Velbert. Berufskolleg Niederberg bedeutet mehr als bloß Theorie: Wie künftige Techniker spannendes Neues für die Praxis austüfteln

So langsam füllt sich der Parkplatz am Berufskolleg Niederberg (BKN). Fast alle Neuankömmlinge streben gleich rüber zum Haupteingang, gehen dann schnurstracks geradeaus durchs Gebäude und treppab zum Hörsaal. An der Langenberger Straße steht an diesem Nachmittag ein Höhepunkt an: die Projektpräsentation der staatlich geprüften Techniker/Maschinenbauer in spe. Die Studierenden - es sind in diesem aktuellen Fall tatsächlich ausnahmslos Männer - beenden im Mai mit der letzten Prüfung ihren Bildungsgang. Der übrigens selbstverständlich auch Frauen offensteht. Heute zeigt sich einmal mehr das Ineinandergreifen von Theorie und Praxis, die Verzahnung zwischen schulischer (Aus-)Bildung und heimischer Industrie - eine gute, gelebte Tradition an diesem Kolleg.

Ein Vollautomat für Witte Velbert

Johannes Vogel, Felix Schweihoff, Julius Kübelstein und Marc Weßeler (v. li.) gehören vier verschiedenen Projekt-Teams an.
Johannes Vogel, Felix Schweihoff, Julius Kübelstein und Marc Weßeler (v. li.) gehören vier verschiedenen Projekt-Teams an. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Felix Schweihoff arbeitet bei Witte Velbert als Konstrukteur im Sondermaschinenbau. Er ist gelernter Mechatroniker, wollte später Konstrukteur werden. Und das habe jetzt schon eher geklappt als gedacht, berichtet er. Sein Team hat für das Automotive-Unternehmen einen Vollautomaten konstruiert, und zwar für Komponenten versenkbarer Tür-Außengriffe von Mercedes Benz-Pkw.

Weiterkommen im Land der Scheine und Testate

Johannes Vogel, Kundenqualitätsingenieur bei Kiekert in Heiligenhaus, hat mit seinen Mitstreitern für Witte Niederberg einen Prozess in der Druckgusstechnik vollautomatisiert. Das erübrigt Handarbeit, nämlich die beim Abtrennen der eigentlichen Gussteile vom Gussstrang. „Weiterbildung und persönliche Fortbildung“ nennt Vogel als Motive, warum er den Bildungsgang am BKN macht. „Wir sind ja das Land der Scheine und Testate. Da muss man was vorweisen können, wenn man weiterkommen will.“

Optionen ausloten und Produktion optimieren

Marc Weßeler hat Mechaniker gelernt, sein Aufstieg ins mittlere Management bei ABB (Ratingen) sei absehbar, heißt es beim Vorgespräch zur Präsentation. Sein Team hat sich mit einer Machbarkeitsstudie für ABB beschäftigt, um Automatisierungsoptionen auszuloten. WKW darf sich in Neviges über einen „großen Beitrag“ zur Optimierung in der Zierleisten-Produktion freuen. Den steuern Julius Kübelstein - er ist gelernter Werkzeugmechaniker und arbeitet bei WKW in mehreren Bereichen - und sein Team bei. „Ich wollte mich weiter entwickeln und in den Bereich Konstruktion und Entwicklung gehen“, erzählt er.

Vier Jahre lang drei Abende pro Woche

Die Projekt-Arbeit ist ein Muss in dem Bildungsgang, dafür gibt’s ein halbes Jahr Zeit.
Die Projekt-Arbeit ist ein Muss in dem Bildungsgang, dafür gibt’s ein halbes Jahr Zeit. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Studierenden - der jüngste dieses Jahrgangs zählt 21 und der älteste 46 Jahre - gehören zu ganz vielen Firmen in der Region, deren Vertreter jetzt auch die Präsentation verfolgen, und setzen berufsbegleitend an der Fachschule für Technik hier an der Langenberger Straße eins drauf. Vier Jahre lang, jeweils montags bis mittwochs von 17 bis 21 Uhr.

Auch für die Lehrer lehrreich

„Das ist ein besonderer Tag in der Ausbildung, absolut“, betont Thomas Latocha. Der Abteilungsleiter (52), er unterrichtet Maschinenbau- und Fertigungstechnik, moderiert die gut besuchte Veranstaltung, die bisher eigentlich nur einmal Corona-bedingt ausgefallen ist. „Das ist uns wichtig und macht uns auch Spaß.“ Zudem lerne man auch als Lehrer eine Menge angesichts solch „spannender, kreativer Optimierungskonzepte“, die später in den Unternehmen zur konkreten Anwendung kämen.

Aus der Praxis für die Praxis

Alle Projekte entstehen aus der Praxis für die Praxis. Die Ideen und Impulse für die Projektarbeiten aus dem Bereich Maschinenbau entstammen nämlich traditionell den Unternehmen, in denen die Studierenden tätig sind, also letztlich im Zusammenspiel von Firmen und Mitarbeitern. Und die finden es eben richtig gut, sich mit einem echten Problem auseinanderzusetzen, anstatt in den luftleeren Raum hinein zu agieren. Im nächsten Schritt erfolgt die Absprache mit dem vierköpfigen Lehrer-Team, das das Ganze betreut und auch die inhaltliche Entscheidung trifft.

>>> Jetzt anmelden und beraten lassen

Das kreiseigene Berufskolleg Niederberg öffnet diesen Freitag und Samstag seine Türen für Beratung und Anmeldung. Schülerinnen und Schüler sowie Berufstätige mit dem Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung haben die Wahl unter einer Vielzahl unterschiedlichster Bildungsgänge in den Bereichen Wirtschaft und Verwaltung sowie Technik.

Das Spektrum reicht von der vierjährigen Abendschule mit Abschluss auf Bachelor-Niveau über zwei- und dreijährige Vollzeitbildungsgänge (Abschluss Fachhochschulreife) bis zu einjährigen Klassen z. B. zum Erwerb der Fachoberschulreife oder zur beruflichen Vorbereitung.

Termine sind am 26. Januar, 14 -17, und 27. Januar, 10 - 13 Uhr. Mitzubringen sind das Anmeldeformular aus www.schueleranmeldung.de, Lebenslauf, Passfoto und die letzten zwei Zeugnisse.