Langenberg. Mit massiver Kritik an der Stadt Velbert richtet sich der Vorstand des Langenberger SV an die Öffentlichkeit. Zu Unrecht, findet die Stadt.
Der Streit zwischen dem Langenberger SV und der Stadt Velbert schwelt schon seit Jahren, geht es dem Verein doch um den Fortbestand „seines“ Platzes an der Uferstraße in Bonsfeld. Doch am Montag ist endgültig Schluss: Dann müssen die Schlüssel für die Anlage übergeben werden.
Zuvor hat der Vorstand des Fußballclubs aber in den sozialen Medien noch einmal gegen die Stadtspitze ausgeteilt. Von einer „Vernichtung der Sportanlage“ und einer „beispiellosen Vertreibung“ ist da die Rede. Schon zuvor war der städtische Dezernent Gerno Böll in Schreiben, die die Redaktion einsehen durfte, als „Heuschrecke“ und „zwielichtige Gestalt“ bezeichnet worden.
Zudem kritisiert der Vereinsvorstand, die Stadt unterdrücke auf undemokratische Weise die freie Meinungsäußerung und stünde für Gespräche nicht zur Verfügung. Besonders Bürgermeister Dirk Lukrafka und Dezernent Gerno Böll stehen dabei im Fokus.
Streit zwischen Verein und Stadt schwelt schon lange
Die wiederum weisen die Vorwürfe zurück. Die kurze Version: Es gibt einen mit deutlicher Mehrheit vom Rat der Stadt Velbert gefassten Beschluss aus dem Jahr 2021, den Vertrag mit dem LSV nicht zu verlängern. Der Verein hat gegen diese Kündigung geklagt – und verloren. Das Urteil ist rechtskräftig. Gleichzeitig legte die Stadt Widerklage auf Räumung der Anlage ein. Und bekam Recht. Auch dieses Urteil ist rechtskräftig, seit Sommer diesen Jahres.
„Es liegt also ein Beschluss des höchsten demokratisch gewählten Gremiums der Stadt vor“, sagt dazu der städtische Dezernent Gerno Böll. „So viel zu dem Vorwurf, wir würden undemokratisch handeln.“ Weder er noch der Bürgermeister hätten den Entschluss gefasst, „sondern eben der Stadtrat. Und das mit großer Mehrheit“. 49 Ratsmitglieder stimmten laut Protokoll für die Kündigung, nur drei dagegen. Der Rest enthielt sich.
Erster Ratsbeschluss im Jahr 2013
Um den Konflikt zu verstehen, lohnt ein Blick zurück. Schon im Jahr 2013 hatte der Rat beschlossen, den Platz an der Uferstraße in Bonsfeld aufzugeben und dort eine Einrichtung für die Unterbringung von Flüchtlingen zu bauen. Weil aber weniger Flüchtlinge nach Velbert kamen als angenommen, wurde das Gelände doch nicht benötigt, der Verein durfte weiterspielen.
Es sollte aber zunächst eine Kanalbaumaßnahme der Technischen Betriebe Velbert (TBV) durchgeführt und danach der Platz saniert werden. Dafür wäre der Platz gesperrt worden. Damit der Verein dennoch hätte weiter trainieren und spielen können, bot die Stadt in 2016 Zeiten auf dem frisch sanierten Sportplatz Nizzatal an.
Verein stellt Forderungskatalog auf
„Doch dann kam der LSV mit einem Forderungskatalog, was wir als Stadt alles machen sollten, damit dem Umzug zugestimmt werden könne“, berichtet Gerno Böll, vor sich einen dicken Ordner mit Unterlagen aller Art zum Streitfall LSV.
„So sollten wir ein zweigeschossiges Vereinsheim mit unter anderem Büroräumen, Versammlungsraum und Kabinen bauen.“ Dazu ein Fahnenmast, Premiumzeiten für Spiel und Training „und während der LSV auf der Anlage ist, hätte die Gastronomie von Blau-Weiß schließen sollen“.
Bei Thorsten Martin, Vorsitzender des LSV, klingt das anders: „Uns wurde 2016 gesagt: ,Ihr könnt in Bonsfeld bleiben, zumindest bis zum Vertragsende’. Warum hätten wir also umziehen sollen?“
Klage gegen die Kündigung
Es kam also zu keiner Einigung, weder zwischen Stadt und LSV noch zwischen LSV und Blau-Weiß Langenberg, dem Hauptnutzer im Nizzatal. Die Baumaßnahme an der Uferstraße wiederum sei nach wie vor nötig gewesen, sagt Gerno Böll. Weitere Gespräche mit dem LSV seien ergebnislos geblieben. „Eine Kooperation zu den Baumaßnahmen war kaum möglich“, blickt der Dezernent zurück.
Deswegen sei letztlich die Kündigung des Vertrags erfolgt. „Eine durchzuführende Baumaßnahme ist laut Vertrag ausreichender Kündigungsgrund“, erläutert der Fachdezernent. Der LSV klagte gegen die Kündigung – und verlor. Das Urteil ist rechtskräftig.
Gleichzeitig klagte die Stadt auf Räumung des Geländes – und bekam Recht. Auch dieses Urteil ist rechtskräftig. „Das war im Sommer“, sagt Gerno Böll, „mittlerweile ist fast Weihnachten und der LSV nutzt die Anlage immer noch.“
Schlussakt folgt am Montag
Dabei habe die Stadt dem Verein schon Zeiten auf einem anderen Platz reserviert: im Siepen in Neviges. „Das ist die derzeit modernste Anlage, die wir haben“, sagt Gerno Böll. Aber auch dort gebe es bereits Konflikte, „da der LSV auch hier die Premiumzeiten für sich beansprucht, er sei schließlich der höherklassigere Verein“.
Auf die reservierten Trainingszeiten geht auch Thorsten Martin ein, nennt sie als Hauptgrund, warum Spieler den Verein verlassen wollten. „Von Bonsfeld in den Siepen sind es 13 Kilometer, dazu trainieren wir um 20.30 Uhr. Das wollen viele Spieler nicht mehr mitmachen.“
Und ohne Spieler, ohne Vereinsleben – das sei momentan ja auch nicht möglich – und ohne Geld von Sponsoren – die Bandenwerbung am Platz Uferstraße entfalle ja und Zuschauer gebe es im Siepen auch kaum – laufe alles auf ein Ende des LSV hinaus. „Und deswegen spreche ich auch von Vernichtung“, sagt Thorsten Martin. „Die ist einfach eine Folge der ganzen Maßnahmen.“
Lediglich beim Vorwurf der mangelnden Gesprächsbereitschaft seitens der Stadt räumt der LSV-Vorsitzende ein, dass es ja durchaus Kontakt gegeben habe. „Nur“, schränkt er ein, „kam das alles zu spät. Das hätte vor eineinhalb Jahren schon stattfinden müssen.“ Jetzt, mit dem drohenden Aus vor Augen, würden auch Unterstützungsangebote der Stadt nicht mehr helfen.
Nun also soll am Montag der Schlussakt erfolgen – die Schlüsselübergabe. Der LSV hat Medien und Öffentlichkeit zu dem Termin eingeladen – und erwartet auch ein Erscheinen des Bürgermeisters.
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Kommentar – von Sascha Döring: Der Ton macht die Musik
Eine Einigung im Streit zwischen dem Langenberger SV und der Stadt scheiterte an vielen Dingen – aber ein recht bedeutender Punkt ist der Umgangston. Wie sich die Verhandlungsführer des Vereins benommen haben, ist einer kooperativen Atmosphäre nicht gerade zuträglich. Die Frage, warum der Vorstand so drastische Worte gewählt hat, hat der Vorsitzende Thorsten Martin auf Nachfrage übrigens umgangen und lediglich – wie im Artikel festgehalten – die „Vernichtung des Vereins“ näher erläutert.
Natürlich: Der Verlust einer Spielstätte ist für einen Verein ein heftiger Schlag und führt zu Enttäuschung. Nur gibt es Beispiele, die zeigen, wie der Umgang mit so einer Situation auch ganz anders ablaufen kann: Als die Fußballer aus dem Langenhorst und von Borussia Velbert zum SC Velbert fusionierten, fiel der Platz an der Christuskirche weg. Als der FC Tönisheide und der TuS Neviges zum SV Union zusammengingen, verschwanden der Jahnsportplatz in Neviges und der Platz an der Wimmersberger Straße in Tönisheide. Die Vereinsvertreter dürften das damals sicherlich nicht jubelnd hingenommen haben. Aber solche Ausfälle wie die, die sich der LSV-Vorstand nun geleistet hat, gab es damals nicht.