Velbert. In Sachen Geothermie waren die Technischen Betriebe Velbert vor Ort echte Pioniere. Von Strom sind sie jetzt nahezu unabhängig - und bauen aus.
Okay, die Flächen hat echt nicht jeder und so große Dachflächen schon gar nicht. Aber würde das Beispiel der Technischen Betriebe Velbert (TBV) Schule machen (können), käme die Energiewende vermutlich flotter voran. Die TBV sind nämlich vor Ort nicht nur Vorreiter auf dem Feld der Geothermie und betreiben ihre Anlage nun schon seit bald zwölf Jahren problemlos, sie sind mittlerweile auch nahezu autark, was Strom anbelangt. Und sie bauen ihre Photovoltaikanlage jetzt erneut aus. Genauer gesagt um weitere 50,4 Kilowatt-Peak (kWp) und mit einem Speicher von 100 Kilowattstunden (kWh). Künftig will man Am Lindenkamp pro Jahr zusätzlich 42.000 kWh - so die Prognose - erzeugen. Dieser Ertrag kommt wohlgemerkt auf das bereits Erreichte noch oben drauf.
Neue Stellplätze in Velbert-Mitte
Der Platz für die Vergrößerung der PV-Anlage bzw. die nötigen Dachflächen kommen dadurch zustande, dass die offenen Fahrzeug-Unterstände auf dem Betriebsgelände - intern Carport und Remise genannt - um zwölf Kfz-Stellplätze und sechs Stellplätze für Anbauteile und Gerät erweitert werden. Das sind knapp 600 qm mehr.
Veränderungen beim Langenberger Standort
Dahinter steckt die Überlegung, den Langenberger Standort an der Plückersmühle aufzugeben. Er werde ausschließlich für die Grünunterhaltung genutzt, erklärt Bernhard Wieneck. Die Mitarbeiter würden aufgeteilt: Die für die Friedhofsunterhaltung zögen in einen kleinen Neubau an der Hohlstraße in Nähe des städt. Friedhofs; die reine Grünunterhaltung, die auch für Neviges zuständig sei, wechsele zum TBV-Hauptsitz, so der Geschäftsbereichsleiter Technik weiter. Die zugehörigen Großfahrzeuge würden ebenfalls Am Lindenkamp stationiert. Die kleinen Kfz sollen in Langenberg bleiben.
„Die Frage ist, bleiben wir klein am alten Standort oder gehen wir hoch zum Friedhof“, sagt Sven Lindemann. „Das wäre besser für uns.“ Man habe ja schon ein Lager und sei in Verhandlungen mit der Kirche, fügt der TBV-Vorstand hinzu. „Das ist insgesamt schon lohnend und tatsächlich ein wirtschaftliches Thema für uns.“
Neu- und Altteil umfassen zusammen 60.000 qm
Der Neuteil des TBV-Betriebsgeländes im Gewerbegebiet Lindenkamp umfasst rund 35.000 qm. Dort befinden sich das neue Verwaltungsgebäude, Carports, Salzsilos, Außenlager und beheizbare Halle. Es gibt ca. 100 Büroarbeitsplätze, hinzu kommen 120 gewerbliche Mitarbeiter.
Auf dem 25.000 qm großen Altteil sind Bernhard Wineck zufolge drei ehemalige TBV-Hallen mittelfristig an zwei Firmen vermietet. Es handelt sich um die „Mühlhause GmbH“ (Stanz- und Umformtechnik) und die „GES GmbH & Co. KG“ (Messe- und Ausstellungsbau)
Produktionsmenge jüngst erneut gewachsen
Carport und Remise sind zusammen mit dem im März 2012 bezogenen TBV-Neubau erstellt worden, die PV-Anlage seit 2019 installiert und später aufgerüstet. Aktuell leistet sie etwas mehr als 200 kWp; in 2022 „erntete“ man ca. 240.000 kWh Strom, im Vorjahr soll es ein Drittel mehr gewesen sein. „Eine recht erstaunliche Produktionsmenge“, kommentierte Bürgermeister Dirk Lukrafka in der jüngsten Verwaltungsrats-Sitzung.
Gas bloß noch bei Spitzenbedarf nötig
„Wir haben immer mehr E-Fahrzeuge im Betrieb“, erklärt Wieneck. Zudem sei elektrische Energie für die Unterhaltung der Gebäude nötig und „Geothermie braucht ja auch Strom“. Die in der Erdkruste gespeicherte Wärme zählt zu den regenerativen Energien, die durch Erdwärme-Übertrager entzogen und genutzt werden kann. Sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen. Am Lindenkamp sind dafür 20 Bohrungen bis in 150 Meter Tiefe und mit 125 Millimeter Durchmesser gemacht worden. Das Fazit aus heutiger Sicht lautet: „Die 200.000 Euro Mehrkosten haben sich rascher amortisiert als angenommen.“ Gas werde nur noch bei Spitzenbedarf gebraucht, wenn die gewerblichen Mitarbeiter nach Schichtende duschen würden.
Vor allem kräftig Energie sparen
Zu den Kosten der aktuellen Ausbaupläne: Die Erweiterung der Stellplätze wird mit gut einer Million Euro beziffert; die PV-Anlage incl. Speicher kostet 157.000 Euro, wird aber bis auf zehn Prozent öffentlich gefördert. Wieneck: „Wir hatten noch ganz schnell auf letzten Drücker einen Antrag gestellt.“ Das grundsätzliche Motto der TBV greift übrigens noch weiter. „Energie sparen und erst gar nicht brauchen.“
Was die Werte verraten
Die Werte kWh und kWp geben Aufschluss über den Ertrag einer PV-Anlage. Der erste zeigt, wie viel Strom produziert wird; kWp gibt Auskunft über die Höhe der Leistung. Zum Vergleich: PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern leisten nach Auskunft der TBV-Fachleute in der Regel zwischen fünf und 15 kWp; die Ausbeute beträgt jährlich zwischen 5000 und 15.000 kWh.