Neviges. Nach 40 Dienstjahren geht Pfarrer Detlef Gruber in Velbert-Neviges in den Ruhestand. Aus vielen Gründen liebt er seinen Traumberuf bis zum Ende.
Nein, es war keine Liebe auf den ersten Blick. „Als wir das erste Mal die Wilhelmstraße herunterfuhren und die Fußgängerzone sahen, da dachte ich: Hm, na ja. Mal gucken“, erinnert sich Susanne Gruber. Aus „mal gucken“ wurde ein Leben lang: Denn die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde hatte ihren neuen Pfarrer Detlef Gruber und seine Frau im September 1985 dermaßen herzlich aufgenommen, dass die Grubers nie mehr weg wollten. Am kommenden Sonntag, 27. März, hält der 65-Jährige in der Stadtkirche seinen letzten Gottesdienst – nach 37 erfüllten Jahren in der Gemeinde. „Und auf den Tag genau war ich dann auch 40 Jahre im kirchlichen Dienst, das Vikariat zählt ja mit“, sagt Detlef Gruber, der mit großer Dankbarkeit auf eine „unglaublich schöne und erfüllte Zeit“ zurückblickt.
Pfarrer war der Traumberuf
Schon als Jugendlicher hatte der gebürtige Essener den festen Wunsch, Pfarrer zu werden. „Das kam vor allem durch die kirchliche Jugendarbeit, da war ich immer engagiert. Die Themen Theologie und Glauben haben mich interessiert, ich hatte einfach auch Lust zu predigen“, erinnert sich der Vater dreier erwachsener Söhne. „Außerdem studierte mein bester Freund damals Theologie.“
Das Kleinstädtische gefiel
Empfang für alle nach dem Gottesdienst
Mit einem Gottesdienst in der Stadtkirche am Sonntag, 27. März, 10.15 Uhr, wird Pfarrer Detlef Gruber feierlich verabschiedet. Unter anderem machen der Posaunenchor und der Kirchenchor mit.
Wer Pfarrer Gruber persönlich Tschüss sagen möchte: Die Gemeinde lädt im Anschluss an den Gottesdienst am Sonntag herzlich ab 12 Uhr ins Gemeindehaus an der Siebeneicker Straße 5 ein.
Auf der Hochzeit eines Kommilitonen – Gruber studierte in Bochum, Wuppertal, Tübingen und Göttingen – lernt er 1981 die Medizinstudentin Susanne kennen, ein Jahr später heiraten die Zwei. Nach dem abgeschlossenen Vikariat gab ihm ein Kollege den Tipp, sich in Neviges zu bewerben. Susanne Gruber: „Ich war am Anfang nicht gerade hin und weg, aber das Kleinstädtische, das hat mir schon gefallen. Ich dachte: Hier kann man Kinder großziehen, die gehen nicht verloren. Unser Simon war ja damals vier Monate alt.“ Und sollte mit Josha, heute 35 Jahre, und Daniel, heute 33, schnell Gesellschaft bekommen.
Gastfreundliches Pfarrhaus
Die beiden alteingesessenen Pfarrer Wolfgang Dütge (inzwischen verstorben) und Hans Köpcke nahmen „den Neuen“ mit offenen Armen auf. Und als Sohn Nummer drei unterwegs war, machte Pfarrer Dütge damals kurzen Prozess: „Er schlug einen Tausch vor, er zog in unsere kleine, moderne Dienstwohnung an der Lukasstraße und wir durften in das Pfarrhaus am Pastoratsberg. Immer kam jemand vorbei, mein Mann hatte auch oft das Fenster auf, das war ein Kommen und Gehen“, erinnert sich Susanne Gruber, die noch bis Schuljahrsende am Berufskolleg Bleibergquelle im Bereich Gesundheitswissenschaften unterrichtet.
Kein Weihnachten ohne Krippenspiel
Von Anfang an hatte sich Susanne Gruber sehr für die Gemeinde engagiert: So leitete sie 35 Jahre lang den Kindergottesdienst in der Stadtkirche, sie war es auch, die gleich am ersten Tag des Überfalls auf die Ukraine den Anstoß gab für das tägliche ökumenische Friedensgebet in der Stadtkirche. Kein Weihnachten ohne Krippenspiel, und wenn andere feierten, Ostern oder Weihnachten, dann hatte Pfarrer Gruber richtig viel zu tun. Froh sind die Grubers, dass der Ruhestand jetzt nicht etwa mit einem Umzug verbunden ist, denn schon lange, bevor die Gemeinde das Pfarrhaus am Pastoratsberg an eine Immobilienfirma verkaufte, zogen die Grubers in die Buchenstraße, hoch über der Altstadt von Neviges.
Rund 200 Paare getraut
Rund 1300 Gottesdienste hielt Detlef Gruber in den 37 Jahren in Neviges, rund 200 Brautpaare gaben sich beim ihm das „Ja-Wort“, dazu kommen etwa 1000 Beerdigungen. Ja, er habe viel erlebt, kenne viele Familiengeschichten, sagt der 65-Jährige, der sich in der Rückschau vor allem gern an seine Konfirmanden erinnert: „Mitzubekommen, dass junge Menschen Glauben entdecken, dass sie davon fasziniert sind, das ist unheimlich schön. Die Kinder und Jugendlichen mochten mich alle, ich hab auch immer gern den Schulgottesdienst gehalten.“ Ein Highlight sei auch die Sanierung des Gemeindehauses an der Siebeneicker Straße gewesen, mit der Entdeckung des Gewölbes. „Damit hatten wir nicht gerechnet, das war eine schöne Überraschung.“
Corona war eine riesige Herausforderung
Dass ihm der Abschied von seiner Gemeinde bei allen wunderschönen Erinnerungen nicht ganz so schwer falle, liege auch an den kräftezehrenden letzten Jahren: Gab es bei seinem Amtsantritt drei Pfarrer, war Detlef Gruber nach dem Weggang von Pfarrerin Stefanie Stute, die 2018 aus gesundheitlichen Gründen auf eine 75-Prozent-Stelle bei der Bergischen Diakonie Aprath wechselte, allein für alles verantwortlich: „Das war einfach viel, die meiste Arbeit verläuft ja im Hintergrund.“ Und dann Anfang 2019 der Corona-Ausbruch: „Da lief ja nichts mehr normal. Und Trauergespräche am Telefon führen zu müssen, jemanden auf Distanz zu trösten, das fand ich ganz furchtbar.“
Vorfreude aufs Familienleben
Wenn er am Sonntag seinen letzten Gottesdienst hält, dann weiß Detlef Gruber seine „Schäfchen“ in besten Händen, das sei schon ein sehr beruhigendes Gefühl: Pfarrer Martin Weidner und Diakon René Görtz leiten nun die Gemeinde, René Görtz ist bereits seit Jahren engagierter Jugendleiter. Und die Grubers? Die freuen sich jetzt diebisch darauf, ihre sechs Enkel Salomé (4), Junia (3), Johannes (2), Josia (2), Levi (1) und Samuel (6 Monate) häufiger zu sehen. „Ein Teil der Familie wohnt in Freiburg, Wenn wir die besuchen wollten, konnten wir ja erst immer sonntags mittags nach dem Gottesdienst los.“ Sie freuen sich auf Reisen, auf ihren Garten, auch darauf, einfach mal spontan los zu düsen. Detlef Gruber: „Wir haben einen VW-Bus, wir wissen morgens nicht, wo wir abends schlafen. Herrlich“.