Neviges. Unglaublich: Auf dem evangelischen Friedhof in Neviges geben immer mehr Autofahrer Gas. Die Gemeinde handelt – auch gegen andere Aufreger.

Rund 200.000 Euro hat die evangelische Kirchengemeinde in den letzten zwei Jahren ausgegeben, um Unkraut und Wildwuchs auf dem Friedhof an der Siebeneicker zu beseitigen, „um erstmal Grund hereinzubringen“, sagt Martin Straßen, Baukirchmeister der Gemeinde. Daher macht es Straßen umso wütender, was er kürzlich aus der Ferne sah: „Ein VW-Golf brettert über die engen Wege, vor einem Grab springt ein Mann aus dem Wagen, legt eilig ein Gesteck vor den Stein, fährt sofort wieder weg.“ Eine Szene, die Martin Straßen aus mehreren Gründen betroffen macht. „Der hat dieses Gesteck da quasi hingeworfen. Was ist das für eine Kultur? Gedenken, Drive-in‘, einfach furchtbar.“

Seitdem der Pöller den Weg nicht mehr versperrt, fahren einige direkt bis vor das Grab.
Seitdem der Pöller den Weg nicht mehr versperrt, fahren einige direkt bis vor das Grab. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Immer häufiger fahren Autos verbotenerweise über den Friedhof, so der renommierte Landschaftsarchitekt. „Das hat sich leider so eingebürgert, es ist schlimm.“ Früher versperrte ein Poller den hinteren Weg, also vom Haupteingang aus betrachtet die Auffahrt am anderen Ende der Friedhofsmauer. Warum auch immer, liegt dieser Poller seit einiger Zeit am Wegesrand. Was immer mehr als Einladung sehen, bequem mit ihrem Auto direkt vor das Grab zu fahren, so Martin Straßen. „Es gibt wohl einige Genehmigungen für Gehbehinderte, die wirklich nicht anders hierhin kommen können.“ Aber dazu gehöre ganz sicher nicht jener Golf-Fahrer, der sehr flink mit seinem Gesteck aus dem Wagen sprang.

Weggebrochene Kanten, zerstörter Bodendecker: Immer wieder gibt es Schäden auf dem Friedhof durch verbotenen Autoverkehr.
Weggebrochene Kanten, zerstörter Bodendecker: Immer wieder gibt es Schäden auf dem Friedhof durch verbotenen Autoverkehr. © Martin Straßen Büro BSS | Martin Straßen

Bessere Tore sichern den Friedhof in Velbert

Die Schäden durch jene rücksichtslosen Fahrer seien erheblich, klagt der Baukirchmeister: „Kaputte Kanten an den Wegen, niedergewalzte Einfassungen, letztens ist auch mal einer über ein Grab gebrettert.“ Bisher konnte man niemanden auf frischer Tat ertappen. Auch von jenem Holzdieb, der unerlaubterweise große Mengen von Totholz mitgehen ließ, das zuvor aus den Bäumen geschnitten worden war, fehle jede Spur. Nun reagiert die Gemeinde: Damit wieder Ruhe einkehrt auf dem Friedhof, werden in Kürze zwei zusätzliche Tore angeschafft, die vorhandenen mit elektronischen Schlössern ausgestattet, kündigt Martin Straßen an. „Die schließen dann automatisch bei Einbruch der Dämmerung.“

Neue Hinweisschilder: Hunde sind verboten

Rund 20. 000 Euro kostet diese Maßnahme, in dieser Summe steckt auch die Investition für neue Hinweisschilder, die auf die Friedhofsordnung hinweisen: „Respekt vor der Totenruhe, keine Hunde, keine Gegenstände am Kolumbarium.“ Der Hinweis auf das Hundeverbot sei nötig, weil viele Hundehalter den Friedhof als beliebte Gassi-Runde missbrauchten, so Straßen. Nicht die Hunde seien das Problem, sondern die rücksichtslosen Halter. So sei letztens eine alte Dame mit ihrem Rollator zum Grab ihres Mannes gegangen, und habe zu ihrem Entsetzen auf dem flach liegenden Grabstein einen riesigen Hundehaufen gesehen. „Die Frau war völlig fertig, wegen des Rollators hatte sie große Schwierigkeiten, die Schweinerei wegzumachen. Es ist wirklich ungeheuerlich.“

Der Parkplatz am Friedhof, hier dürfen Friedhofsbesucher maximal zwei Stunden parken, wird ab dem 1. April von einer externen Firma überwacht.
Der Parkplatz am Friedhof, hier dürfen Friedhofsbesucher maximal zwei Stunden parken, wird ab dem 1. April von einer externen Firma überwacht. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Firma überwacht ab 1. April den Parkplatz am Friedhof

Die Kapelle gilt als Schmuckstück

Auf dem Friedhof an der Siebeneicker Straße 30 gibt es insghesamt 1305 Gräber mit Nutzungsrecht.

Dazu kommen 96 Urnenfächer des Kolumbariums: In jeden Urnenfach haben zwei Urnen Platz. Es ist nicht erlaubt, Engel oder irgendwelche Gegenstände dort abzustellen, um das einheitliche Bild nicht zu stören.

Die Friedhofskapelle, erbaut im Jugendstil, gilt unter anderem wegen ihrer Fenster als architektonisches Schmuckstück. Beim Tag des offenen Denkmals 2023 war sie Anziehungspunkt für viele Besucherinnen und Besucher.

Anonyme Gräber gibt es auf diesem Friedhof nicht, was auch von der Gemeinde so gewollt ist. Die Pflege der Wege und der Grünanlagen inklusive Baumschnitt kostet die Gemeinde rund 70.000 Euro im Jahr. Anregungen oder Fragen zum Friedhof per Mail an: Evangelischer-friedhof@ekir.de. Weitere Informationen auf www.evangelischer-friedhof.de

Die Hunde-Hinterlassenschaften sind nicht das einzige Ärgernis: Für Unmut unter den Friedhofsbesuchern sorgten in den letzten Monaten auch fehlende Parkmöglichkeiten. Dabei gibt es einen Parkplatz direkt am Haupteingang, vorgesehen nur für Besucher des Friedhofs. Maximal zwei Stunden lang darf man hier parken, in der Zeit von 9 bis 18 Uhr. Was jedoch einige Anwohner nicht zu stören scheint, ärgert sich Martin Straßen: „Viele Autos, oft dieselben, stehen hier fünf bis sechs Tage lang, auch über das Wochenende.“ Wer zu einer Beerdigung möchte und nicht mehr so gut zu Fuß ist, habe oft keine Chance. „Letztens musste eine ältere Dame ihr Auto oben bei Lefti abstellen.“ Das griechische Restaurant liegt weiter entfernt an der Siebeneicker Straße, in Höhe Goethestraße, also ein ganzes Stück zu laufen.

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In Zukunft wird es teuer für alle, die hier unrechtmäßig parken: Eine externe Firma überwacht ab dem 1. April den Parkplatz an der Friedhofsmauer, bei Missachtung sind dann 30 Euro plus Gebühr fällig. Baukirchmeister Martin Straßen: „Ich hätte mir einen anderen Weg gewünscht, aber es geht leider nicht anders.“