Velbert. In Velbert und im ganzen evangelischen Kirchenkreis Niederberg müssen alle Gebäude auf den Prüfstand. Es geht ums Klima – und um noch viel mehr.

Längst nicht alle Gebäude in den hiesigen evangelischen Kirchengemeinden sind so modern, zeitgemäß, funktionell und so jungen Datums wie das Velberter Gemeindezentrum an der Oststraße oder das Zentrum im benachbarten Heiligenhaus. „Vorbildlich“ nennt sie Superintendent Jürgen Buchholz vom ev. Kirchenkreis Niederberg. Dieser steht vor einer Mammutaufgabe: Über den gemeinsamen Verwaltungsverband mit dem Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann kommen alle Gebäude auf den Prüfstand. Insgesamt ca. 250 – darunter 32 Kirchen, 41 Kitas plus Gemeindezentren und Wohnhäuser – beider Kirchenkreise werden unter die Lupe genommen.

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Schließlich hat es die Landessynode der ev. Kirche im Rheinland zur Vorgabe gemacht, nicht nur von der Bewahrung der Schöpfung zu reden, sondern dass bis 2035 alle kirchlich betriebenen Häuser CO2-neutral sein müssen.

Uta Meyer-Morick, Architektin und Leiterin der Immobilienabteilung, und Superintendent Jürgen Buchholz erläuterten die Zielvorgaben, das Vorgehen – und was vor allem inhaltlich daran hängt.
Uta Meyer-Morick, Architektin und Leiterin der Immobilienabteilung, und Superintendent Jürgen Buchholz erläuterten die Zielvorgaben, das Vorgehen – und was vor allem inhaltlich daran hängt. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Gemeindearbeit und Gemeindeleben von morgen

Es gehe jedoch um mehr, als „netto treibhausneutral“ zu werden, sagte Buchholz im Gespräch mit der WAZ. Dahinter stecke nicht zuletzt auch die Frage des künftigen inhaltlichen Konzeptes: „Die Gemeinden müssen wissen, was sie wollen. Wie soll Kirche sein, was brauchen wir dafür an Ressourcen?“ Die bisherige traditionelle Gemeindearbeit mit Kirche, Gruppen etc. werde „von der Gesellschaft nicht mehr so angenommen wie früher“. Und die Zeiten strikt getrennter Gruppenräume, die jeweils bloß wenige Stunden „exklusiv“ in der Woche genutzt worden seien, wären endgültig passé.

Oft herrscht ein Investitionsstau

Im ersten Schritt muss bis 2027 Klarheit geschaffen werden, welche Gebäude erhalten und (wie) weiter genutzt werden. Die Bestandsaufnahme bzw. systematische Erfassung der Grundstücke und Gebäude läuft. „Gar nicht so einfach“, kommentiert Uta Meyer-Morick, „weil viele gemischt genutzt werden.“ Das Verhältnis Flächen/Nutzungsintensität sei ein weiterer Aspekt, so die Architektin und Leiterin der 13-köpfigen Immobilienabteilung (beider Kirchenkreise), ferner die aktuelle CO2-Bilanz und die absehbaren Investitionskosten: „Oft haben wir auch einen Investitionsstau.“

Haus der Kirche: Das Friedrich-Karrenberg-Haus zählt vergleichsweise zu den jüngeren Immobilien, ist laut Kirchenkreis allerdings auch schon Anfang der 1990er Jahre errichtet worden.
Haus der Kirche: Das Friedrich-Karrenberg-Haus zählt vergleichsweise zu den jüngeren Immobilien, ist laut Kirchenkreis allerdings auch schon Anfang der 1990er Jahre errichtet worden. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Befunde werden den jeweiligen Presbyterien zur Verfügung gestellt, um Entscheidungen zu treffen. Der Kirchenkreis will das Ganze steuern, den Prozess voranbringen und bietet seine Unterstützung an.

Denkmalschutz ist die größte Herausforderung

Das Gemeindezentrum (re. im Bild) an der Oststraße zwischen Christuskirche und Palliativzentrum gilt als vorbildlich.
Das Gemeindezentrum (re. im Bild) an der Oststraße zwischen Christuskirche und Palliativzentrum gilt als vorbildlich. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

„Unser Problem sind die großen Gemeindezentren, die hauptsächlich aus den 1960er bis -80er Jahren stammen. „Energetisch nicht mehr zeitgemäß, teils noch mit Kegelbahn im Kellergeschoss“, berichtet Uta Meyer-Morick. Zu den Zeiten sei die Idee gewesen, miteinander auch Freizeit und Gemeinschaft zu leben und womöglich nach dem Gottesdienst noch ein Bier zu trinken, „das hat sich grundlegend geändert“, ergänzt der Superintendent. Die größte Herausforderung stellten aber die denkmalgeschützten Immobilien dar.

Zusammenarbeit über Konfessionsgrenzen hinaus

(Nicht nur) der Superintendent hält z. B. mehr Zusammenarbeit und Zusammenrücken mit ev. Nachbar-Gemeinden für denkbar, ebenso mit kath. Pfarrgemeinden: „Es gibt Gebäude, die sind so nahe beieinander, dass es eigentlich naheliegend ist, sie auch gemeinsam zu nutzen.“

Entwicklungsgesellschaft für künftige Nutzung

Für den Fall, dass sich Gemeinden tatsächlich letztlich entscheiden, Grundstücke und/oder Gebäude abzugeben, gib es die Überlegung, dass die beiden Kirchenkreise eine Entwicklungsgesellschaft gründen. Ihre Aufgabe wäre es, statt eines Verkaufs die Immobilien einer weiterentwickelten Nutzung zuzuführen. Somit blieben diese Werte im Besitz der Gemeinden. Uta Meyer-Morick nennt u. a. Mehrgenerationen-Wohnen, sozialen und nachhaltigen Wohnungsbau sowie die Verknüpfung mit diakonischen Angeboten. „Es wäre ja auch vorteilhaft“, fügt Jürgen Buchholz hinzu, „wenn die Gemeinden dadurch regelmäßige und dauerhafte Einnahmen erzielen würden.“

>>> Der neue Superintendent ist schon gewählt

Jürgen Buchholz ist 2014 als Nachfolger von Rolf Breitbarth zum Superintendenten des ev. Kirchenkreises Niederberg gewählt worden. Er hat eine Funktionspfarrstelle für Seelsorge in der Bergischen Diakonie Aprath. Ende Dezember geht Buchholz (65) in den Ruhestand.

Die Kreissynode – zuweilen auch „Parlament“ des Kirchenkreises genannt – hat bereits Pfarrer Wolfhard Günther aus Tönisheide zu seinem Nachfolger bestimmt. Er soll am 1. Januar 2024 offiziell das Amt als Superintendent übernehmen.