersteller Ferrero. Die Wahrheit jedoch ist laut Foodwatch deutlich schwerer: Die Milchschnitte bestehe zu fast 60 Prozent aus Fett und Zucker, das sei sogar mehr als in Schoko-Sahnetorte.
Auf Platz 2 kommt
Auf Platz 2 kommt "Activia". Danone suggeriere in seiner Werbung, sein probiotischer Joghurt sei so etwas wie ein Wundermittel für die perfekte Verdauung. Doch die Ergebnisse der von Danone viel zitierten Studien seien dünn.
Dahinter wählten die Verbraucher Nimm2. Nach Meinung von Foodwatch suggeriert Hersteller Storck, dass seine Bonbons gesünder sind als andere Süßigkeiten. Doch der zugesetzte künstliche Vitamincocktail könne nichts daran ändern: Nimm2 sei nicht gesünder als andere Bonbons, es bleibe ganz einfach eine Süßigkeit.
Dahinter wählten die Verbraucher Nimm2. Nach Meinung von Foodwatch suggeriert Hersteller Storck, dass seine Bonbons gesünder sind als andere Süßigkeiten. Doch der zugesetzte künstliche Vitamincocktail könne nichts daran ändern: Nimm2 sei nicht gesünder als andere Bonbons, es bleibe ganz einfach eine Süßigkeit.
Auf Rang 4 „Ferdi Fuchs“-Mini-Würstchen. Mit einem Comic-Fuchs locke Stockmeyer die Kinder, die Eltern ködere der Hersteller mit dem Hinweis auf einen „täglichen Beitrag für die gesunde Ernährung“, so Foodwatch. Doch der Salzgehalt sei alles andere als auf die Ernährungsbedürfnisse von Kindern
abgestimmt. 2 Gramm Salz pro 100 Gramm – bei der Ampelkennzeichnung würde das mit einem roten Warnsignal gekennzeichnet.
Auf Rang 4 „Ferdi Fuchs“-Mini-Würstchen. Mit einem Comic-Fuchs locke Stockmeyer die Kinder, die Eltern ködere der Hersteller mit dem Hinweis auf einen „täglichen Beitrag für die gesunde Ernährung“, so Foodwatch. Doch der Salzgehalt sei alles andere als auf die Ernährungsbedürfnisse von Kindern abgestimmt. 2 Gramm Salz pro 100 Gramm – bei der Ampelkennzeichnung würde das mit einem roten Warnsignal gekennzeichnet.
Den 5. Platz belegt das Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen. Hersteller Kühne betone in der Werbung die „besten natürlichen Zutaten“, die „erlesenen Kräuter“, so die Verbraucherorganisation. Doch drin stecken Farbstoff und Aromen – modernste Lebensmitteltechnologie also.
Den 5. Platz belegt das Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen. Hersteller Kühne betone in der Werbung die „besten natürlichen Zutaten“, die „erlesenen Kräuter“, so die Verbraucherorganisation. Doch drin stecken Farbstoff und Aromen – modernste Lebensmitteltechnologie also.
Bei der ersten Wahl zum Goldenen Windbeutel 2009 hatte der Konzern Danone für seinen
Trinkjoghurt Actimel den „Preis“ gewonnen, weil der laut Foodwatch nicht vor Erkältungen schützen könne...
Bei der ersten Wahl zum Goldenen Windbeutel 2009 hatte der Konzern Danone für seinen Trinkjoghurt Actimel den „Preis“ gewonnen, weil der laut Foodwatch nicht vor Erkältungen schützen könne...
Als Foodwatch-Aktivisten den Preis vor der Firmenzentrale in Haar bei München überreichen
wollten, war Danone jedoch nach Angaben der Organisation nicht zu sprechen.
Als Foodwatch-Aktivisten den Preis vor der Firmenzentrale in Haar bei München überreichen wollten, war Danone jedoch nach Angaben der Organisation nicht zu sprechen.
2010 kürten die Verbraucher den überzuckerten Monte Drink der Molkerei Zott zur
2010 kürten die Verbraucher den überzuckerten Monte Drink der Molkerei Zott zur "dreistesten Werbelüge des Jahres". Mehr als 80.000 Menschen hatten sich laut Foodwatch bei der Online-Wahl beteiligt.
Doch auch Zott habe die Annahme des „Goldenen Windbeutel“ verweigert Foodwatch-
Aktivisten am Firmensitz im bayerischen Mertingen laut der Organisation nicht für ein Gespräch zur Verfügung gestanden.
Doch auch Zott habe die Annahme des „Goldenen Windbeutel“ verweigert Foodwatch- Aktivisten am Firmensitz im bayerischen Mertingen laut der Organisation nicht für ein Gespräch zur Verfügung gestanden.
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Um es ganz genau herauszufinden, hat Lensmann für die WAZ gebraten, gekocht und gebacken. Neben Schweineschnitzel auch frischen Spargel und Erdbeeren mit Zabaione und Champagner-Eis – jeweils vom Discounter und von etwa 30 Prozent teureren, regionalen Anbietern.

Gibt es tatsächlich Unterschiede? Da haben wir Lensmann gefragt und klare Antworten bekommen. Der Discounter-Spargel für 2,49€ das Pfund ist sogar „bio“, aber auch davon hält Lensmann wenig. „Das ist ein großes Geschäft. Viele Firmen entwerfen ihre eigenen Bio-Siegel.“ Die Produkte würden zudem oft eingeflogen, kämen nicht aus der Region.

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"Spargel muss quietschen wie ein Schweinchen"

Das Discounter-Modell ist klein und bräunlich. Frischer Spargel aus Scherlebeck dagegen ist weiß, dick und gerade, obwohl Lensmann ihn schon vor einigen Tagen gekauft hat. Der Discounter-Spargel ist vor einem halben Tag über die Ladentheke gegangen. „Spargel muss quietschen wie ein Schweinchen“, sagt Lensmann.

Allerdings: Nicht jede Familie kann sich teures Essen leisten. „Aber die Leute kaufen sich lieber teure Fernseher statt teures Essen. Ein Wein für 1,39 € geht einfach nicht. Ist doch klar, dass der Hersteller da gepfuscht hat“, ist er überzeugt. Schon allein dem guten Gewissen tue regionales Qualitäts-Essen gut. Die Tiere hätten ein besseres Leben gehabt; Obst und Gemüse sind nicht eingeflogen, was umweltfreundlicher ist.

Aber unser Test-Koch setzt „teuer“ nicht mit „gut“ gleich. Auch günstige Lebensmittel könnten gut sein. Sein Tipp: „Man muss eben Saisongemüse kaufen.“ Die leckeren Scherlebecker Erdbeeren gab es zum Beispiel für nur 2 € im gleichgroßen Schälchen. „Die sind garantiert reif gepflückt, nicht grün.“ Unsere letzte Discounter-Hoffnung ruht nun auf den Erdbeeren für 1,38 € pro Pfund. Die kommen immerhin aus Deutschland. Trotzdem Fehlanzeige. Die sind, ebenfalls erst einen halben Tag alt, schon matschig, riechen leicht gegoren und sehen neben den hiesigen Erdbeeren wie ein Häufchen Elend aus.

Eindeutige Ergebnis

Aber die Optik kann ja täuschen. Und deshalb hat die WAZ probiert. Das Ergebnis ist dann doch eindeutig: Das schwäbisch-hallische Schweineschnitzel vom Gastronomie-Fachhandel schmeckt besser und ist um Längen zarter. Man kann es sogar mit der Gabel durchdrücken. Keine Chance dagegen beim Billigschnitzel: Mit Drücken geht hier nichts, nur mit viel Schneiden. Auch Spargel und Erdbeeren übertreffen das Bio-Discounter- Produkt.

Durch Lensmanns Kochkünste hätten wir uns vielleicht auch mit dem Discounter-Menü zufrieden gegeben. Aber jetzt, da wir den Vergleich haben, steht eines fest: Der nächste Kauf eines Fernsehers kann noch warten.