Neviges. Das Restaurant „Haus Sondermann“ in Velbert-Neviges hat ab dem 1. Juni 2023 einen neuen Chef. Warum sich Inhaberin Katja Lippe zurückzieht.
Für viele Nevigeser Familien ist das „Haus Sondermann“ in Velbert-Neviges einfach die gute Stube. Hier werden Hochzeiten gefeiert, runde Geburtstage, Taufen, die etwas älteren Semester lieben ihren Tanztee am Sonntag. Bei schönem Wetter heißt es: ab in den großen Biergarten, Eis essen oder „Strammer Max“. So sehr die Gäste ihr „Haus Sondermann“ mit dem bodenständigen Charme schätzen, so sehr ist Inhaberin Katja Lippe „das alles hier“ an Herz gewachsen. Und umso glücklicher sei sie, ihr „Baby“ künftig in guten Händen zu wissen: „Das ist ein Geschenk, wofür ich sehr dankbar bin.“ Ab dem 1. Juni 2023 ist das „Haus Sondermann“ unter neuer Leitung.
Die Gründe, warum Katja Lippe verpachtet, sind schnell genannt. Und jeder, der in diesen Tagen hier montags Reibekuchen esse oder vorn an der Theke sein Bier bestelle, der freue sich mit ihr, hat die Chefin beobachtet. „Ich habe das 25 Jahre gemacht, sechs Tage lang die Woche Doppelschicht, sechs Tage lang ab Mittag geöffnet.“ Die 55-Jährige sagt das ohne klagenden Unterton, das sei eben üblich in der Gastronomie. Viel Zeit für Urlaub blieb nicht in all den Jahren, unvergessen sei eine „tolle Mutter-Sohn-Fernreise“ vor sechs Jahren mit dem damals 17-jährigen Sohn Felix. „Es waren 25 gute Jahre, natürlich gab es auch Höhen und Tiefen. Aber meine Eltern haben mich immer unterstützt und geholfen und dafür bin ich sehr dankbar.“
Wirtin aus Velbert möchte ihr Glück genießen
An dem langen Tisch nebenan im Gastraum trifft sich eine Interessengemeinschaft zum Stammtisch, dieses Mal haben sie ein Rosenstöckchen dabei: ein Dankeschön und Abschiedsgeschenk für ihre Gastwirtin. An einem Zweig baumelt eine Karte, unter buntem Konfetti-Regen steht der Satz: „Das Leben feiern“ – und auch das möchte Katja Lippe jetzt nach so vielen Jahren. „Ich habe mein privates Glück gefunden, wir wollen einfach mal mit dem Wohnmobil los, uns treiben lassen.“ Sie werde sicher noch „irgendetwas machen, gerne mit Kindern oder älteren Menschen“, erzählt sie weiter, „aber nicht mehr in diesem Umfang“. Das Leben genießen und dabei den Satz im Kopf haben, den ihr eine 87-jährige Dame jüngst mit auf den Weg gegeben hat. „Immer neugierig bleiben.“ Nicht nur wegen ihrer Eleganz und der absoluten Trittsicherheit auf High Heels habe diese Lady sie in all den Jahren beeindruckt. Wie überhaupt „Gäste Freunde wurden“. Wohl wahr, fast jeder, der hereinkommt, wird mit Namen begrüßt – „Was machen die Kinder?“ Wortlos und ein bisschen erschöpft sinken zwei Radfahrer auf die Stühle, die Bestellung geht flott: „Wie immer“, so einer der Sportsfreunde.
Neuer Pächter bringt frischen Wind
Was Katja Lippe, die in diesem Jahr zum Abschied „den schönsten Tanz in den Mai in all den Jahren erlebte“, gut gefällt: „Unser Küchen-Chef Peter Hombach geht mit 64 Jahren in Rente. Ich mochte mir das gar nicht vorstellen, hatte fast ein bisschen Angst davor. Denn Peter erschien mir nach 25 Jahren gemeinsamer Arbeit nicht zu ersetzen. Und jetzt geh ich einfach mit.“ Vor allem aber sei sie überglücklich über den neuen Pächter – und der kommt schon jetzt bei den Gästen bestens an. „Er wird einerseits Bewährtes erhalten und andererseits frischen Wind hereinbringen. Wie gesagt, das ist für mich ein Geschenk, dass ich Haus Sondermann in beste Hände geben kann.“
Der „Tanztee“ und vieles andere bleibt
Das „Geschenk“ heißt Albert Aslani, geboren in Kroatien und „in der Gastronomie aufgewachsen“, wie der 34-Jährige lächelnd sagt. Warum er gleich zugriff, als er die Anzeige im Internet entdeckte? „Die Tradition hat mich begeistert, das Familiäre.“ Daher bleibt auch der Name bestehen, „und alles andere auch, bis auf ein paar Kleinigkeiten“. Nach wie vor werde es jeden letzten Sonntagnachmittag im Monat den „Tanztee“ geben, auch die Küche stelle er sich „gutbürgerlich“ vor, so Aslani, der seit 2010 in Deutschland lebt und unter anderem ein Lokal in Essen-Werden hatte. „Wir werden wohl ein bisschen renovieren, mal gucken, was die Gäste so möchten.“
Eine junge Familie übernimmt das Ruder
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Der Biergarten sei ein Traum, ebenso die große Terrasse, auf all das freue er sich schon jetzt. Auch das Hotel mit den elf Zimmern und einer großen Ferienwohnung will er weiterführen, unterstützt von Ehefrau Iva. Eine junge Familie übernimmt das Ruder, das findet Katja Lippe „ganz wunderbar“. Töchterchen Rita, zweieinhalb, ist ebenfalls hochzufrieden mit Papas Wahl, wie der neue Pächter anmerkt. Wer kann schon jeden Tag auf so einem tollen Spielplatz toben?
>>>Ein Haus mit Geschichte
Das „Haus Sondermann“, Siebeneicker Straße 310, gibt es seit 1896. Damals kauften Karl und Ida Sondermann das Gebäude der Rheinischen Eisenbahngesellschaft ab.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 waren auf dem Gut zunächst polnische, dann französische und russische Zwangsarbeiter untergebracht.
Nach Kriegsende 1945 wurde „Haus Sondermann“ Tanzschule und Treffpunkt geselliger Abende. Allerdings mussten sich die Gäste da noch ihren Schnaps mitbringen. 1959 wurden die ersten Gästezimmer eingerichtet.
Am 1. Juni 1998 übernahm Katja Lippe das Restaurant, das über 100 Jahre Eigentum der Familie Sondermann gewesen ist.