Neviges. Einmal in der Woche legen Hobby-Künstlerinnen in Neviges gemeinsam los. Nach einer kleinen Flaute hat die Gruppe mächtig Fahrt aufgenommen
Diverse Malkästen liegen auf dem langen Tisch, Schatullen mit Buntstiften, hier und da ein Wasserbecher, bekleckste Tücher und mittendrin ein Fön. An der Staffelei wird diskutiert, denn eine Tapete für das eigene Heim zu schaffen, das ist schon etwas Besonderes. Die Stimmung im „Glocken-Treff“ in Velbert-Neviges ist so heiter wie die verschiedenen knatschgelben Rapsfelder, die die „Malwerkstatt“ gemeinsam geschaffen hat. Eine der wenigen „Hausaufgaben“, wie es Bettina Wertmann fröhlich nennt: „Ab und zu steht mal eine gemeinsame Arbeit an.“ Was eher die Ausnahme ist, denn eigentlich macht hier jeder, was er will.
Noch drei freie Plätze
Die Malwerkstatt trifft sich jeden Mittwoch von 10 bis 12 Uhr im Glocken-Treff, Tönisheider Straße 8. Es gibt noch maximal drei freie Plätze. Information unter 02053 5341 (Glocken-Treff) oder einfach unverbindlich mittwochs vorbei schauen.
Der Glocken-Treff ist eine Begegnungsstätte der katholischen Kirchengemeinde Maria, Königin des Friedens.
Und das ist auch gut so, findet Kursleiterin Hildegard Schmidt, die zwar jederzeit Tipps und Anregungen gibt, immer für die sieben Hobby-Künsterinnen ein offenes Ohr hat, sich aber ansonsten zurück hält. Das Motto der Werkstatt: Freie Bahn der Kreativität, alles ist möglich, alles kann, nichts muss. „Die Teilnehmerinnen entscheiden selbst, was sie machen. Es gibt keine Vorgaben. Weder was die Tecknik betrifft, noch die Motive, noch das Material. Jeder bringt das mit, was er braucht“, erläutert Schmidt.
Dickes Lob für die Kursleiterin in Velbert
Und das ist für Francia Rode unter anderem ihre Staffelei, vor der sich immer mal wieder ein paar Künstlerinnen tummeln, fragen, staunen. Eigentlich hat sich Francia Rode auf Portraits spezialsiert, aber das hier, das ist völlig neu für alle: eine individuelle Tapete. „Die Ornamente hat mein Mann gefunden, das Motiv ist nicht von mir“, erzählt die in Venezuela geborene Hobby-Künstlerin, die sich jede Woche auf den Mittwochvormittag freut. „Ja, Malen macht mich glücklich, Malen ist für mich Glück.“ Außerdem will sie hier ihr schon ziemlich perfektes Deutsch verbessern. „Das ist das Wichtigste“, dabei lacht sie herrlich mitreißend. „Hildegard ist total flexibel, Julia einfach toll.“ Das dicke Lob gebührt Kursleiterin Hildegard Schmidt und Julia Schneider, Leiterin der Begegnungsstätte.
Keine Vorschriften bremsen die Kreativität
Die eine gestaltet eine Wohnzimmertapete, der anderen reicht ein Bild in DIN-A-5-Format. „Schön klein, dann bin ich eher fertig“, sagt Ute Jung (74) vergnügt. Den lustigen bunten Wohnwagen, den sie abzeichnet, hat sie im Internet entdeckt. „Da finde ich oft Motive, da kann man sich überhaupt gut informieren, auch auf YouTube.“ Gern gemalt hat Ute Jung schon immer, „früher bisschen mit den Enkelkindern“. Bis sie vor acht Jahren von einer Freundin von der Malwerkstatt im Glocken-Treff erfahren hat. Und „sehr traurig“ war, als das Angebot zwischenzeitlich brach lag: Kursleiter-Wechsel, Corona, eines kam zum anderen. Die Anregungen nimmt Ute Jung gern mit nach Hause: „Ich male täglich, immer, wenn ich ein Stündchen Zeit habe, setze ich mich hin. Das ist Entspannung pur, ich hab einfach Spaß daran.“
Malen, was der Bauch sagt
Eine kleine Premiere ist dieser Vormittag für Dorothea Janota: „Ich hab heute mal Aquarell-Buntstifte benutzt, normalerweise arbeite ich gern mit dem Mal-Spachtel, aber heute hab ich es im Nacken, da sind die Buntstifte angenehmer.“ Hinter ihr an der Wand hängt ein fröhlich-buntes Bild, die Dorfkirche von Keitum auf Sylt in knalligem Rot. „Ach, das ist lange her, 2003.“ Warum sie sich kein schöneres Hobby vorstellen kann: „Das ist Entspannung pur. Malen, was der Bauch sagt.“
Nach dem Job richtig los gelegt
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Oder was die Augen unterwegs so sehen, etwa die Elbphilharmonie in Hamburg, die es Bettina Wertmann letztens auf ihrem Trip gen Norden angetan hat. „Das ist das Schöne, man sieht intensiver, etwa eine Biene, Blumen...“ Ein Faible für Malerei hatte die 63-Jährige schon immer, „jetzt bin ich im Frühruhestand, jetzt leg ich los“. Das Material sieht jedenfalls professionell aus, Fächerpinsel, Borstenpinsel, alles da. „Der Mohn ist fertig, ich dachte, jetzt probiere ich mal die ganzen Pinsel aus.“ Dabei zeigt sie ihr neues farbenfrohes Werk und lacht: „Abstrakte Pinsel-Übung in Aquarell. Klingt doch gut, oder?“