Kreis Mettmann/Velbert. Export, Pendler, Förderfonds: Ohne Europa wäre Vieles für den Kreis Mettmann nicht möglich. Viele Gründe, im Juni zur Europawahl zu gehen.
Kaum jemand macht es sich klar, hat es so richtig im Bewusstsein. Aber jeder Einwohner im Kreis Mettmann bzw. in Velbert oder einer der anderen neun zugehörigen Kommunen ist letztlich eben auch Europäer. Und das etwa nicht bloß aufgrund der geographischen Lage oder Staatsangehörigkeit, sondern weil Europa im Alltag präsent, weil es Folgen für die Bürger und Bürgerinnen hat. Und das sind richtig gute. „Europa ist für uns existenziell. Kein Land profitiert mit seiner Wirtschaft und Industrieproduktion so wie Deutschland“, sagt Thomas Hendele.
Beachtlich hohe Exportquote im Kreis Mettmann
So betrage die Exportquote auch im Neanderland an die 40 Prozent, erläutert der Landrat, „und natürlich hängen ganz viele Arbeitsplätze von der EU ab“. Ein gewichtiger Aspekt: Schließlich ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse seit Jahren stets auf respektablem Stand, kommt auch die Steuerstärke unseres Kreises nicht von ungefähr. Auch wenn sie ihm in gar schöner Regelmäßigkeit zum Nachteil gereicht, weil er deshalb nie Schlüsselzuweisungen bekommt. Das Pendler-Saldo ist ebenfalls aussagekräftig. Nach letztem Stand betrug die Zahl der Auspendler lediglich 104.980, lag hingegen die der Einpendler bei 109.931.
Fördermittel in Millionenhöhe
Kommen wir zu Fördermitteln: In den vergangenen Jahren seien bestimmt 38 Millionen Euro alleine aus dem „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE) geflossen, bilanziert Hendele. Die kostspielige Neuausrichtung und Weiterentwicklung des Forum Niederberg zum Forum Velbert ist übrigens ebenfalls mit EFRE-Unterstützung zustande gekommen.
Bis in den Lebensalltag hinein
Euro - im wahrsten Sinne des Wortes - stecken auch in (mitunter ko-finanzierten) Förderprogrammen, die aktuell in der Kreis-Wirtschaftsförderung bzw. im Regionalmanagement genutzt und umgesetzt werden. Das reicht vom „Beratungsprogramm Wirtschaft NRW“ für Gründer und Unternehmensberatungen für kleine und mittelständische Unternehmen über Projekte zugunsten Transformationsprozessen im Bereich Kreislaufwirtschaft/Klima bis hin zur Unterstützung zu den Themen Tourismus, Kultur und Natur. Die geltende Wasserrechtsrahmenlinie ist europäisch, Europa steckt ebenso im Lebensmittel- wie im Führerscheinrecht. So aktuell auch in der Umtauschaktion zwecks Vereinheitlichung.
Vielfältige Bildungskooperationen
EU-Partnerschaften unterhält der Kreis keine, „wir haben schließlich ja auch keine Kreis-Bevölkerung“, meint Thomas Hendele, die Austausch-Programme ausfüllen und pflegen könne. Dafür gebe es allerdings zahlreiche Städte-Partnerschaften - wie etwa im Fall Velberts mit Corby, Chatellerault etc. - sowie etliche Bildungskooperationen. Solche lebt auf vielfältige Weise vor Ort das Berufskolleg Niederberg, das seit 2001 Europaschule ist. Das bedeutet gewachsene Kontakte: z. B. Niederlande, Österreich, Belgien, Tschechien, Türkei, Spanien und Frankreich. Sie sind nicht zuletzt Türöffner für Praktika im Ausland.
Aktiv im Straßenwahlkampf und an den Ständen
In den letzten 14 Tagen vor dem Urnengang am 9. Juni will der 70-Jährige auch selbst im Straßenwahlkampf und an den CDU-Ständen die hiesige christdemokratische Kandidatin für das EU-Parlament, die Düsseldorferin Miriam Viehmann, unterstützen. Das tut er selbstverständlich als langjähriges CDU-Mitglied und - zweifelsohne - mit bewusst gebührendem Abstand zu seinem Amt als einer der NRW-weit ganz wenigen versiertesten hauptamtlichen Landräte. Das ist er nämlich bereits seit der ersten Direktwahl in 1999. Angesichts der Größe des Wahlbezirks sei es für Miriam Viehmann schwer, allenthalben präsent zu sein, fügt er hinzu, und auch für die Bürgerschaft, die Bewerberin kennenzulernen. Er hofft vor allem auf eine hohe Wahlbeteiligung. „Es weiß ja jeder, was auf dem Spiel steht“, sagt er dazu nur. Mehr nicht. Die CDU sei „natürlich seit Konrad Adenauer die Europapartei“, unterstreicht Thomas Hendele.
Erster deutscher EU-Präsident
Ein bekannter großer, im Kreis Mettmann lebender Europäer ist zweifelsohne der SPD-Politiker Prof. Dr. Klaus Hänsch. Der Erkrather (Jahrgang 1938) stammt aus Schlesien, hat Krieg und Vertreibung erlebt. Beides war ihm, dem ersten deutschen Präsidenten des EU-Parlamentes von 1994 - 1997, Antrieb.
Auf den Weg gemacht zu Frieden und Versöhnung
Folgendes Zitat ist kennzeichnend für ihn: „Unser Europa stammt nicht von einem anderen Stern. Es wurde uns nicht geschenkt. Es wurde geschaffen von Nationen, die den Mut und die Weitsicht hatten, den Hass und die Wut eines verheerenden Krieges hinter sich zu lassen und gemeinsam voranzuschreiten auf einem neuen Weg zu Frieden und Versöhnung, zu Zusammenarbeit und Wohlstand, zu Recht und Solidarität.“ Und Hänsch sagte beim selben Anlass, das war 2019, mit Blick auf Trump, Putin und Xi Jinpeng auch, dass Europa nicht zum Spielfeld für fremde Mächte werden dürfe.
Freizügigkeit ist ein echte Errungenschaft
„Europa ist deutsches Interesse“, erklärt Landrat Hendele mit Nachdruck. Und das nicht etwa nur, „weil wir die großen Profiteure sind“. Er wird vielmehr sehr persönlich, erzählt von seinem Austausch-Aufenthalt als Schüler in den Niederlanden und dass die mittlerweile gewohnte Freizügigkeit „eigentlich unglaublich eingedenk unserer Geschichte ist“. Das sei absolut nicht selbstverständlich, „sondern eine echte Errungenschaft, die sich jeder in Erinnerung und ins Bewusstsein rufen sollte“.